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Ueber den Himmel hinaus - Roman

Ueber den Himmel hinaus - Roman

Titel: Ueber den Himmel hinaus - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberley Freeman
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verlegen.
    »Du musst dafür sorgen, dass er sich bis über beide Ohren in dich verliebt, Lena«, sagte Natalja. »Er hat eine Menge Geld. Es wird ihm nicht wehtun.«
    »Aber wenn er sich verliebt …«
    »Das wird er nicht. Wie kann man sich in jemanden verlieben, den man noch nie gesehen hat? Er wird vielleicht glauben, er hätte sich verliebt, aber er wird darüber hinwegkommen.«
    Und so nahmen die Dinge ihren Lauf.
    Er war achtundvierzig und hatte eine unschöne Scheidung hinter sich - »musste dem Miststück eine halbe Million zahlen, damit es den Mund hält« -, und nun suchte er eine Frau »mit etwas altmodischeren Ansichten, die einen richtigen Mann will«. Sie schrieben einmal im Monat, und schon bald glaubte Lena, den weichen Kern unter der spröden Schale ausmachen zu können. Er war verletzt und auf der Hut, so viel stand fest. Sie begann, ihn für seine unangenehme Art, die ganz offensichtlich ein soziales Handicap war, zu bedauern. In ihren Briefen signalisierte sie Verständnis, und er begann sich für ihre Großherzigkeit zu erwärmen. Er schrieb, er sei verliebt. Doch in wen?, fragte
sich Lena. An seiner Wand hing Nataljas Bild, aber es war Lena, der er seine Gedanken und Gefühle anvertraute.
    Natalja hatte inzwischen weitere Fotos machen lassen und versuchte, ihr Englisch zu verbessern, indem sie sich Santa Barbara ansah und gelegentlich ein Lehrbuch zur Hand nahm, das sie jedoch bald wieder beiseitelegte. Wenn sie erst in Amerika seien, würde ihr das Lernen ohnehin leicht fallen, sagte sie. Sofi besorgte Antragsformulare für Reisepässe und Visa, erkundigte sich, wie man an eine Arbeitsgenehmigung kam, eröffnete ein internationales Bankkonto und durchforstete den Schuhkarton nach weiteren passenden Kandidaten.
    Sie gaben ein gutes Team ab, doch Lena fürchtete, sie könnten über kurz oder lang alle drei herzlos und abgebrüht werden.
    Ja, sie freute sich auf ihre strahlende Zukunft jenseits der russischen Grenzen, aber bezahlten sie dafür womöglich einen zu hohen Preis?
     
    Roy Creedy hatte ein Weihnachtsgeschenk versprochen, und Natalja konnte nur spekulieren, was es wohl sein würde.
    »Eine Diamanthalskette«, sagte sie.
    Sofi lachte. »Niemand verschickt Diamanten mit der Post.«
    Doch es war offensichtlich, dass auch sie auf ein derartiges Geschenk hoffte.
    Jeden Nachmittag nach Feierabend kontrollierte Natalja den Briefkasten der ausgebrannten Wohnung auf der anderen Straßenseite, und jeden Tag wurde sie enttäuscht.
    Doch in der zweiten Dezemberwoche, als sich eine dünne Schicht Schnee wie Zuckerguss über ihre schmuddelige
Straße gelegt hatte und sie beinahe hübsch aussehen ließ, wurde sie bei ihrer Rückkehr nach Hause schon von Lena und Sofi erwartet.
    »Was ist los?«, fragte sie argwöhnisch.
    »Das Geschenk ist da«, sagte Lena und kaute nervös auf ihrer Unterlippe. »Ich habe sofort Sofi angerufen.«
    »Es ist nicht das, was wir erwartet haben«, ergänzte ihre Cousine. »Und wir können es nicht verkaufen.«
    Natalja ließ die Handtasche fallen. »Warum? Was ist es?«
    Sofi wedelte mit einem dünnen, länglichen Heftchen. »Ein Flugticket, ausgestellt auf deinen Namen. Der Abflug ist erst in drei Monaten, damit du dir bis dahin einen Pass besorgen kannst und so weiter. Vierzehnter Februar, Valentinstag.«
    Natalja riss ihr das Ticket aus der Hand. Tatsächlich. Ein Ticket nach Chicago und retour, mit ihrem Namen, und für den Rückflug war kein Datum eingetragen. Ein Kribbeln ging durch ihren Körper.
    »Wir würden es verstehen, wenn du nicht fliegen willst«, beruhigte Sofi sie. »Wir kennen den Mann nicht, du wärst allein, und du kannst nicht besonders gut Englisch. Wenn er doch bloß Geld geschickt hätte, dann könnten wir …«
    »Natürlich fliege ich«, sagte Natalja brüsk.
    Einen Augenblick herrschte schockiertes Schweigen, dann sagte Lena: »Wirklich? Ohne uns?«
    »Ich schaffe das schon.« Natalja wedelte mit dem Ticket. »Amerika, ich komme!«

KAPITEL 5
    Es war ruhig am Empfang, und Lena sortierte gerade die Reservierungskarten, als der Schatten ihres Vorgesetzten auf sie fiel.
    »Lena, ich muss mit Ihnen reden«, verkündete er streng.
    Alexej Andrejew war eine respekteinflößende Erscheinung, was nicht nur an seiner grimmigen Miene und seiner hünenhaften Gestalt lag, sondern auch daran, dass man ihm Kontakte zu verbrecherischen Untergrundorganisationen nachsagte. Bislang hatte Lena nur zweimal mit ihm zu tun gehabt. Beim ersten Mal hatte sie sich

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