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Ueber die Verhaeltnisse

Ueber die Verhaeltnisse

Titel: Ueber die Verhaeltnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Frischmuth
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ein junger Liebhaber. Sie hat nicht gehört, wann Frô zurückgekommen ist.

    Der junge Mann ist ganz klamm von all der Betroffenheit, die er ständig äußern muß. Sein Mund spreizt sich wie das Loch einer Leghenne, die keinen Kalk mehr für die Eier hat, die sie auf Schritt und Tritt fallen lassen muß.
    Daß die wirtschaftliche Realität sich erlaubt hat, ihn der Unwissenheit zu zeihen, stürzt ihn womöglich in ein Presse-Tief, und so joggt er von Interview zu Interview, um sich den Bonus zu erhalten.
    Schlechte Zeiten für die Liebe. Aber Mela ist Frau genug, gelegentlich als Korrepetitor auszuhelfen. Nicht nur, was er den anderen zu sagen hat, sondern auch die rettenden kleinen Zynismen, mit denen er sich selber die Lage erklärt, ertönen von ihrem Bettrand, als nächtliche Einstudierung für die tägliche Begegnung mit der hinterfotzigen Welt. Und wie ein Varietékünstler das weiße Kaninchen mit den roten Glitzeraugen zieht er verschiedene Zeitungsartikel aus den Geheimtaschen seines Rockes. »Da schau«, und er schnalzt das Druckgeschwärzte auf Melas himmelblaue Seidensteppdecke. »Dieses Land leidet doch an Entzugserscheinungen, wenn es nicht Woche für Woche mit einem neuen Skandal gefüttert wird.«
    Mela versucht nach längerem Überlegen, ihm die Möglichkeit eines Aufstands vor Augen zu führen.
    »Daß ich nicht lache. Einen Aufstand gibt es höchstens dann, wenn nichts mehr passiert. Solange es um diese phantastischen Summen geht, unter denen sich ohnehin niemand was vorstellen kann, delektieren sich die Leute an der Gewitztheit derer, denen es gelingt, diese Zahlen für sich zu schreiben. Reine Stellvertretermentalität. Solange es den Zampanos gelingt, so viel wegzustecken, muß schließlich auch was da sein. Die Zahlen aber klingen so exotisch wie die Seychellen. Nimm den Leuten still und leise ihr Weihnachtsgeld weg, dann hast du vielleicht deinen Aufstand, aber sonst – lächerlich.«
    Mela gibt sich vor so viel krasser Zuversicht geschlagen und fragt, was der junge Mann überhaupt zu tun gedenke.
    »Alles, nur nicht zurücktreten. Ich kann mich nicht auch einfach austauschen lassen. Als ob es das bringt. Wenn schon austauschen, dann am besten das Volk, wie der marxistische Dichter ganz richtig sagte.« Und nach kleinen Sarkasmen dieser Art fühlt der junge Mann sich gleich besser. Übrigens muß er schon weg, weil er sich noch um zwei Uhr früh mit jemandem trifft, der einen ganz heißen Tip hat für die nächste Bescherung. Es wird also nichts mit den Entzugserscheinungen.

    »Dieses Land«, sagt einer der Gäste, der seinen Stammplatz in der Nähe der Theke hat – ein Hofrat aus einem der umliegenden Ministerien –, »das seit vierzig Jahren damit beschäftigt ist, sich seine Einmaligkeit zu bestätigen, ist auf einmal in der Zwangslage, sich ins Allgemeine der Weltlage flüchten zu müssen. Schön haben wir abgewirtschaftet mit unserem Sonderstatus. Und das einzige, was uns von der Einmaligkeit geblieben ist, ist die bevorzugte Behandlung dieser Pfusch-Arrestokraten.«
    Die Umsitzenden, soweit sie als Volk gelten können beziehungsweiseals dessen beamtete Sachwalter, sondern zustimmendes Grollen ab. »Einsperren«, meint einer lakonisch, als würde er »Mahlzeit!« sagen, aber auch darauf ist sich schwer einigen.
    »Bei uns sitzen schon viel mehr als anderswo, was das kostet. Sogar einsperren kannst du sie nur zu Lasten der Steuerzahler«, gibt sein Nachbar zu bedenken.
    Vom Nebentisch beugt sich jemand herüber. »Das ist doch völlig wurscht. Die Welt steht sowieso nicht mehr lang. Gauner gibt es überall. Unsere nehmen nur, aber schau woanders hin. Ein falscher Knopfdruck und es war einmal …«
    »Ich bitte dich«, ärgert sich der Hofrat, »du mit deinem komischen Weltuntergang. Ausgerechnet von dir wird er sich prophezeien lassen. Auf so einen Weltuntergang kann ich verzichten. Da ist mir die ganze Sauerei ja noch lieber, die richtet sich wenigstens nach keiner von deinen Prognosen. Denk an deinen letzten Grundwasserbescheid. Wenn du den rechtzeitig abgegeben hättest, gäbe es jetzt schon die nächste Sintflut.«
    »Selffulfilling prophecy«, murmelt der Mahlzeit-Mensch.
    »Die ewige Streiterei.« Der andere beugt sich zu seinem Tisch zurück. »Wie wenn es auf irgend so einen Bescheid noch ankäme. Die machen sowieso, was sie wollen. Und dafür soll ich mich noch hetzen lassen? Nein dankschön.«
    »Ein Glück, daß du pragmatisiert bist«, meint der Hofrat zynisch.
    »Und ihr

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