Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman
Ihr wollt es jetzt sicher für euch allein haben. Aber wir mussten einfach wissen, was mit Henry los ist«, brummelt mein Vater dazwischen.
»Er wird wieder.« Colin ringt sich ein erschöpftes Lächeln ab. »Henry schläft jetzt. Violet ist bei ihm geblieben. Moira und ich fahren morgen früh wieder hin.«
»Dann gehen wir wohl mal besser wieder zurück«, sagt mein Vater. Wir stehen schnell auf, um die Familie nicht zu stören.
»Bleibt doch noch einen Moment. Ich brauche einen Drink. Und wenn ich dabei keine Gesellschaft habe, breche ich in Tränen aus. Was für ein Abend!« Moira holt Gläser und eine Flasche Wein.
»Aber du hättest doch mich«, sagt Colin gespielt entrüstet.
»Dich kenne ich aber zu lange und zu gut, um vor dir noch Hemmungen zu haben.« Moira hat sich schon eingeschenkt und füllt nun unsere Gläser.
Sie sieht in die Runde. »Was machen wir nun?«
»Ach, Moira, sollen wir nicht aufgeben? Henrys Gesundheit ist doch erst mal Aufregung genug«, sagt Colin.
»Ja, aber keine Ablenkung. Du weißt, dass Henry den Herzinfarkt nicht hatte, weil ihm das hier zu viel Stress ist. Im Gegenteil, dies war für ihn der reinste Spaß. Schuld waren der Alkohol und die Anspannung der letzten Jahre. Wenn wir jetzt aufhören, wird hier resigniertes Siechtum einkehren. Ich will nicht aufgeben. Ich will wissen, ob unser verrückter Plan aufgehen kann. Sonst werde ich mich immer fragen, was gewesen wäre, wenn wir es durchgezogen hätten.«
Dies ist wohl kaum der richtige Zeitpunkt, ihr zu erklären, dass der Plan bereits voll in die Hose gegangen ist.
»Es ist eure Entscheidung. Wenn ihr es durchziehen wollt, unterstütze ich euch so gut ich kann.« Colin wirkt noch nicht gänzlich überzeugt.
»Wir machen weiter. Henry würde uns alle für Weicheier halten, wenn wir jetzt seinetwegen hier rumlamentieren würden. Kommt nicht morgen dein Journalist? Dann gehen wir jetzt besser alle schlafen. Ihr könnt gerne hier übernachten. Ihr seht aus, als würdet ihr keinen Meter mehr schaffen.« Moira hat gesprochen und wir folgen. Dankbar nehmen Juli, Tanja, mein Vater und ich ihr Übernachtungsangebot an. Peter zieht es vor, auf einem Spaziergang noch etwas frische Luft zu schnappen und im Cottage zu übernachten. Die dramatische Geschichte von Violet und Henry, die beinahe auseinander gerissen worden wären, inspiriert zu romantischen Gefühlen: Auch wenn sie versuchen, es dezent zu regeln, wird mein Vater offensichtlich
kein eigenes Schlafzimmer beanspruchen, sondern in Teresas Bett kriechen.
Als sich Colins und meine Blicke treffen, werde ich rot.
Ob er auch denkt, dass es jetzt schön wäre, erschöpft Arm in Arm einzuschlafen? Aber noch eine Baustelle mehr wäre an diesem Abend nicht mehr zu meistern.
»Wir können uns zu dritt ein Zimmer teilen, kein Problem«, sage ich deshalb schnell. »Wir kümmern uns um alles selbst.« Juli und Tanja nicken müde. Als keiner hinsieht, nimmt Colin kurz meine Hand. »Gute Nacht, Louisa. «
Ich drücke sie so fest wie ich kann und hoffe, er versteht, was ich ihm sagen will: dass mir dies alles hier unendlich leidtut und dass ich nur zu gerne für ihn da wäre.
Moira ertappt uns. »Also doch«, stellt sie mit gedehnter Stimme fest. »Das sage ich Henry gleich morgen. Nur weil er halbtot ist, soll er nicht glauben, ich würde mir die Chance entgehen lassen, seinen Spazierstock mit Löwenkopf zu bekommen.«
Zu müde sich zu wehren, lächelt Colin seine Tante zärtlich an. Er lässt meine Hand los und nimmt stattdessen ihre, um einen sanften Kuss darauf zu drücken. »Gute Nacht, du Unverbesserliche.«
Er geht die Treppe hoch, ohne sich noch einmal umzudrehen. Moira folgt ihm grinsend. Juli, Tanja und ich ziehen uns in den zukünftigen Gästetrakt zurück.
»Wir passen doch gar nicht zu dritt in ein Doppelbett, oder?«, fragt Tanja.
Das fällt uns allerdings erst ein, als wir schon in dem angehenden chinesischen Gästezimmer stehen.
»Das Bett ist doch mindestens 1,80 Meter breit. Lasst uns
einfach querliegen. Ich glaub, ich kann sowieso nicht schlafen. «
Keine der beiden widerspricht mir. Ohne uns auszuziehen, lassen wir uns nebeneinander auf das Bett sinken.
»Dieser blöde Vice«, murrt Juli. »Können wir ihn nicht einfach erwürgen und sagen, ein Geist hätte ihn erledigt? Wie sollen wir Moira morgen nur beibringen, dass es nicht weitergeht?«
Tja, ich wünschte, ich hätte einen Einfall.
»Oder wir stecken seiner Frau, dass er eine Affäre mit dieser
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