Ueber den Horizont hinaus - Band 1
verstünde er. Carola erwiderte den Blick und seufzte leise. Schon immer hatte sie zu gut in ihm lesen können.
„Ich denke, dass ich eine Pause brauche“, teilte sie Olaf schließlich mit.
„Nur eine Atempause“, versuchte sie die Äußerung abzuschwächen.
„Ein wenig Abstand, etwas Zeit für mich, um mir über einiges klar zu werden.“
Sie lehnte sich vor, streckte ihre Hand nach Olaf aus, gab vor, nicht zu registrieren, dass er unmerklich zurück zuckte.
„Das soll keine Trennung sein“, führte sie leiser aus und lächelte leicht. „Du weißt, dass ich ernsthafte Vorstellungen von unserer Zukunft habe. Es ist nur… im Augenblick funktioniert es so nicht mit uns. Und… und vielleicht ist es gut, wenn du dir auch die Zeit nimmst, ein wenig darüber nachzudenken.“
„Was hast du vor?“
Seine Stimme klang, als käme sie aus weiter Ferne und Carola richtete sich ein wenig auf, als wäre sie froh, sich auf sicherem Gelände wiederzufinden.
„Es steht ohnehin eine Reise nach Paris an“, meinte sie dann. „Ich denke bereits seit einer Weile darüber nach, diese vorzuverlegen. Wenn es mir gelingt, schon morgen aufzubrechen, komme ich dort nicht so in Verlegenheit.“
Olaf nickte, ohne dass es ihm bewusst wurde.
„Ich verstehe. Dann mach das doch“, sagte er ausdruckslos.
„Es… wenn du denkst, dass es das Richtige für dich wäre.“
Carola lehnte sich mit einem Seufzer zurück. Ein müdes Lächeln umspielte ihre Lippen. „Du weißt schon, dass eine Frau sich mehr Einsatz wünscht, von dem Mann, den sie liebt.“
„Ich…“
„Sag nichts“, unterbrach sie ihn. „Ich kenne dich bereits zu gut, als dass es mir einfiele, Unmögliches zu verlangen.“
Olaf schüttelte den Kopf, zwang sich dann, sie direkt anzusehen. „Es tut mir leid“, sagte er schlicht. „Ich wollte dir niemals weh tun. Nur… manchmal ist es schwierig.“
Carola nickte. „Ich weiß. Wenn das jemand weiß, dann bin ich es.“
Sie erhob sich, streckte sich ein wenig. „Ich fühle mich zerschlagen“, sagte sie. „Und die nächsten Tage werden wohl sehr arbeitsintensiv.“
Olaf nickte, presste seine Lippen zusammen, als sie stehen blieb und ihn forsch ansah.
„Zieht es dich noch einmal ins Büro?“, sagte sie ungewöhnlich sanft und Olaf blickte erschrocken auf. Doch Carola schien nichts zu bemerken, als sie wie zu sich selbst sprach. „Ich weiß, wie sehr es einen verrückt machen kann, wenn Unerledigtes sich anhäuft, wenn der Druck von allen Seiten steigt.“
Sie seufzte wieder.
„Und ich weiß von den Plänen deines Vaters.“
„Woher hast du…“ Olaf starrte sie an.
Carola zuckte mit den Schultern. „Es ist kein Geheimnis, dass er umstrukturieren will. Ich hätte zwar nicht geglaubt, dass er auch die Niederlassung hier schließt, aber eigentlich sollte man immer darauf gefasst sein. Nur schade, dass du soviel Arbeit hineingesteckt hast.“
Sie legte ihren Kopf schief, lächelte ihn an und in diesem Augenblick wirkte sie auf eine beinahe fatale Weise wie sein Bruder, dass Olaf aufsprang, sich durch sein Haar fuhr, nur um seine Hände zu beschäftigen.
„Ich… ich muss wirklich noch einmal los“, murmelte er hastig. „Es war nur… ich habe versucht, mich auszuruhen, aber du hast recht. Zu vieles ist noch offen.“
Carola nickte traurig. „Natürlich“, sagte sie leise. „Da kann man nichts machen.“
*
„Da kann man nichts machen“, wiederholte Olaf stumm, als er ins Auto stieg, als er durch die nächtlichen Straßen fuhr.
Vielleicht reichte es ja an diesem Abend, einfach wegzukommen, einfach für sich alleine zu sein. Vielleicht konnte er in Ruhe nachdenken, über Carola und ihre Worte… über Christian.
Olaf umfasste das Steuer fester, beschleunigte den Wagen.
Über Christian, der ihn geküsst hatte. Über Christian, der ihm gesagt hatte, dass er mit ihm schlafen wollte.
Christian, der gefragt hatte, ob er wüsste, dass er es war, dass er…
Olaf fühlte ein Flattern in seinem Magen. ‚Dass er der Einzige war‘, ergänzte Olaf für sich.
Ebenso wie Christian der Einzige für ihn war. Ebenso wie keiner der Männer, mit denen er zusammen war, ihm jemals das geben konnte, was er sich ersehnte, ihm jemals schenken würde, was er brauchte.
Olafs Penis wurde hart. Er fühlte die Hitze in seinem Blut, das Drängen, das verzweifelte Sehnen nach der einen Sache, die er nie erhalten konnte. Und wieder beschleunigte er den Wagen, übertrat die Geschwindigkeitsgrenze, vergaß
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