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Über den Missouri

Über den Missouri

Titel: Über den Missouri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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unten.
    Schonka hielt am längsten aus, aber Johnny gab ihm auf des Tobias Bestellung hin doppelt scharfen Branntwein, und daraufhin dauerte es nicht mehr lange, bis auch Schonka unter dem Tisch schnarchte. Johnny warf noch einen Blick auf diesen Schläfer, da er beinahe fürchtete, ihn vergiftet zu haben, tat die Sache aber dann mit einer sein Gewissen beruhigenden Handbewegung ab. Er lief, um die letzten Gäste zu bedienen, die noch imstande waren, einen Becher zu halten. Die Schweißperlen standen dem Wirt auf der Stirn.
    Tobias winkte ihn her. »Wie steht es? Hast du nicht eine andere Stube, wo Harry schlafen kann?«
    »Aber ja. Kommt mit!« Der Wirt führte die beiden Indianer zu einer Kammer, die eine Innen- und Außentür hatte. Ein paar Strohsäcke lagen auf dem Boden. »Das ist für Notfälle«, erklärte Johnny. »Ihr könnt heute hier kampieren.«
    Tobias versuchte, ob sich die Außentür öffnen ließ, aber sie war verschlossen. Johnny kramte einen Schlüssel aus einer seiner unergründlichen Taschen hervor. »Da … den könnt ihr haben. Für den Fall, daß euch mal schlecht wird.«
    Der Wirt entfernte sich.
    Tobias trat dich neben den Dakota. »Was ist dir jetzt wichtig?« Er flüsterte in der Dakotasprache. »Du bist mein Häuptling.«
    »Gib mir deinen Revolver, Geld und den Brief des Capt’n Roach für das Fort Robinson. Ich bringe diese Botschaft hinüber – als Scout! Der Brief kommt an.«
    »Und ich?«
    »Beobachte Tomahawk, Schonka und die anderen. Vor morgen mittag wird keiner wach. Fragen sie dich dann, so erzähle ihnen, daß auch du betrunken gewesen seist, gar nichts wissest und dich nun mit dem Brief auf den Weg machen wollest.«
    »Sobald sie erfahren oder entdecken, daß du das Haus verlassen hast, berichten sie Red Fox und alarmieren alles. Red Fox ist dein Todfeind. Er hat deinen Vater ermordet, und er wird auch dich töten, wo er dich findet!«
    »Aber diese Männer hier alarmieren niemanden, und sie gestehen dem Roten Fuchs niemals ein, daß sie betrunken waren und mich entkommen ließen. Blutiger Tomahawk wird enttäuscht und beschämt zu seinen eigenen Leuten abziehen, um mitzuteilen, daß auch er nichts erreicht hat und daß sie weiter hungern müssen. Red Fox ist froh, wenn er die Bittsteller nicht mehr zu sehen braucht. Der einzige, der gefährlich für mich bleibt, das ist Schonka.«
    »Er ist halb vergiftet von Alkohol, und vor dem dritten Tag wird er nicht mehr wach.«
    »Um so besser.«
    »Hau. Versuchen wir den Coup! Sehen wir uns noch einmal?«
    »Ich komme zurück.«
    Der Delaware begab sich wieder in die Gaststube und wurde von Johnny auf das freundlichste empfangen.
    Der junge Häuptling war in der dunklen Kammer geblieben. Er ging an die Außentür, öffnete sie zu einem Spalt und schaute in die Nacht hinaus. Es war bitter kalt draußen, und der Boden gefror ohne Schnee. Der Nordwind blies. Bei den Pferden war leise Unruhe. Die Wachen lehnten müde an der Koppel. Sonst war kein Mensch zu sehen.
    Den Dakota überlief ein Schüttelfrost. Das Fieber hatte ihn nach Mitternacht verlassen, aber seine Glieder waren ihm schwer wie Blei. Während er am Türpfosten stand, verschwammen ihm Hell und Dunkel und alle Konturen zu einem undeutlichen Schimmer vor den Augen, und er spürte, daß er sich nicht mehr lange aufrecht halten konnte. Er fühlte Schmerzen in der Brust. Tastend, um nicht zu stürzen, ging er zu einem der Strohlager und sank nieder. Die Sinne verließen ihn, und sein Zustand glich eher der Bewußtlosigkeit als dem Schlaf.
    Aber gegen Morgen wurde er seiner selbst wieder mächtig und kroch auf den Knien zur Tür. Durch den Spalt spähte er nach den verblassenden Sternen. Er raffte sich auf, kam auf die Füße und verließ das Haus. Etwas unsicher, aber geradewegs ging er auf die Koppel zu. Ohitika begrüßte ihn dort schmeichelnd, und Tokei-ihto erinnerte sich, daß er das Tier in der Gaststube zuletzt nicht mehr gesehen hatte. Der Hund war zu dem falben Hengst hinausgelaufen.
    Die Wachen schienen nichts Verdächtiges dabei zu finden, daß der Dakota sich sein Pferd holte. Da er etwas schwankend ging, vermuteten sie sicher, daß er angetrunken sei. War er aber frei gekommen, so konnte er auch frei gehen. Tokei-ihto schwang sich auf und ritt im Schritt zu dem der Agentur unmittelbar benachbarten Fort. Ohitika folgte.
    Er traf auf eine Kavallerieabteilung.
    Kaum neugierig, ziemlich verächtlich schauten die Dragoner dem indianischen Reiter auf dem struppigen

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