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Über den Missouri

Über den Missouri

Titel: Über den Missouri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Antwort der Krieger. Zu allen Zeiten war der Gehorsam, der einem Häuptling geleistet wurde, freiwillig gewesen.
    Tschapa Kraushaar war der erste, der vortrat und die Kriegspfeife annahm, um den nächsten Zug zu tun. »Ich werde mit dir gehen, mein Häuptling! Du hast uns die volle Wahrheit gesagt. Ich weiß jetzt, daß du uns nicht mit blinden Augen in eine Gefahr führen willst, sondern mit spähendem Blick und festem Herzen. Darum folge ich dir. Hau.«
    Als so nach dem Geheimnismann auch derjenige zugestimmt hatte, der als der Klügste unter den jüngeren Kriegern galt, zögerten die anderen nicht mehr. Die Pfeife ging um, und jeder, der einen Zug daran tat, erklärte sich damit bereit, seinem Häuptling zu folgen.
    Während die Pfeife herumgereicht wurde, sanken schon die ersten Schneeflocken. Alle wußten, daß ein starker Schneefall bevorstand. Die Frauen und Kinder kehrten zu den Zelten zurück, um ihre Vorbereitungen zu beenden. Tokei-ihto rief die Krieger zu sich her zu Tschetansapas Zelt.
    »Schonka und seine drei Bewaffneten können in jedem Augenblick eintreffen«, gab er bekannt. »Wie pflegen sich Schonka und seine Helfer zu verhalten, wenn sie zu unseren Zelten kommen?«
    »Sie gehen immer zwei und zwei«, berichtete der Alte Rabe. »Zuerst durchschnüffeln sie Tschetansapas und Tschapas Zelt. Von dort gehen sie weiter.«
    »Das werden sie auch diesmal tun, denn in dem Tipi des Schwarzfalken oder des Bibers vermuten sie sicher mich. Schonka kommt mit dreien seiner Männer, also kann er hier zwei Gruppen bilden, die durch die Zelte gehen. Ich schlage vor, daß auch wir uns teilen. Drei Krieger bleiben bei mir im Zelt Tschetansapas, drei gehen mit Tschapa in dessen Zelt. Die anderen verteilen sich in ihren eigenen Tipi. Betritt Schonka oder einer seiner Männer ein Zelt, so wird er sofort im Dunkeln angegriffen, entwaffnet und gefesselt. Hau.«
    »Hau!« riefen die Krieger.
    Dann trennten sie sich, um nach dem Plan zu verfahren. Die drei Raben blieben mit dem Häuptling in Tschetansapas Tipi.
    Der Häuptling spürte, wie das Heilkraut, das Uinonah ihm zu essen gegeben hatte, seine Wirkung tat. Sein Herz ging kräftiger, obwohl er noch Müdigkeit und wieder Schüttelfrost verspürte. Aber er brauchte für die nächsten Stunden nicht zu fürchten, daß seine Kräfte ihn verlassen würden. Nach ein paar erklärenden Worten machte er sich auf den Weg in die Winternacht hinaus, um nach seinem Falben und dem Hund zu sehen. Schonka brauchte diese Tiere nicht vorzeitig zu entdecken.
    Als er zu der Felswand kam, bemerkte er oben am Grat die Knaben Hapedah und Tschaske. Sie hielten gute Wacht.
    »Wenn die Feinde kommen, schreit ihr wie eine Eule, aber nur einmal, denn Schonka darf keinen Verdacht fassen!« rief er zu den tapferen Jungen hinauf. Sie gaben das Zeichen, daß sie verstanden hatten. Der Häuptling holte sich seine Tiere. Er brachte sie nicht zu der Pferdeherde beim Dorf, sondern ein gutes Stück weiter westwärts und befahl ihnen, dort Platz zu halten. Dann kehrte er vorsichtig in das Zeltlager zurück.
    Es währte nicht mehr lange, bis der verabredete Eulenschrei zu hören war. Das Feuer in Tschetansapas Zelt war fast erloschen. Nur ein letztes Glimmen hatte Uinonah in der kreisrunden Vertiefung in der Mitte des Zeltes übriggelassen. Tschetansapa lag im Hintergrund des Zeltes in Decken versteckt. Mongschongschah saß unbeweglich neben dem Gatten und hielt die Trauerwiege fest umklammert. Uinonah hatte sich eine Lagerstatt zurechtgemacht, aber sie schlief nicht.
    Unmittelbar beim Zelteingang lagen Tokei-ihto und die drei Raben am Boden und lauerten. Sie hörten schon Hufschlag.
    Schonka und seine Polizisten näherten sich dem Dorf im Galopp. Sie kamen offen und wahrten keinerlei Vorsicht. In der kurzen Zeit der Herrschaft dieser Bewaffneten über die eigenen unbewaffneten Stammesgenossen hatten sie schon die Gewohnheiten der weißen Männer angenommen; sie waren sich bewußt, daß sie gefürchtet wurden, und vertrauten auf diese Furcht mehr als auf ihre tatsächliche Überlegenheit.
    Der Hufschlag verstummte. Die vier Reiter hatten kurz vor dem Dorf angehalten. Tokei-ihto und die Raben hörten Stimmen und erlauschten, daß erst die Pferde zu der Herde am Dorfende gebracht werden sollten. Das nahm nicht viel Zeit in Anspruch. Als die vier Bewaffneten sich wieder gesammelt hatten, was an dem Stimmenklang zu erkennen war, gab Schonka einen neuen Befehl. Die im Zelt Verborgenen verstanden den Befehl

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