Ueber Deutschland
Anlagen bemerkten, und Tag und Nacht beschäftigt waren, Vorbilder einer edleren Natur zu schaffen. — Sie theilten sich gesellig in das große Werk, die einen suchten die verstummten und verlornen Töne in Luft und Wäldern zu erwecken, andere legten ihre Ahndungen und Bilder schönerer Geschlechter in Erz und Steine nieder, bauten schönere Felsen zu Wohnungen wieder, brachten die verborgenen Schätze aus den Grüften der Erde wieder an's Licht u.s.w. — — — Bald lernte die Natur wieder freundlichere Sitten, sie ward sanfter und erquicklicher und ließ sich willig zur Beförderung der menschlichen Wünsche finden. Allmählig fing ihr Herz wieder an, menschlich sich zu regen, ihre Fantasien wurden heiterer, sie ward wieder umgänglich und antwortete dem freundlichen Frager gern, und so scheint allmählich die alte goldne Zeit zurückzukommen u.s.w." .
Um die Natur zu kennen, muß man eins mit ihr werden. Ein poetisches und andachtvolles Leben, eine heilige und religiöse Seele, die ganze Kraft, die ganze Blüthe der Existenz, sind erforderlich, sie zu begreifen, und der ächte Beobachter ist der, welcher die Analogie dieser Natur mit dem Menschen, und die des Menschen mit dem Himmel faßt.
Schubert hat ein Buch über die Natur geschrieben, dessen Lectüre keinen Augenblick ermüdet, so voll ist es von Ideen, welche zum Nachdenken reizen; es füllt das Gemälde mit neuen Thatsachen, deren Verkettung unter neuen Beziehungen gedacht ist. Von seinem Werke bleiben zwei Haupt-Ideen zurück. Die Indier glaubten an eine herabsteigende Seelenwanderung, d. h. an die, welche die Seele der Menschen zum Durchgang durch die Thiere und die Pflanzen verdammt, um sie für den Misbrauch des Lebens zu bestrafen. Schwerlich kann man sich ein niederschlagenderes System denken, und die Werke der Indier haben das schmerzliche Gepräge desselben. Ueberall glaubt man in Thieren und Pflanzen den gefangenen Gedanken, das eingekerkerte Gefühl, zu sehen, wie sie sich abmatten, um die groben und stummen Formen, die sie einschließen, abzustreifen. Schuberts System ist tröstlicher. Er stellt sich die Natur als eine aufsteigende Seelenwanderung vor, in welcher von dem Steine bis zum menschlichen Daseyn ein fortgehendes Vorrücken Statt findet, wodurch das Lebensprincip von Stufe zu Stufe bis zur höchsten Vervolltommnung erhoben wird.
Auch Schubert glaubt, es habe Epochen gegeben, wo der Mensch ein so lebendiges und so zartes Gefühl für die vorhandenen Phänomene gehabt, daß er die verborgensten Geheimniße der Natur aus eigenen Eindrücken errathen habe. Diese ursprünglichen Fähigkeiten sind abgestumpft, und eine kränkliche Reizbarkeit der Nerven giebt, indem sie die Macht des Verstandes schwächt, dem Menschen den Instinkt zurück, den er ehemals mit dem vollsten Genuß seiner Kräfte verband. Die Werke der Philosophen, Gelehrten und Dichter in Deutschland haben den Zweck, die unfruchtbare Macht des Verstandes zu vermindern, ohne der Aufklärung in irgend etwas zu schaden. Und so kann die Einbildungskraft der alten Welt gleich dem Phönix aus der Asche aller Irrthümer wieder hervorgehen.
Die meisten Physiker haben, wie ich bereits bemerkt habe, die Natur wie eine gute Regierung darstellen wollen, in welcher alles nach weisen Administrations-Principien geschieht; aber vergeblich trägt man dies prosaische System auf die Schöpfung über. Weder das Furchtbare, noch das Schöne läßt sich durch diese beschränkte Theorie erklären, und die Natur ist abwechselnd allzu grausam und allzu prächtig, als daß man sie dem Calcul unterwerfen könnte, der in dem Urtheil über Dinge dieser Welt gestattet wird.
Es giebt Gegenstände, die in sich selbst scheußlich sind, und deren Eindruck auf uns unerklärlich bleibt, gewisse Thiergestalten, gewisse Pflanzenformen, gewisse Farbenverbindungen, empören unsere Sinne, ohne daß wir darüber Rechenschaft ablegen können; man möchte sagen, daß diese widrigen Umrisse, diese zurückstoßenden Bilder an Nieberträchtigkeit und Meineidigkeit erinnern, wiewohl in den Analogieen des Raisonnements nichts eine solche Ideen, Verknüpfung erklären saun. Die Physiognomie des Menschen hängt nicht, wie einige Schriftsteller behauptet haben, von der mehr oder minder ausgesprochenen Zeichnung der Züge ab; in den Blick und in die Bewegungen des Gesichts geht, ich weiß nicht, welcher Ausdruck des Gemüths über, der sich nicht verkennen läßt, und besonders in der menschlichen Gestalt lernt man das
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