Ueber den Himmel hinaus - Roman
Julien noch rechtzeitig zum Flughafen gekommen?«, fragte sie mit einem verschmitzten Lächeln.
»Natürlich. Er war sternhagelvoll, als er an Bord ging.«
Stasja schüttelte den Kopf. »Er sollte eine andere Möglichkeit finden, um seine Flugangst zu überwinden.«
Sofi setzte sich aufs Sofa und streckte die Beine aus. »Du weißt doch, er trinkt nur, wenn er fliegt. Abgesehen davon ist er die Selbstbeherrschung in Person.«
»Ich bin froh, dass ich nicht mit einem Säufer wie Viktor verheiratet war. Die Trunksucht deines Onkels war Iwan immer ein Dorn im Auge.«
Sofi lächelte in sich hinein, als sie an die Donnerstagabende dachte, an denen sich ihr Vater mit seinen Freunden ein Gläschen oder zwei gegönnt hatte, während sie mit Lena und Natalja draußen auf der Straße gewartet hatte. »Du leidest unter den Trennungen, nicht?«, fragte ihre Mutter sanft.
»Ja.« Sofi brach zu ihrer eigenen Verblüffung in Tränen aus.
»Na, na.« Stasja setzte sich neben sie und streichelte ihr übers Haar.
»Ich liebe ihn so sehr, Mama, aber es fühlt sich nicht so an, als würde er mich lieben.«
»Natürlich liebt er dich.«
»Warum ist er dann ständig unterwegs?«
»Mal ganz ehrlich: Er war doch schon vor der Hochzeit so, oder?«
Sofi nickte traurig. »Ja, schon. Ich habe ihn kennengelernt, als er in Russland war, und in London wiedergesehen.«
»Na, also. Einen schwarzen Hund kannst du nicht weiß waschen.«
Sofi schmiegte sich in Stasjas Arme und ließ sich von ihrer alltagserprobten, praktischen Mutter trösten.
»Manchmal hilft es, wenn man sich vor Augen führt,
wie gut es einem eigentlich geht, Sofi. Du bist beruflich erfolgreich, du lebst in einem wunderschönen Haus und hast jede Menge Geld.«
»Aber weder mein Mann noch mein Sohn können mir zeigen, dass sie mich lieben«, wandte Sofi ein. »Dabei würde ich dafür auf alles andere verzichten. Wieso habe ich so viel Pech, Mama? Habe ich als kleines Mädchen in einen zerbrochenen Spiegel geschaut?«
»Unsinn.« Stasja tat, als würde sie dreimal ausspucken. »Hör auf, so zu reden, das bringt doch nichts. Du hast dir nie etwas zuschulden kommen lassen.«
Und ob sie das hatte. Es war ihre Idee gewesen, Roy Creedy zu bestehlen und mit seinem Herzen zu spielen, und sie schämte sich so abgrundtief dafür, dass sie nicht einmal den Gedanken daran ertrug. Mama hatte keine Ahnung, und auch Julien würde sie es mit Sicherheit nie erzählen. Und so schlummerte die Erinnerung daran in ihrem Unterbewusstsein, ein Geheimnis aus einer anderen Zeit, als sie ein anderer Mensch gewesen war.
Natalja sperrte gut gelaunt die Tür zu ihrer Wohnung auf. Nach vier Wochen kamen die Dinge endlich in Bewegung. Sie hatte mit unzähligen Agenten gesprochen und schließlich beschlossen, die Dienste einer gewissen Leida Frost in Anspruch zu nehmen, die eine Reihe berühmter Schauspieler und Models vertrat. Leida war überzeugt, neue Aufträge für Natalja an Land ziehen zu können, solange Natalja bereit war, für weniger Geld und gegebenenfalls an ungewöhnlichen Locations zu arbeiten.
»Vertrauen Sie mir«, hatte sie gesagt. »Es mag Ihnen vorkommen wie ein Umweg, aber ich kann wieder einen Star aus Ihnen machen, wenn Sie tun, was ich sage.«
Genau das hatte Natalja vor. Finanziell war es zurzeit noch ganz gut um sie bestellt. Sie hatte ihr Geld nach Sofis Anweisungen investiert und ging davon aus, dass sie sich damit noch eine Weile würde über Wasser halten können. Und wenn sie erst wieder arbeitete, kam sie unter die Leute und würde vielleicht jemanden kennenlernen. Sie sehnte sich danach, einen Mann an ihrer Seite zu haben, aber sie war wählerisch und ließ sich nicht mit jedem x-Beliebigen ein.
Das Telefon klingelte. Sie ließ ihre Tasche zu Boden fallen und nahm ab.
»Hallo?«
»Natalja, hier ist dein Vater.«
Viktor. Seine Stimme, seine Worte kamen so unerwartet, dass sie beinahe den Hörer fallen gelassen hätte.
»Woher hast du diese Nummer?«, wollte sie wissen.
»Von Rupert, deinem Ehemann.«
Natürlich. »Er ist nicht mein Ehemann. Was willst du?«
»Mir ist das Geld ausgegangen.«
Sie seufzte. Das hatte ja kommen müssen. »Mir egal«, sagte sie. »Lass mich in Ruhe.«
Sie legte auf und trommelte mit den Fingern auf den Tresen in der Küche. Wie erwartet klingelte es erneut.
»Ich habe noch immer Lenas Nummer, musst du wissen«, tönte es aus der Leitung, ehe sie einen Ton sagen konnte.
Damit hatte er sie an der Angel. Mit seinem
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