Über den Missouri
zu den Kriegern, und obwohl seine Stimme nicht laut und von Husten unterbrochen war, verstanden ihn in der nächtlichen Stille doch alle aus dem Dorf der Bärenbande.
»Männer der Dakota! Ich bin zurückgekehrt, nachdem Red Fox und das Langmesser Jackman mich verraten und gefangen hatten. Ich bin zu euch gekommen, aber Schonka will mich wieder aus euren Zelten vertreiben. Ich gehe. Ja. Aber ich gehe nicht allein. Ich bin gekommen, um euch und eure Zelte alle fortzuführen aus der Reservation zu den fernen Wiesen und Wäldern im Norden jenseits des Missouri, wo wir noch frei leben können.« Der junge Häuptling machte eine kurze Pause. Er spürte, wie in den Zuhörern die Spannung wuchs.
»Bevor ihr aber mit mir den ersten Schritt tut«, fuhr Tokei-ihto fort, »will ich euch die Wahrheit sagen über euer Leben hier im schlechten Lande und über den Weg, den ich euch führen will. Der Mut braucht die Wahrheit, wenn er endgültig bestehen soll. Das habe ich in meinem eigenen Leben erfahren müssen.«
»Hau!« rief der Alte Rabe aus der lauschenden Menge. »Ich weiß, daß ihr hungert und dürstet und daß ihr betrogen werdet«, nahm der Häuptling wieder seine Rede auf. »Vielleicht wird das große Ohr in Washington einmal von dem Betrug hören, und ihr und eure Kinder werdet einmal die gefleckten Büffel und die Fleischdosen erhalten, die euch zustehen. Sehr viele von uns werden an Hunger und Krankheiten sterben müssen, dann können vielleicht einige dick und satt werden und vor den weißen Männern tanzen, damit diese über uns lachen.«
Der Häuptling schaute auf die Menge hinaus. Keiner rührte sich.
»Sollen wir Hunde sein und uns von den Watschitschun mit Füßen treten lassen?« fragte Tschotanka.
»Die Watschitschun werden euch vielleicht nicht mehr mit Füßen treten«, antwortete der Häuptling. »Aber ihr werdet eure Haare abschneiden müssen, weil sie das so befehlen. Ihr werdet nicht mit allen Brüdern von eurem eigenen Stamm sprechen können, die Watschitschun haben uns getrennt. Ihr werdet auf diesem Land hier nie genug Nahrung gewinnen können, um eure Zelte zu versorgen, sondern immer Hunger leiden oder auf Gaben warten müssen.«
»Laßt uns gehen!« riefen viele Stimmen.
»Ich will euch deshalb in ein Land führen«, sprach der Häuptling, »wo Wasser fließt und das Gras grüner und dicker wächst. Der Weg dorthin ist sehr weit, und im Winter ist er sehr hart. Manche tapfere Krieger sind ihn schon gegangen oder haben versucht, ihn zu gehen. Damit ihr die ganze Gefahr erkennt, die wir auf uns nehmen wollen, sage ich euch die Rede des Häuptlings Hinmaton- yalatkit an seinen Stamm der Schäheptin.
Als es dem Stamm der Schäheptin ebenso erging wie jetzt den Dakota und er in seinen alten Jagdgründen nicht mehr leben konnte, begann er im Winter und in einem unaufhörlichen Kampf mit den Verfolgern den weiten Weg nach dem Land der großen Mutter (=Kanada). Als er aber die Grenze eben erreichte, waren die Männer, Frauen und Kinder so erschöpft und die Langmesser in einer solchen Überzahl, daß die tapferen Schäheptin sich einen Schritt vor der Grenze der freien Prärie ergeben mußten.
Der Häuptling Hinmaton-yalatkit sprach in dieser Stunde die folgenden Worte zu seinen Männern: Ich bin des Kampfes müde. Unsere Häuptlinge sind getötet. Sehendes Glas ist tot, Tochulhulsate ist tot. Die alten Männer sind alle tot. Nun sind es die Jungen, die ja oder nein sagen. Der, der die jungen Männer führte, ist tot.
Es ist kalt, und wir haben keine Decken. Die kleinen Kinder erfrieren. Viele meines Volkes sind in die Berge geflüchtet, sie haben keine Nahrung und keine Decken. Niemand weiß, wo sie sind … vielleicht erfroren. Ich möchte Zeit haben, nach meinen Kindern zu suchen, und sehen, wie viele ich finden kann. Mag sein, daß ich sie unter den Toten finde. Hört mich, ihr Häuptlinge, ich bin müde. Mein Herz ist krank und traurig. Die Sonne sinkt. Ich werde niemals mehr kämpfen.
So sprach der Häuptling, als er sich den Langmessern an der Grenze, einen einzigen Schritt vor dem freien Land, ergab. Wir aber wollen einen Weg gehen, der ebenso lang ist und ebenso kalt. Wir werden frieren und hungern, und wahrscheinlich werden uns auch einige Langmesser verfolgen. Aber sie werden keine großen Geheimniseisen gegen uns auffahren, wie sie es gegen die Schar Tashunka- witkos taten. Wir sind unserer wenig. Das ist unser Schutz.
Wenn unser Wille stark genug ist, werden wir durch den Winter
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