Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ueber die Liebe und den Hass

Ueber die Liebe und den Hass

Titel: Ueber die Liebe und den Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachida Lamrabet
Vom Netzwerk:
Schlüssel holen. Das Herz schlug mir bis zum Hals.
    Die Fahrt verlief schweigsam. Auf der Polizeiwache wurde ich in ein leeres Büro gebracht. Dort befanden sich nur ein Tisch und vier Stühle. Ich durfte mich setzen, während sie sich mir gegenüber niederließen.
    »Haben Sie während der vergangenen drei Monate das Ausland besucht?«
    Ich überlegte und versuchte, mit aller Macht zu verdrängen, dass ich im vergangenen Monat tatsächlich ein paarmal zum Coffeeshop Bagdad in die Niederlande gefahren war, gemeinsam mit Hafid und Redouan, um Shit zu besorgen.
    »Nicht dass ich wüsste.«
    »Nie in Bagdad gewesen?«
    Sie wussten alles.
    Ich würde gehängt werden. Das Zeug mit dieser exzellenten Qualität war längst aufgeraucht. Ich sollte sie darauf hinweisen, dass es zum eigenen Gebrauch gewesen war.
    »Ja, also gut, ein einziges Mal, weil meine Freunde mich dorthin mitgenommen haben.« Ich unterschlug, dass es eigentlich meine Idee gewesen war.
    Die beiden Polizisten sahen sich an.
    »Eine Gruppe«, sagte der eine. »Interessant«, antwortete der andere.
    »Wann warst du dort?«
    »Ich weiß nicht, vielleicht vor einem Monat oder so?«
    »Wie seid ihr dorthin gereist?«
    »Mit dem Auto.«
    Wieder sahen sich die beiden bedeutungsvoll an.
    »Hattet ihr Waffen bei euch?«
    Die Typen waren echt gut! Hafid hatte immer eine Schreckschusspistole in seinem Wagen.
    Dann fiel der Groschen. Na klar, sie hatten Hafid. Und wahrscheinlich hockte Redouan hier auch irgendwo. Ich war der Letzte vom Trio.
    »Haben Sie die anderen auch geschnappt?«
    Die beiden schoben ihre Stühle näher heran. Einer fragte mit verschwörerischer Stimme: »Meinst du damit die belgische Hisbollah-Organisation?«
    »Die was?«
    »Du brauchst dich jetzt nicht dumm zu stellen, und führ uns ja nicht an der Nase herum. Du hältst dich wohl für besonders schlau, was?«
    Ihr Ton wurde aggressiver.
    »Wann bist du zum Schiismus übergetreten?«
    »Wer ist der Kopf der Hisbollah Belgien?«
    »Mit wem hast du den Anschlag auf das Opferfest vorbereitet? Hast du Verbündete bei der Stadt?«
    Mir schwirrte der Kopf. Internetfreundschaften handelten einem nur Schwierigkeiten ein.
    Zwei Stunden lang versuchte ich ihnen zu erklären, wie sich die Sache verhielt. Dann zogen sie sich für eine halbe Stunde in ein anderes Zimmer zurück, um über mein Schicksal zu beratschlagen.
    Schließlich durfte ich dann gehen. Aber sie drohten mir, mich genau im Auge zu behalten.
    Ich hatte Hafid angerufen, damit er mich abholte, und wie immer würde auch Redouan auf dem Beifahrersitz hocken, als wäre er als Bestandteil von Hafids Wagen mitgeliefert worden.
    »Was war denn das?«, fragte Hafid, als ich einstieg.
    »Ach, nichts weiter. Die haben geglaubt, ich würde zu einer terroristischen Bande gehören, die einen Anschlag auf das Schlachthaus während des Opferfestes geplant hat.«
    »Hör doch auf!«
    Als wir in meine Straße einbogen, sah ich gerade noch meinen Vater, wie er im Eilschritt in die Richtung meiner Wohnung ging. Es war zu spät, mich noch schnell zu ducken, er hatte mich bereits erblickt. Ich grüßte mit der Hand. Mit einer knappen Geste gab er mir zu verstehen, dass ich sofort auszusteigen hatte und zu ihm kommen sollte. Meine Freunde kapierten, dass es sich hier um ein intimes Vater-Sohn-Problem handelte. Sie fuhren mit quietschenden Reifen davon, nachdem ich widerwillig ausgestiegen war und die Autotür hinter mir zugeschlagen hatte.
    » Salam , Vater.«
    »Seit wann sind wir Schiiten? Waren unsere Vorfahren Schiiten?«
    Bevor ich eine Gelegenheit bekam, etwas darauf zu erwidern, schob mein Vater mich bereits ungehalten vor sich her, auf den Weg nach Hause. Das war sein Territorium, und dort galten seine Regeln. Hier würde er mit mir also ein ernstes Wörtchen reden, über das Ändern der islamischen Haltung und über meine wiederholte verpasste Chance.
    Ich lächelte. Trotz allem würde ich heute Nacht wunderbar schlafen können.

Bunicâlis, ein Kurzfilm
    Petru wartete geduldig. Die Badezimmerfliesen fühlten sich kalt an unter seinen Füßen, die inzwischen zu bleichen Eisklumpen geworden waren. Aber er dachte nicht daran, wieder hinauszugehen, sich warme Socken anzuziehen und sich vor den Ofen im Wohnzimmer zu hocken.
    Die ganze Zeit über behielt er einen Riss in den Badezimmerkacheln im Auge. »Seid ihr da?«, flüsterte er und fixierte hoffnungsvoll den Sprung.
    Die Wand blieb, was sie war, eine gekachelte Wand und sonst nichts.
    Er suchte nach

Weitere Kostenlose Bücher