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Ueber den Himmel hinaus - Roman

Ueber den Himmel hinaus - Roman

Titel: Ueber den Himmel hinaus - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberley Freeman
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als Kind immer furchteinflößend männlich und aggressiv vorgekommen. Heute wusste sie, dass all diese blassen jungen Männer genauso wenig Ahnung vom Leben hatten wie sie selbst.
    Kaum waren die beiden weg, holte Natalja ihre Beute aus der Tasche.
    »Hier, Lena, Nachschub.«
    Sie drückte ihrer Schwester vier vergilbte englische Taschenbücher mit kitschigen Titelbildern in die Hand.
    »Und hier …« - Natalja brachte zwei Videokassetten in abgegriffenen Papphüllen zum Vorschein - »kommt Dr. Noah Drake.«
    Lena legte eine Hand aufs Herz und tat, als würde sie in Ohnmacht fallen. »Mein Zukünftiger!«
    »Und was ist mit diesem Konstantin?« Natalja sprang auf und wedelte mit den Kassetten vor Lenas Nase herum.
    Lena kicherte. »Der sieht fast so gut aus wie Dr. Drake.«
    »Darüber kann ich mir ja am Samstag eine Meinung bilden.« Natalja reichte Lena die Videos und nahm wieder Platz.
    »Für dich habe ich auch etwas, Sofi.« Natalja kramte in ihrer Tasche. »Tolja wollte sie eigentlich verkaufen, aber ich habe ihn überredet, sie mir zu überlassen.« Sie grinste selbstgefällig. »Tolja tut immer , was ich sage.« Sie ließ einen kleinen Stoffbeutel in Sofis Handfläche fallen. »Nur zu, schau rein.«
    Sofi öffnete den Beutel und drehte ihn um, sodass ihr drei geschliffene Bergkristalle in den Schoß fielen.

    »Die bringen Glück«, erklärte Natalja. »Ich dachte, das könntest du brauchen, für deine Prüfungen.«
    Sofi ließ nachdenklich die Fingerspitzen über die glatten Flächen gleiten. Glück - hatte sie das nötig? Das kam ganz auf die Betrachtungsweise an: Der Vater früh gestorben, die Mutter rackerte sich ab, um ihre Tochter und ihre Nichten durchzubringen, und sie selbst hatte ihren Traum von der Künstlerkarriere aufgegeben, um Geologin zu werden. So gesehen hatte sie Pech gehabt. Doch Mama ermahnte sie oft, nicht so negativ zu denken.
    Bei ihren Prüfungen brauchte sie kein Glück; sie war stets die Klassenbeste. Nein, mit diesen Kristallen hatte sie etwas ganz anderes im Sinn.
    Lena zog die Nase kraus. »Sofi braucht auch nicht mehr Glück als wir.«
    »Sie sind wunderschön, Natalja«, sagte Sofi. »Damit werde ich euch eine Halskette machen.«
    »Genau wie früher, als wir amerikanische Prinzessin gespielt haben, wisst ihr noch?« Natalja lächelte bitter. »Einen Glücksbringer kann ich gut brauchen, wenn ich je ein Filmstar werden will.«
    »Stellt euch mal vor, wenn wir bei General Hospital mitspielen und Noah Drake küssen könnten!« Lena klopfte mit dem Fingerknöchel auf die Videokassetten. »Das wäre viel aufregender, als hinter irgendwelchen Touristen herzuräumen.«
    »Oder alten Männern gebrauchte Kleider zu verkaufen«, pflichtete Natalja ihr bei.
    »Hey, zieht nicht so ein Gesicht«, sagte Sofi. »Es tut sich etwas im Land. Wer weiß, vielleicht kommen wir ja irgendwann nach Hollywood.« Sie klang nicht besonders überzeugend.

    Natalja zwang sich zu lächeln. »Lassen wir das. Los, kommt, wir gehen nach Hause und werfen den Videorekorder an.«
     
    Sofi erschrak, als die Eingangstür aufschwang. Sie hatte angenommen, sie hätte die Wohnung den ganzen Tag für sich. Der Tisch war übersät mit Werkzeugen, Perlen, geschliffenen Steinen, Spulen voll glänzendem Silberdraht und Hunderten von winzigen handgefertigten Ösen. Einmal die Woche, wenn alle bei der Arbeit waren und sie keine Vorlesungen hatte, holte sie ihre Schätze hervor, die sie in einem alten Nähkorb unter dem Bett lagerte.
    Mama runzelte die Stirn. »Ich hoffe, das räumst du nachher alles wieder weg.«
    »Natürlich. Warum bist du nicht bei der Arbeit?«
    Mama rieb sich flüchtig die Schläfen. »Ich fühle mich krank.« Sie zog einen Stuhl heran und ließ sich neben Sofi nieder. »Mein Kopf zerspringt gleich.« Sie nahm die Halskette zur Hand, an der Sofi gerade gearbeitet hatte. »Hübsch.«
    Sofi lächelte. »Ich mache drei Stück davon - eine mit blauen Perlen für Natalja, eine mit roten für Lena und eine mit violetten für mich. Die Muster und die Einfassungen für die Bergkristalle habe ich selbst entworfen.« Sie erwähnte wohlweislich nicht, wie aufwendig es gewesen war, die unzähligen Ringösen, Quetschröhrchen und Schließen herzustellen; dass ihr vom Biegen und Schneiden des Drahtes mit der Zeit die Finger wehgetan hatten und sie abends, wenn sie längst im Bett lag, vor ihrem geistigen Auge Schmucksteine in sämtlichen Farben und Formen sah, in immer neuen Mustern auf Silberdraht aufgefädelt.

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