Ueber den Himmel hinaus - Roman
Herkunft, Ihr Gatte, der französische Maler. Gibt es sonst noch etwas, das ich über Sie wissen sollte?«
Sofi setzte zu einer Bemerkung über ihre Cousine an, dann fiel ihr ein, dass Natalja keinen Wert darauf legte, mit ihr in Verbindung gebracht zu werden. »Nein, eigentlich nicht.«
»Wie gesagt, ich liebe Ihren Schmuck«, fuhr Rosemary fort. »Er ist genau das, was ich gesucht habe. Handgemacht, erlesene Rohmaterialien, ungewöhnlich, aber elegant. Dafür finden sich reihenweise Abnehmer, das weiß ich. Wären Sie denn an einer Zusammenarbeit interessiert?«
Sofis Herzschlag beschleunigte sich. »Selbstverständlich.« Es war so weit. Anastasia Designs stand vor dem Durchbruch. »Zurzeit habe ich etwa dreißig Stück auf Lager. Ich zeige Sie Ihnen, sobald wir hier fertig sind.«
»Dreißig? Ich brauche an die dreihundert.«
Dreihundert. Die Enttäuschung trieb Sofi beinahe die Tränen in die Augen. Pro Woche stellte sie etwa drei Werke her. Dreihundert Stück bis zum Frühjahr, sprich in sieben Monaten, das war ein Ding der Unmöglichkeit, zumal sie in zwei Monaten ihr Kind zur Welt brachte.
»Wir eröffnen demnächst unsere dreiundzwanzigste Filiale, in Wien«, fuhr Rosemary unterdessen fort. »Unser Unternehmen expandiert so rasch, dass wir kaum Schritt halten können, und es ist sehr schwierig, schönen, hochwertigen Modeschmuck aufzutreiben. Wir brauchen tolle Designerinnen wie Sie …«
»Tut mir leid, Rosemary, aber ich bin allein.« Sofi tätschelte ihren Bauch. »Wenn auch nicht mehr lange. Aber dreihundert Stück bis zum Frühjahr, das schaffe ich nicht.«
»Oh, haben Sie keine Werkstatt? Keine Assistenten?«
Sofi deutete auf das Haus. »Ich arbeite in einem der Gästezimmer.« Sie kam sich vor wie eine Hochstaplerin. Kein
Wunder, dass sich Rosemary neugierig umgesehen hatte. Sie hatte einen florierenden Betrieb erwartet, ein Team von Juwelieren, das die von Sofi entworfenen Schmuckstücke herstellte. »Tut mir leid. Ich hoffe, ich habe keine falschen Erwartungen geweckt.«
»Nein, keineswegs. Ich bin hergekommen, weil ich nichts über Sie wusste, und jetzt bin ich im Bilde. Nur kann ich mit dreißig Stück nicht viel anfangen. Selbst sechzig wären zu wenig. Bloß eines oder zwei pro Laden … unmöglich.«
Sofi nickte. Das Baby regte sich in ihrem Bauch und bekräftigte sie in ihrer Entscheidung. Bis zur Geburt blieb ihr nicht mehr genügend Zeit, um Gehilfen zu rekrutieren und einzulernen. Außerdem wollte sie einen so wichtigen Auftrag nicht in die Hände wildfremder Leute legen. Nein. Sie musste Rosemarys Angebot ablehnen.
»Es wäre eine großartige Gelegenheit für mich, und unter anderen Umständen würde ich sofort annehmen … Vielleicht können wir später …?«
»Ich verstehe Sie natürlich, aber ich kann leider keine Garantie für die Zukunft abgeben. Hier ist meine Karte. Alles Gute mit dem Baby.«
Nachdem sie gegangen war, schleppte sich Sofi die Treppe hinauf und setzte sich enttäuscht an ihre zerkratzte Werkbank. Vor ihr lag eine halb fertige Halskette aus zylinder- und perlenförmigem Turmalin, Achat und Whiskyquartz in Bernsteingelb und Rauchgrau, dazwischen Blüten aus Silberdraht, in mühevoller Kleinarbeit von Hand angefertigt. Ein schönes Stück, genau das Richtige für den Chantilly -Katalog. Sie gestattete sich eine Vision: ein paar Fotos von Richelieu und Juliens Bildern, und dann ihr Schmuck, perfekt ausgeleuchtet auf schwerem schwarzem
Hochglanzpapier. Aber diese Kette war ein Unikat, und Rosemary Simons benötigte dreiundzwanzig Stück davon.
Julien kam herein. »Ist sie schon weg?«
»Sie wollte dreihundert Stück für die Frühlingskollektion.«
Er ging lachend neben ihr in die Knie. »Weiß sie nicht, dass man einen Künstler nicht zur Eile antreiben kann?«
»Es wäre schon möglich gewesen. Wenn ich nicht schwanger gewesen wäre, hätte ich jemanden einstellen und mehr arbeiten können. Es hätte den Durchbruch für Anastasia Designs bedeutet.«
Er streichelte ihren Rücken. »Nimm es nicht so tragisch. Du verdienst mit deinen derzeitigen Aufträgen mehr als genug.«
Sie löste sich verärgert aus seiner Umarmung. »Es geht mir nicht um Geld, sondern darum, mir einen Namen zu machen. Ich möchte mehr sein als bloß eine Träumerin, die zu Hause ein paar Halsketten bastelt!«
Obwohl Julien ihre Arbeiten und ihre künstlerische Ader bewunderte, betrachtete er ihre Schmuckerzeugung als eine Art Freizeitbeschäftigung, mit der sie sich ein
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