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Ueber Deutschland

Titel: Ueber Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Germaine de Staël
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Unermeßliche, das sie zu umfassen strebt.
    Es ist schwer, aus seinen religiösen Oden einen oder den andern Vers auszuwählen, der sich wie ein abgerissener Satz wiederholen ließe. Die Schönheit dieser Gedichte besteht in dem allgemeinen Eindruck, den sie machen. Würde man von einem, der das Meer betrachtet, diese immer bewegte, und immer unerschöpfte Unermeßlichkeit, diese Unermeßlichkeit, die die Idee aller Zeiten in einem Augenblick vergegenwärtigt, die Idee aller Folgereihen in eine Gleichzeitigkeit verwandelt; würde man von einem solchen wohl fordern, daß er, Welle für Welle, herrechne, welch ein Vergnügen er empfinde, wenn er am Ufer sinnend steht? Eben so verhält es sich mit den durch die Poesie verschönerten religiösen Meditationen; sie verdienen Bewunderung, wenn sie uns begeistern, wenn man sich besser fühlt, nachdem man sich damit durchdrungen: das ist das ganze literarische Urtheil über solche Werke.
    Unter Klopstocks Oden verdienen die, welche die französische Revolution zum Gegenstande haben, gar keiner Erwähnung: die Gegenwart giebt den Dichtern immer eine schlechte Begeisterung, aus der Ferne von Jahrhunderten ist ihr Standpunkt um richtig zu urtheilen, und selbst um schön zu mahlen; was aber Klopstock große Ehre macht, sind seine Bemühungen, den Patriotismus der Deutschen zu beleben. Zu den für diesen ehrwürdigen Zweck verfertigten Gedichten gehört nachstehender Gesang der Barden bei Hermanns Tod, der von deutschen, seine Thaten und seine Macht beneidenden, Fürsten ermordet ward.
W. Auf diesem Steine der alternden Moose
    Wollen wir sitzen, o Barden, und ihn singen.
    Keiner tret' hervor, und blick hinab über das Gesträuch,
    Das ihn verdeckt den edelsten Sohn des Vaterlands.

    Denn dort liegt er in seinem Blut,
    Er selbst da der geheime Schrecken Roms,
    Da sie mit Kriegestanz und Flötenspiel des Triumphs
    Seine Thusnelda führten.

    Blickt nicht hin; ihr weintet,
    Sähet ihr ihn in seinem Blute liegen!
    Und nicht Thränen soll die Telyn tönen;
    Sie soll den Unsterblichen singen!

    K. Hell ist noch mein Jünglingshaar,
    Umgürtet ward ich heut mit dem ersten Schwert,
    Gewaffnet das erstemal mit der Lanz' und der Telyn;
    Und ich soll Hermann singen?

    Fodert nicht zu viel von dem Jüngling, Väter!
    Ich muß mit der goldenen Locke zuvor
    Trocknen meine heiße Wange,
    Eh' ich singe den größten der Söhne Mana's.

    D. Thränen wein' ich der Wuth!
    Und will sie nicht trocknen!
    Fließt, fließt die glühende Wang' herab,
    Thränen der Wuth!

    Sie sind nicht stumm. Du vernimmst, was sie rauschen!
    Fluch ists! höre sie, Hela!
    Keiner der Verräther des Vaterlands, die ihn tödteten,
    Sterb' in der Schlacht!

    W. Sehet ihr den Waldstrom stürzen
    Herunter in der Felsenkluft?
    Stürzen mit ihm gewälzte Tannen
    Zu Hermanns Todtenfeuer?

    Bald ist er Staub, und ruhet
    Im Gefäß der Begräbnisse,
    Und in dem heiligen Staube das Schwert,
    Bei dem er Untergang dem Eroberer schwur!

    Weil', o du des Getödteten Geist!
    Auf deinem Wege zu Siegmar,
    Und höre, wie heiß von dir das Herz
    Deines Volkes ist!

    K. Verschweigts Thusnelda, verschweigts,
    Daß hier in Blut ihr Hermann liegt!
    Sagts dem edlen Weibe, der unglückseligen Mutter nicht,
    Daß ihres Thumeliko Vater hier im Blute liegt!

    Ihr nicht, die schon vor des stolzen Triumphs
    Fürchterlichem Wagen in der Fessel ging!
    Du hast ein Römerherz,
    Der das der Unglückseligen sagen kann!

    D. Und welcher Vater zeugte dich,
    Unglückselige! Segestes auch
    Röthet' in der finstern späten Rache sein Schwert!
    Flucht ihm nicht! ihm hat schon Hela geflucht!

    W. Laßt den Namen Segest den Gesang nicht nennen!
    Weihet ihn schweigend der Vergessenheit,
    Daß über seiner Asche sie
    Ruhe mit schwerem Fittig! 

    Die Saite, die den Namen
    Hermanns bebt, wird entehrt,
    Wenn sie auch nur mit Einem Zornlaut
    Verurtheilt den Verräther!

    Hermann! Hermann! singen dem Wiederhall,
    Dem geheimen Graun des Hains, den Liebling der Edelsten!
    Die Barden in vollem Chor, den Führer der Kühnsten,
    In vollem Chor, den Befreier des Vaterlands!

    Schwester Kannä's! Winfelds Schlacht!
    Ich sah dich mit wehendem blutigen Haar,
    Mit dem Flammenblick der Vertilgung,
    Unter die Harfen Walhalla's schweben!

    Verbergen wollte Drusus Sohn
    Dein Vergängliches Denkmal:
    Der Ueberwund'nen weißes Gebein
    In dem öden Todesthal!

    Wir duldeten es nicht, und stäubten den Hügel weg!
    Denn auch dieses Maal sollte Zeuge der großen Tage seyn,
    Und hören bei

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