Ueber Deutschland
Sammlung von s Zwei große allgemeine Ansichten dienen ihnen im Studium der Wissenschaften zu Führern. Die eine ist, daß das Universum nach dem Modell der menschlichen Seele gemacht ist; die andere, daß die Analogie eines jeden Theils des Universums mit dem Ganzen von einer solchen Beschaffenheit ist, daß dieselbe Idee sich von dem Ganzen beständig in jedem Theile, und so von jedem Theile in dem Ganzen abspiegelt.
Es ist ein schöner Gedanke, der darauf abzweckt, die Aehnlichkeit der Gesetze des menschlichen Geistes mit denen der Natur zu finden, und folglich die physische Welt als ein Bild in erhabener Arbeit von der moralischen betrachtet. Wenn dasselbe Genie im Stande gewesen wäre, die Iliade zu dichten und wie Phidias zu meiseln: so würde der Jupiter des Bildhauers dem des Dichters gleichen. Warum sollte also die höchste Intelligenz, welche die Natur und die Seele gebildet hat, nicht die eine zum Sinnbild der andern gemacht haben? Nicht ein eitles Spiel der Einbildungskraft sind die beständigen Metaphern, welche zur Vergleichung unserer Gefühle mit äußerlichen Erscheinungen dienen — der Traurigkeit mit dem wolkenbedeckten Himmel, der Ruhe mit den Silberstrahlen des Mondes, des Zorns mit den von Winden gepeitschten Fluthen: — es ist derselbe Gedanke des Schöpfers, der sich in zwei verschiedenen Sprachen ausdrückt, von welchen die eine zur Auslegung der andern dienen kann. Beinahe alle physische Axiome entsprechen moralischen Maximen. Diese Art von parallellem Gange zwischen der Welt und der Intelligenz ist der Anzeiger eines großen Mysteriums, und alle Geister würden davon betroffen seyn, wenn man dahin gelangte, positive Entdeckungen daraus zu ziehen. So schwach dieser Schimmer auch jetzt noch ist, so führt er doch die Blicke sehr weit.
Die Analogieen der verschiedenen Elemente der physischen Natur unter einander tragen nicht wenig zur Bestätigung des obersten Gesetzes der Schöpfung bei; ich meine die Mannigfaltigkeit in der Einheit und die Einheit in der Mannigfaltigkeit. Was ist erstaunlicher, als das Verhältniß der Töne zu den Gestalten, der Töne zu den Farben? Chladni, ein Deutscher, hat neuerlich die Erfahrung gemacht, daß die Schwingungen der Töne Sandkörner in Bewegung setzen, welche auf einer Glasscheibe vereinigt sind — und zwar so, daß, wenn die Töne rein sind, die Sandkörner sich zu regelmäßigen Gestalten vereinigen, und daß, wenn die Töne unrein sind, eben dies Sandkörner auf dem Glase Figuren ohne alle Symmetrie bilden. Der blind geborne Saundersont sagt: „er stelle sich die Scharlachfarbe wie Trompetenschall vor“, und ein Gelehrter hat für die Augen ein Clavier machen wollen, welches durch die Harmonie der Farben das Vergnügen, welches die Musik gewährt, nachahmen könnte. Ohne Unterlaß vergleichen wir die Malerei mit der Musik, die Musik mit der Malerei, weil die Rührungen, die wir empfinden, uns Analogieen enthüllen, wo die kalte Beobachtung nur Verschiedenheiten sehen würde. Jede Pflanze, jede Blüthe enthält das ganze Welt-System; ein Augenblick von Leben schließt die Ewigkeit in sich, un d so wie das schwächste Atom eine Welt ist: so ist die Welt vielleicht nur ein Atom. Jeder Theil des Universums erscheint als ein Spiegel, in welchem die ganze Schöpfung dargestellt ist, und man weiß zuletzt nicht, was mehr Bewunderung einflößt, der Gedanke, der immer derselbe ist, oder die Form, welche beständig wechselt.
Man kann die Gelehrten dieses Fachs in Deutschland in zwei Classen theilen, nemlich in die, welche sich ganz der Beobachtung widmen, und in die, welche Anspruch machen auf die Ehre, die Geheimnisse der Natur errathen zu haben. Unter den ersteren muß man vor allen Werner anführen, welcher in der Mineralogie die Kenntniß von der Bildung des Erdballs und von den Epochen ihrer Geschichte gefunden hat: Herschel und Schröter, welche unaufhörlich neue Entdeckungen im Gebiet des Himmels machen; berechnende Astronomen, wie Zach und Bode; große Chemiker, wie Klaproth
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