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Ueber Deutschland

Titel: Ueber Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Germaine de Staël
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Schönheit des Denkens, sie beurkundet die Würde des Menschen, der sich mit dem Ewigen und Unfühlbaren beschäftigen kann, wiewohl alles Rohe seiner Natur ihn davon entfernt.
    Ich könnte noch manche andere Namen anführen, welche in der Bahn der Philosophie mit Recht geschätzt sind; allein ich glaube, daß dieser Abriß, wie unvollkommen er auch seyn möge, ausreicht, als Einleitung zu einer Untersuchung über den Einfluß, welchen die übersinnliche Philosophie der Deutschen auf die Entwickelung des Geistes und auf den Character und die Moralität der Nation gehabt hat, die diese Philosophie hat entstehen sehen. Denn dies ist der Hauptzweck meines Werks.
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Achtes Capitel. Einfluß der neuen deutschen Philosophie auf die Entwickelung des Geistes.
    Von allen Fähigkeiten des menschlichen Geistes ist die Aufmerksamkeit vielleicht die, welche die meiste Gewalt ausübt; und es läßt sich nicht läugnen, daß die idealistische Metaphysik sie auf eine erstaunliche Weise kräftigt. Herr von Buffon behauptete, das Genie könne durch die Geduld erworben werden. Dies hieße zu viel sagen; aber wenn diese Huldigung der Aufmerksamkeit unter der Bennenung von Geduld dargebracht wird: so ehrt sie einen Mann von einer so glänzenden Einbildungskraft. Abstrakte Ideen erfordern schon eine große Anstrengung des Nachsinnens; verbindet man aber damit die genaueste und ausdauernste Beobachtung der inneren Willens-Acte, dann wird die ganze Kraft der Intelligenz dabei in Anspruch genommen. In den Angelegenheiten dieser Welt ist Subtilität des Geistes ein großer Fehler; aber wahrlich, die Deutschen haben sich einen solchen Verdacht nie ausgesetzt. Die philosophische Subtilität, vermöge welcher wir die zartesten Fäden unserer Gedanken aus einander wirren; ist gerade das, was das Genie am meisten fördert; denn ein Grübeln, aus welchem vielleicht die erhabensten Erfindungen und die erstaunlichsten Entdeckungen hervorgehen könnten, geht unbeachtet in uns vorüber, wafern es uns nicht zur Gewohnheit geworden ist, die folge und Verknüpfung der scheinbar entferntesten Ideen mit Scharfblick zu prüfen.
    In Deutschland beschränken sich vorzügliche Köpfe selten auf Eine Bahn. Goethe macht Entdeckungen in den Wissenschaften, Schelling ist ein vortrefflicher Kenner der Literaturen, Friedrich Schlegel ein Dichter voll Originalität. Man kann vielleicht nicht viele verschiedene Talente in sich vereinigen; aber der Verstandesblick muß Alles umfassen.
    Die neueste deutsche Philosophie ist der Erweiterung des Geistesumfanges nothwendig günstiger, als jede andere, denn indem sie alles auf den Brennpunkt des Gemüths bezieht, und die Welt selbst als von Gesetzen regiert betrachtet, deren Typus in uns ist: so kann und darf sie nicht das Vorurtheil gestatten, welches jeden Menschen ausschließender Weise zu dem und dem Zweige der Studien bestimmt. Die idealistischen Philosophen glauben, daß eine Kunst, eine Wissenschaft, irgendein besonderer Theil, nicht gefaßt werden kann ohne allgemeine Kenntnisse, und daß von dem geringsten Phänomen bis zum größten nichts gründlich untersucht, oder poetisch dargestellt werde, ohne jene Höhe des Geistes, die das Ganze überschaut, indem sie das Einzelne beschreibt.
    Montesquieu sagt: der Geist bestehe darin, die Aehnlichkeit der verschiedenen, und die Verschiedenheit der ähnlichen Dinge zu kennen. Könnte es eine Theorie geben, welche ein Mann von Geist zu werden bahnte: so würde es die Theorie des Verstandes seyn, wie die Deutschen sie ausgefaßt haben; wenigstens begünstigt keine die sinnreiche Annäherungen zwischen den äußeren Gegenständen und den Fähigkeiten des Geistes in einem höheren Grade: denn dies sind Radien desselben Mittelpunkts. Die meisten physischen Axiome entsprechen den moralischen Wahrheiten, und die allgemeine Philosophie stellt auf tausendfache Weise die Natur in ihrer Einheit und Mannigfaltigkeit dar; die Natur, welche sich in jedem ihrer Werke immer ganz abspiegelt, und dem Grashalm das Gepräge des Universums in eben dem Maaße giebt, wie der Zeder.
    Diese Philosophie giebt für alle Arten von Studien einen besonderen Anreiz. Die Entdeckungen, die man in sich selbst macht, sind immer interessant; allein, wenn es wahr ist, daß sie uns selbst über die Geheimnisse der nach unserem Bilde geschaffenen Welt Aufschlüsse geben müssen: welche Neugier flößen sie dann nicht ein! Die Unterhaltung mit deutschen Philosophen, wie die, welche ich

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