Über den Missouri

…«
    »Aha! Deine Fettpolster sollen meinen Zorn abfangen! Gestehe alles, was du weißt! Die Idioten haben doch nicht etwa den Harry Tokei-ihto lebendig freigelassen?!«
    »Ham sie, Freddy.«
    Red Fox wurde blaß. »Diese Schweine haben meinen Rat in den Wind gepustet …«
    »Sonst noch was?« fragte der Wirt, als er den anderen schwach sah.
    »Johnny … ist die Bande mit dem ganzen Troß abgerückt? Mit Weibern und Kindern?«
    Der Wirt nickte.
    »Wer sagt das?«
    »… paar Indsmen sind nicht weit davon vorbeigekommen. Sie erzählen, daß die Zelte verschwunden seien.«
    Red Fox atmete auf. »Wenn die Bande mit Weibern und Kindern fortgezogen ist, holen wir sie morgen schon ein. Die Weiber mitschleppen! So `ne Schwachheit hätte ich dem Harry Tokei-ihto gar nicht zugetraut. Roach muß sofort verständigt werden! Heute früh ist er auf Fort Robinson eingetroffen. Die Rauhreiter wieder anwerben …!«
    Red Fox ließ die Beamten mit ihren Listen allein und eilte fort.
    Nicht lange nach der überraschenden Meldung war Capt’n Roach mit einer kleinen Dragonerabteilung bereits zur Verfolgung unterwegs. Red Fox, Pitt, Louis und Philipe begleiteten ihn mit anderen Rauhreitern zusammen.
    Red Fox hatte versprochen, freigebig zu sein.
    »Mon dieu, Gott sei mir gnädig«, sagte Louis, der Canadier, bei der ersten kurzen Rast zu Philipe, »es ist eine Sünde, was wir tun wollen, aber eine Schande wär’s auch, die guten Dollars einfach fahrenzulassen. Die Indians können sich wehren; `s ist letzten Endes ein ehrliches Spiel, Kugel gegen Kugel, Messer gegen Messer.«
    »Patronen haben die nicht viel«, tröstete sich Philipe und fühlte mit den Fingerspitzen seine Bartsprossen ab.
    »Philipe, du bist jung, schön und dumm. Am besten versteckst du dich immer hinter meinem Rücken. Wir haben mehr Patronen, es ist wahr, aber Tokei-ihto schießt besser …«
    »Nicht besser als ich, du Heuhüpfer und Hasenfuß!« Red Fox trieb alle zu neuer Eile.
    Nach einem Gewaltritt erreichte die Truppe den Platz, an dem die Zelte der Bärenbande gestanden hatten.
    Die Reiter erblickten ein einziges Tipi, das noch in der Einöde stand. Vor seinem Eingang befanden sich vier Gestalten. Indianer, die so gefesselt waren, daß sie sich nur wie Raupen aus dem Zelteingang herauswälzen konnten.
    Red Fox begann laut zu lachen; es war ein Lachen, mit dem er sich selbst und Roach verhöhnte. »Prächtig«, rief er, »wahrhaft prächtig! Mein alter Freund und Feind Harry Tokei-ihto ist immer noch ein Kerl!«
    Schonka bemühte sich, den Knebel auszuspucken, der ihn am Sprechen hinderte. Louis half ihm. »Nun, mein Held«, fragte er dabei, »was ist geschehen? Wer hat dich so schön eingewickelt wie die Spinne die Fliege? Doch nicht etwa Harry Tokei-ihto, den du gezwungen hattest, sich wieder auf die Bank zu setzen?«
    Red Fox horchte auf. »Was sagst du da? Habt ihr mit Tokei-ihto zusammen gesoffen?«
    »Aber non, mon cher, mein Lieber, wir haben gesoffen, und Tokei-ihto hat zugeschaut.«
    »Gehandelt hat er, und ihr habt geschnarcht, so wird’s gewesen sein. Ihr verfluchten Jammerlappen, nichtsnutzige Pinscher!«
    Red Fox hatte nicht Zeit, sich dem Vergnügen weiteren Scheltens und Fluchens hinzugeben, denn die Spur der Fortgewanderten zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Die Fährte war auch unter dem Schnee noch deutlich genug.
    Während die übrigen Gefangenen von ihren Fesseln befreit und von Roach abgekanzelt wurden, ritt Red Fox schon auf der Fährte nordwestwärts.
    Die anderen sprangen rasch auf, um ihm zu folgen. Von den befreiten Gefangenen machten sich Schonka und Eddy zu Fuß im Dauerlauf auf den Weg.
    »Vorwärts!« drängte Red Fox den Capt’n. »Wir müssen die Ausreißer wieder einfangen, ehe sie etwa die Wälder der Black Hills erreichen. Im Wald möchte ich dem Harry Tokei-ihto weniger gern begegnen.«
    Man trieb die Gäule wieder an. Es wurde nur ein müder Galopp, die Tiere waren schon verschwitzt und steifbeinig.
    Als Capt’n Roach und Red Fox mit ihren Leuten die Nordwestecke der Reservation erreichten, ließen sie halten. Roach suchte die Gegend in Richtung der Black Hills mit dem Fernglas ab. Nach der Fährte zu urteilen, hatte sich der Abstand zwischen dem Zug der Auswanderer und ihren Verfolgern schon wesentlich verringert. Die Pferde der Dragoner und Rauhreiter waren zwar müde, aber die Reit- und Packtiere der Bärenbande konnten nur in schnellem Schritt gehen. Ihre Zahl war gering, und viele Männer, auch Frauen und