Ueber Deutschland
Britt'sche Lager ist es hingewendet,
Hinüber zu dem Feinde schweift der Blick,
Und aus der Freude Kreis muß ich mich stehlen,
Die schwere Schuld des Busens zu verhehlen.
Wer? Ich? Ich eines Mannes Bild
In meinem reinen Busen tragen?
Dieß Herz, von Himmelsglanz erfüllt,
Darf einer ird'schen Liebe schlagen?
Ich meines Landes Retterin,
Des höchsten Gottes Kriegerin,
Für meines Landes Feind entbrennen!
Darf ich's der keuschen Sonne nennen,
Und mich vernichtet nicht die Schaam!
(Die Musik hinter der Scene geht in eine weiche schmelzende Musik über.)
Wehe! Weh mir! Welche Töne
Wie verführen sie mein Ohr!
Jeder ruft mir seine Stimme,
Zaubert mir sein Bild hervor!
Daß der Sturm der Schlacht mich faßte,
Speere sausend mich umtönten
In des heißen Streites Wuth!
Wieder fänd' ich meinen Muth!
Diese Stimmen, diese Töne,
Wie umstricken sie mein Herz,
Jede Kraft in meinem Busen,
Lösen sie in weichem Sehnen,
Schmelzen sie in Wehmuths Thränen!
(Nach einer Pause lebhafter.)
Sollt' ich ihn tödten? Konnt' ich's, da ich ihm
In's Auge sah? Ihn tödten! Eher hätt' ich
Den Mordstahl auf die eigne Brust gezückt!
Und bin ich strafbar, weil ich menschlich war?
Ist Mitleid Sünde? – Mitleid! Hörtest du
Des Mitleids Stimme und der Menschlichkeit
Auch bei den andern, die dein Schwert geopfert?
Warum verstummte sie, als der Walliser dich,
Der zarte Jüngling, um sein Leben flehte?
Arglistig Herz! Du lügst dem ew'gen Licht,
Dich trieb des Mitleids fromme Stimme nicht?
Warum mußt' ich ihm in die Augen sehn!
Die Züge schau'n des edeln Angesichts!
Mit deinem Blick fing dein Verbrechen an
Unglückliche! Ein blindes Werkzeug fodert Gott,
Mit blinden Augen mußtest du's vollbringen!
Sobald du sahst, verließ dich Gottes Schild,
Ergriffen dich der Hölle Schlingen!
Frommer Stab! O hält' ich nimmer
Mit dem Schwerte dich vertauscht!
Hätt' es nie in deinen Zweigen
Heil'ge Eiche! mir gerauscht!
Wärst du nimmer mir erschienen,
Hohe Himmelskönigin!
Nimm, ich kann sie nicht verdienen,
Deine Krone, nimm sie hin!
Ach, ich sah den Himmel offen
Und der Sel'gen Angesicht!
Doch auf Erden ist mein Hoffen,
Und im Himmel ist es nicht!
Mußtest du ihn auf mich laden
Diesen furchtbaren Beruf,
Konnt' ich dieses Herz verhärten,
Das der Himmel fühlend schuf!
Willst du deine Macht verkünden,
Wähle sie, die frei von Sünden
Stehn in deinem ew'gen Haus,
Deine Geister sende aus,
Die Unsterblichen, die Reinen,
Die nicht fühlen, die nicht weinen!
Nicht die zarte Jungfrau wähle!
Nicht der Hirtin weiche Seele!
Kümmert mich das Loos der Schlachten,
Mich der Zwist der Könige?
Schuldlos trieb ich meine Lämmer
Auf des stillen Berges Höh.
Doch du rissest mich in's Leben,
In den stolzen Fürstensaal,
Mich der Schuld dahin zu geben,
Ach! es war nicht meine Wahl!
Dieser Monolog ist ein Meisterstück von Poesie. Er enthält nur ein Gefühl, und dieses eine Gefühl spricht sich natürlicher Weise immer wieder in ähnlichen Worten aus; darin aber liegt der herrliche Einklang der Verse mit den Empfindungen des Gemüths; sie legen in diese Empfindungen eine entzückende Harmonie, beleben und vervielfältigen, was in gemeiner Prosa nur kalt und einsilbig klingen würde.
Die Angst der Jungfrau nimmt mit jedem Augenblicke zu. Die Ehrenbezeugungen, die Danksagungen, nichts kann ihre Seele beruhigen, weil sie sich von der allmächtigen Hand, die sie erhoben hatte, verlassen fühlt. Ihre schwarzen Ahnungen gehen in Erfüllung, und wie?
Um sich einen Begriff von der entsetzlichen Anklage der Zauberei und von den Folgen dieser Anklage zu machen, muß man sich in jene Zeiten versetzen, wo jede außerordentliche Handlung den Verdacht dieses geheimnißvollen Verbrechens zu erregen pflegte. Der damals herrschende Glaube an ein böses Grundwesen setzte die Möglichkeit voraus, diesem Wesen und der Hölle, wo es seinen Sitz hatte, zu huldigen und zu dienen; was die Natur schreckliches hervorbrachte, galt für das Symbol dieses Dienstes, und jedes abentheuerliche Zeichen für die Sprache, deren man sich bediente. Einem Bündniß mit dem Bösen schrieb man alles irrdische Glück, dessen Ursache nur einigermaßen unbekannt war, zu. Das Wort Zauberei bezeichnete die Herrschaft des unbegränzten Bösen, so wie das Wort Vorsehung das Reich des unendlichen Glücks ausdrückte. Der Ausruf: sie ist eine Hexe! er ist ein Zauberer! dieser heut zu Tage lächerlich gewordene leere Schall
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