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Ueber den Horizont hinaus - Band 1

Ueber den Horizont hinaus - Band 1

Titel: Ueber den Horizont hinaus - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Lenz
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hast du dir denn vorgestellt?“, fragte er, während er den Computer ausschaltete.
    Als er wieder aufblickte, zuckte Christian mit den Schultern, lächelte in dem Bewusstsein, bereits gewonnen zu haben.
    „Irgendwas“, sagte er. „Wenn ich nur mit dir zusammen sein kann.“
    *
    Manchmal dachte Olaf an diese Worte, als er wieder zurückgekehrt war.
    Und gleichzeitig fiel ihm die Nacht ein, in der er die Stimme seines Vaters gehört hatte.
    Doch bevor er sich fragen konnte, was er mit diesen Erinnerungen anfangen sollte, lenkte ihn eine seiner vielen Pflichten lange genug ab, bis er schließlich erschöpft nach getaner Arbeit in sein Bett fiel, unfähig auch nur einen weiteren Gedanken zu fassen, außer den an Schlaf.
    Die Anforderungen waren hoch. Olaf hatte mit verschiedenen Sprachen und gesonderten Studiengängen zu kämpfen, die nur ausgewählten Bewerbern zugänglich gemacht wurden.
    Durch seine ausgedehnte Zeit beim Militär war er ein wenig älter als der Durchschnitt seiner Mit-Studenten und fühlte sich verpflichtet, durch besonderen Fleiß die Zeit wieder aufzuholen.
    Eines jedoch hatte sich geändert. Er telefonierte weitaus öfter mit Christian, als er es bislang getan hatte.
Manchmal tat es ihm einfach gut, seine Stimme zu hören. Manchmal fühlte er auch nur das Bedürfnis, sich zu vergewissern, dass es dem Bruder gut ging.
    Das änderte sich auch nicht, als eine Freundin, die er während seiner Offiziersausbildung kennen gelernt hatte, in die Nähe zog und er sich öfter mit ihr traf.
    Obwohl er sie liebte und das Zusammensein mit ihr genoss, kam Christian doch an erster Stelle.
    Wenn es etwas gab, das er teilen wollte, so kam ihm zunächst sein Bruder in den Sinn und dann erst Carola. Und nicht selten, wenn er mit ihr schlief, fragte er sich, ob Christian seinen Rat beherzigte und sich vorsah.
    Es war seltsam und Olaf erklärte es vor sich selbst mit der Tatsache, dass er nie das Gefühl gehabt hatte, eine Familie zu besitzen.
    Seine Eltern waren selten wirklich Teil seines Lebens gewesen und wenn, dann hauptsächlich in Gestalt von Druck und Erwartungen.
    Christian war vielleicht das erste, das zumindest auf eine eigene Weise an den Begriff Familie herankam. Und tief in sich wusste Olaf auch, dass es seinem Bruder ebenso ging.
    *
    Das Telefon schrillte. Olaf schrak aus seinem Schlummer, in den er, gebeugt über seine Bücher, gefallen war.
    Er fischte ungeschickt nach dem Hörer und meldete sich dann. „Stadlhauser?“
    „Gott sei Dank, du bist da.“
    Olaf blinzelte den Schlaf fort. „Christian? Was ist los. Es ist…“
    Er suchte seine Armbanduhr, fegte bei dem vergeblichen Versuch, Blätter und Bücher beiseite. „Spät“, schloss er dann.
    „Ich weiß“, hörte er Christian antworten. „Ich… es tut mir leid. Ich wollte nicht so kindisch sein.“
    Olaf setzte sich auf. „Wieso kindisch? Was meinst du?“
    Für einen Moment hörte er nichts, dann lediglich ein Seufzen. „Es ist… so albern.“
    Olaf stützte den Ellbogen auf die Tischplatte, lehnte den Kopf gegen die Hand.
    „Wenn du mich anrufst, mitten in der Nacht, dann wird es wohl nicht so albern sein.“
    „Doch. Ist es.“
    Wieder schwieg Christian und Olaf verlor die Geduld.
    „Nun erzähl schon, denn jetzt bin ich wach.“
    Leise antwortete Christian. „Die Eltern sind nicht da… für ein paar Tage.“
    „Und?“ Olaf tappte mit den Fingerspitzen auf der Tischplatte.
    Christian seufzte. „Ich sag ja, es ist dumm… dumm und lächerlich.“
    „Lass mich das entscheiden!“ Olaf wurde nun wirklich ungeduldig.
    „Hanne und Kurt sind auch gegangen. Ich hab ihnen gesagt, dass es mir nichts ausmacht, eine Weile allein zu sein. Eigentlich wollte ich auch… aber… Vanessa hat mit mir Schluss gemacht.“
    Olaf hörte die Traurigkeit in Christians Stimme und rollte mit den Augen. „Schon wieder?“
    Christian atmete ein paar Mal vernehmlich ein und aus. „Diesmal endgültig. Sie hat es klar gemacht.“
    „Tut mir leid zu hören.“ Olaf fragte sich immer noch, was Christian eigentlich von ihm wollte. „Ruf doch ein paar von deinen Freunden an, wenn du nicht allein sein willst.“
    „Sie… Vanessa hat sie alle gegen mich aufgebracht.“ Christian klang kläglich. „Aber das ist es auch nicht, weshalb ich anrufe.“
    Olaf seufzte. „Dann sag mir doch, weshalb du anrufst.“
    „Ich hab den Wagen gegen den Baum gesetzt“, gestand Christian dann. „Hab ihn ziemlich zerlegt und… und jetzt weiß ich nicht, was ich

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