Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman

Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman

Titel: Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Seidel
Vom Netzwerk:
Ziege?« Tue ich natürlich nicht. Als er endlich an die zwei Flaschen Rotwein intus hat und seine Anekdoten immer anzüglicher werden, wagen wir, unser Vorhaben anzugehen.
    »Nun sind wir gestärkt genug, die Konfrontation zu wagen, denke ich«, sagt Moira, nachdem Teresa alles abgeräumt hat. Auf dem Tisch stehen nur noch die Kerzen. Charlie erklärt uns das Ritual.
    »Und Sie arbeiten ganz ohne Geräte?«, unterbricht ihn Juli interessiert.

    »Ach, diese elektronischen Messdinger benutzen doch nur Scharlatane, die dem Ganzen einen pseudoseriösen Anstrich verleihen wollen. Als wäre die Geisterjagd eine bloße Technik, die von jedermann ausgeübt werden kann. Ich als Wissenschaftler kenne eben auch die Grenzen meines Metiers. Geistererscheinungen kann man sich nur über besondere mentale Kräfte nähern, die einiges an Begabung und Einfühlungsvermögen voraussetzen.«
    Bitte keine Fragen mehr! Es reicht! Zum Glück ziehen es die anderen auch vor, nichts mehr zu sagen. Wir reichen einander die Hände und schließen die Augen. Moira und ich sitzen zur linken und rechten Seite des Geisterbeschwörers – und ich bin mir ganz sicher, dass Vice eben mit dem Daumen meine Handinnenfläche massiert hat. Ich bekomme eine Gänsehaut, aber keinesfalls vor Wonne. Arme Violet, wenn sie das wüsste. Er ist wohl nicht nur auf Moira scharf, sondern einfach auf alles, was weiblich und zwischen 18 bis 80 ist. »Kraft aus alter Zeit. Wir heißen dich willkommen in unserer Mitte. Willst du uns etwas mitteilen?« Er redet ganz langsam und hat seine Stimme kunstvoll noch eine Oktave tiefer gelegt. Wenn das kein Theaterstück ist, was dann bitte? Und er fürchtet, man wolle ihn betrügen? Klar, gewitzte Halunken wollen natürlich nicht von anderen Spitzbuben übervorteilt werden!
    Ich öffne ein Auge, auf die Gefahr hin, den Bann zu brechen, und sehe mir gegenüber eine ebenfalls einäugige Moira. Sie grinst und schließt die Augen schnell wieder.
    »Geist, bist du da?« Ein lautes Raunen aus Vices Mund.
    »Ja.« Ein gedämpftes Ächzen. Violet tastet sich ganz langsam vor. Offenbar hat sie begriffen, dass nun alles von ihrem stimmlichen und schauspielerischen Talent abhängt.

    »Wer bist du?«
    »Man nannte mich Barbara.« Das war Violets erster vollständiger Satz. Jetzt wird sich zeigen, ob wir auf dem richtigen Weg sind.
    »Willst du uns etwas mitteilen?« Vice klingt ganz aufgeregt.
    »Ja«.
    »Sprich mit uns, wir sind weit geöffnet, deine Botschaft zu empfangen.«
    »Ich wurde ermordet, und der Verdacht traf den Falschen. Aber niemand wollte ihn hören, nun muss ich für ihn sprechen – auf immer gefangen zwischen den Welten.«
    »Wer hat dich getötet, Barbara?«
    »Der Herr des Schlosses. Ich wollte ihm nicht zu Willen sein.«
    »Gibt es keine Erlösung für dich?«
    »Niemals. Nicht für die Abtrünnigen des Feenreiches, die durch die Hand von Menschen starben.« Mein Gott, sie ist richtig gut. Mir wird fast ein wenig unheimlich. Als wir ein lautes Poltern hören, springen alle gleichzeitig auf und schreien. Der Bann ist gebrochen. Es ist Henry, der ein Stück die Treppe hinuntergestürzt ist.
    »Mein Gott!«, schreit Moira und läuft auf ihn zu.
    »Ja, es waren sehr starke Schwingungen. Zu mächtig für manch einen, möchte ich meinen«, sagt Vice völlig unbeeindruckt, beinahe verächtlich, nach dem Motto: Sind die Geister zu stark, bist du zu schwach! Ich weiß nicht, wie ich so geistesgegenwärtig oder auch einfach nur so herzlos sein kann, mich in einem Moment wie diesem immer noch an erster Stelle um das Gelingen des Projekts zu sorgen. Ich nehme schnell Vice an die Hand und ziehe ihn vom Tisch
weg, bevor Violet darunter hervorspringt, sieht, was passiert ist, und dann ebenfalls sofort zu Henry läuft. Juli und Tanja blinzeln sich verwirrt an.
    »Schnell, kommen Sie. Wir müssen Hilfe holen, mein Vater ist Arzt.«
    »Warum muss ich mitkommen?« Vice bewegt sich kein Stück.
    »Es war so unheimlich. Ich würde mich allein im Dunkeln fürchten. Ich brauch jetzt einfach einen Mann an meiner Seite.«
    Über meinen Rücken mache ich eine Geste zu Tanja und Juli, die einen Telefonhörer andeutet. Hoffentlich kapieren sie, dass sie meinen Vater anrufen sollen, damit wir nicht zu viel Zeit verplempern. Was ich Vice erzähle, sobald wir an der Hütte angekommen sind, kann ich mir immer noch überlegen. Jetzt zählen nur zwei Dinge: Henry braucht Hilfe und wir dürfen nicht auffliegen.
    »Wäre ein Telefon nicht die einfachere

Weitere Kostenlose Bücher