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Ueber Deutschland

Titel: Ueber Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Germaine de Staël
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der Form.
    Das Ideale und das Reale nehmen in seiner Sprache die Stelle der Intelligenz und der Materie, der Einbildungskraft und der Erfahrung, ein, und in der Vereinigung dieser beiden Potenzen zu einer vollkommenen Harmonie, besteht, seiner Meinung nach, das einzige und absolute Princip des organisirten Universums. Diese Harmonie, von welcher die beiden Pole und das Centrum das Bild sind, und die in der Zahl drei, welche zu allen Zeiten geheimnißvoll war, eingeschlossen ist, gewährt dem Philosophen Schelling die sinnreichsten Anwendungen. Er glaubt sie wieder zu finden in den schönen Künsten, wie in der Natur, und seine Werke über die physischen Wissenschaften werden selbst von Gelehrten geschätzt, welche es nur mit Thatsachen und deren Resultaten zu thun haben wollen. In den Untersuchungen über die Seele sucht er zu beweisen, wie die Sensationen und die geistigen Begriffe sich in dem Gefühl vereinigen, welches seinerseits alles vereinbart, was in beiden unwillkührlich und reflectirt ist, und folglich das ganze Mysterium des Lebens enthält.
    Was in diesen Systemen am meisten anzieht, sind die Entwickelungen. Die erste Grundlage der vorgeblichen Erklärung der Welt ist in den meisten Theorieen gleich wahr und gleich salsch; denn alle sind enthalten in dem unermeßlichen Gedanken, den sie umfassen wollen. Aber in ihrer Anwendung aus die Dinge dieser Welt sind diese Theorieen sehr geistreich; zugleich verbreiten sie über mehrere besondere Gegenstände großes Licht.
    Schelling nähert sich, dies läßt sich nicht läugnen, sehr den Philosophen, die man Pantheisten nennt, d. h. denen, welche der Natur die Attribute der Gottheit beilegen. Was ihn aber unterscheidet, ist der ungemeine Scharfsinn, womit er die Wissenschaften und Künste mit seiner Lehre in Verbindung zu setzen gewußt hat; er unterweiset, er giebt in jeder seiner Beobachtungen zu denken, und die Tiefe seines Geistes setzt besonders dann in Erstaunen, wenn er sie nicht auf das Geheimniß des Universums anwenden will; denn niemand kann irgend eine Act von Ueberlegenheit erreichen, welche nicht zwischen Wesen derselben Gattung Statt finden könnte, wie weit sie auch von einander entfernt seyn mögen.
    Um inmitten dieser Vergötterung der Natur religiöse Ideen zu bewahren, nimmt die Schellingische Schule an, daß das Individuum in uns stirbt, daß aber die inneren Eigenschaften, die wir besitzen, in das große Ganze der ewigen Schöpfung zurücktreten. Diese Unsterblichkeit gleicht dem Tode auf eine furchtbare Weise; denn der physische Tod ist ja nichts, als die allgemeine Natur, die sich der Gaben wieder bemächtigt, womit sie das Individuum ausgestattet hatte.
    Schelling zieht aus seinem System sehr edle Folgerungen über, die Nothwendigkeit, in unserer Seele die unsterblichen Eigenschaften anzubauen, d. h. die, welche mit dem Universum in Verbindung stehen, und in uns selbst alles das verachten, was nur von den Umständen abhängt. Aber sind denn die Zuneigungen des Herzens und das Gewissen nicht an die Verhältnisse dieses Lebens geknüpft? In den meisten Lagen nehmen wir zwei ganz verschiedene Bewegungen in uns wahr, von welchen die eine uns an die allgemeine Ordnung knüpft, die andere uns auf unser persönliches Interesse zurückführt: das Gefühl der Pflicht und die Persönlichkeit. Die edelste von diesen beiden Bewegungen ist die allgemeine. Aber gerade weil wir einen Instinkt haben, der das Daseyn erhält, ist es schön, ihn aufzuopfern; gerade weil wir in uns selbst concentrirt sind, ist unsere Anziehung an das Ganze großmütig; gerade weil wir individuell und abgesondert existiren, können wir uns unter einander wählen und lieben. Was hätte es denn auf sich mit dieser abstrakten Unsterblichkeit, welche uns unserer liebsten Zurückerinnerungen als zufälliger Modifikationen beraubte?
    — „Ihr wollt also, sagt man in Deutschland, mit allen euren gegenwärtigen Umständen wieder aufleben, und als Baron und Graf von neuem geboren werden?"— Unstreitig, nein? aber wer sollte nicht wünschen, als Mutter und Tochter wieder aufzustehen, und wie würde man sein Ich wieder, finden, wenn man nicht dieselben Zuneigungen empfände? Die unbestimmten Ideen von Wiedervereinigung mit der Natur zerstören auf die Länge die Herrschaft der Religion über die Geister; denn die Religion wendet sich an Jeden ins Besondere. Die Vorsehung beschützt uns in allen Einzelnheiten unseres Schicksals; das Christenthum paßt sich allen Geistern an, und

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