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Ueber Deutschland

Titel: Ueber Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Germaine de Staël
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ihre Väter sie mitgebracht hatten, schrumpften ein und trockneten aus. Dessen ungeachtet würde Berlin eine bedeutende Herrschaft über den öffentlichen Geist in Deutschland gewonnen haben, wenn, ich wiederhole es, man nicht gegen die Verachtung, die Friedrich der deutschen Nation bewiesen, Empfindlichkeit im Herzen bewahret hätte!
    Philosophische Schriftsteller haben sich häufig Vorurtheile gegen Preussen erlaubt; sie nannten Preussen eine geräumige Caserne, und unter diesem Gesichtspunkte konnte es unmöglich Werth für sie haben; was in Preussen wahrhaft interessirt, ist die Aufklärung, das Gefühl des Rechts, der Geist der Unabhängigkeit, die man in einer Menge Menschen von allen Classen antrifft; noch waren aber diese schönen Eigenschaften nicht eng mit einander verbunden. Der neu zusammengesetzte Staat beruhete weder auf der Zeit, noch auf dem Volke.
    Die in Deutschland allgemein eingeführten erniedrigenden körperlichen Strafen im Militär, erstickten den Keim der Ehre im Herzen des Kriegers; alles, was im Kriegsstand zu Gewohnheit geworden, ist dem preußischen Kriegsgeiste eher nachtheilig als gedeihlich gewesen; diese Gewohnheiten beruhten auf alten Grundsätzen, die das Heer von der Nation trennten, da es in unsern Zeiten keine wahrhafte Kraft, als im Nationalcharacter, giebt. Dieser Character ist in Preussen edler und hochfliegender, als man es aus den letzten Ereignissen schließen sollte; und 
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der glühende Heldenmuth des unglücklichen Prinzen Louis läßt auf seine Waffenbrüder noch einige Stralen von Ruhm zurückfallen.
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  [Von der Censur gestrichen. Ich widerstand mehrere Tage, und kämpfte um die Erlaubniß, dem Prinzen Louis diesen Zoll der Achtung darbringen zu können. Ich stellte vor, der Ruhm der Franzosen gewönne dabei, wenn man der Tapferkeit der Ueberwundenen Gerechtigkeit widerfahren ließe; allein die Censoren fanden es bequemer, in dieser Hinsicht nichts zu erlauben].
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Achtzehntes Capitel. Die deutschen Universitäten.
    Das ganze nördliche Deutschland ist mit den gelehrtesten Universitäten Europa's übersäet. In keinem Lande, selbst in England nicht, giebt es so viel Mittel zum Unterricht, und zur Vervollkommnung seiner Geistesfähigkeiten. Woran liegt es denn, daß es der Nation an Vollkraft fehlt, und daß sie im Allgemeinen für schwerfällig und beschränkt gilt, ohngeachtet sich in ihr eine kleine Anzahl von Männern befindet, die vielleicht die geistreichsten in ganz Europa sind? Nicht der Erziehung, sondern der Natur der Regierungen ist dieser seltsame Contrast zuzuschreiben. Die intellectuelle Erziehung ist in Deutschland vortrefflich; aber sie wird in der Theorie vollendet. Die practische Erziehung hängt lediglich von der Geschäftsführung ab; nur durch das Handeln gewinnt der Character die nöthige Festigkeit, um sich in dem Lebenswandel zu leiten. Der Character ist ein Instinkt; aber obwohl er mehr der Natur als dem Geiste verwandt ist, so geben doch nur die Umstände dem Menschen Gelegenheit, ihn zu entwickeln. Die Regierungen sind die eigentlichen Erzieher der Völker; und die öffentliche Erziehung selbst, wie gut sie auch seyn möge, bildet wissenschaftliche Menschen, aber nicht Bürger, Krieger und Staatsmänner.
    In Deutschland reicht der philosophische Geist viel weiter, als in irgend einem andern Lande; nichts hält ihn auf, und selbst die Abwesenheit einer politischen Laufbahn, wie nachtheilig sie auch der Masse ist, giebt den Denkern um so mehr Freiheit. Aber eine unermeßliche Kluft trennt die Geister der ersten und der zweiten Ordnung, weil für Menschen, die sich nicht zur Höhe der umfassendsten Conceptionen erheben, weder ein Interesse, noch ein Gegenstand der Thätigkeit vorhanden ist. Wer sich in Deutschland nicht mit dem Universum befaßt, hat nichts zu thun.
    Die deutschen Universitäten haben einen alten Ruf, der um mehrere Jahrhunderte über die Reformation hinausreicht. Seit dieser Epoche verdienen die protestantischen Universitäten den Vorzug vor den katholischen, und aller literärischer Ruhm hängt in Deutschland mit diesen Institutionen zusammen. [Einen Abriß davon kann man in dem Werke finden, das Herr Villers über diesen Gegenstand bekannt gemacht hat. Man findet Herrn Villers immer an der Spitze edler und großherziger Ideen, und er scheint durch die Anmuth seines Geistes und die Tiefe seiner Studien berufen, Frankreich in Deutschland, und Deutschland in Frankreich zu repräsentiren.]   Die

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