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Über Himmel und Erde: Jorge Bergoglio im Gespräch mit dem Rabbiner Abraham Skorka - Das persönliche Credo des neuen Papstes (German Edition)

Über Himmel und Erde: Jorge Bergoglio im Gespräch mit dem Rabbiner Abraham Skorka - Das persönliche Credo des neuen Papstes (German Edition)

Titel: Über Himmel und Erde: Jorge Bergoglio im Gespräch mit dem Rabbiner Abraham Skorka - Das persönliche Credo des neuen Papstes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge (Papst Franziskus) Bergoglio , Abraham Skorka
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den Anschlag auf den Chef der Bundespolizei Ramón Falcón verübte. Schließlich schlossen sich auch viele Juden dem Kampf gegen den Nationalsozialismus an. Ich spreche hier von der jüdischen Kultur im Allgemeinen, denn wie Sie wissen, ist das Judentum eine Weltanschauung, ein Wertesystem, das heißt, nicht alle Juden sind religiös. Zur damaligen Zeit waren der kulturelle Antrieb die Ideen, die die Einwanderer aus Europa mitbrachten, wo sie sich politisch organisiert hatten. Wir sprechen von den 1920er und 1930er Jahren, als es eine starke zionistische Strömung gab, die die sozialistischen Ideen ins Land der Väter tragen wollte. Es gab aber auch eine andere Strömung, die Bundisten etwa, die ebenfalls sozialistisch geprägt waren, aber für eine Internationalisierung des jüdischen Volkes eintraten. Jedenfalls brachten beide Strömungen sozialistisches Gedankengut in die argentinische Politik ein. Was Perón und sein Verhältnis zum Judentum angeht, muss vieles noch näher untersucht werden. Feststellen lässt sich schon einmal, dass er einerseits viele Nazis ins Land ließ, Wissenschaftler wie Mörder, aber andererseits 1949 den Staat Israel anerkannte und ein gutes Verhältnis zur jüdischen Gemeinschaft suchte. Amram Blum, der Rabbiner, der der Großen Synagoge in der Pasostraße vorstand, war ein enger Vertrauter Peróns. Damals wurde auch die Organización Israelita Argentina gegründet, die sich sehr stark mit dem Peronismus identifizierte. Die DAIA wiederum hielt sich eher fern von Perón. Es war das einzige Mal, dass es innerhalb der jüdischen Gemeinschaft zu einer Spaltung kam. Man darf nicht vergessen, dass die 1930er und 1940er Jahre für Juden eine harte Zeit waren. Die Kirche predigte damals von der Kanzel herab gegen unsere Gemeinschaft. Innerhalb der Kirche hatten – anders als heute – nationalistische und antisemitische Gruppierungen das Sagen.
    Bergoglio : Es war eine Hochzeit des Nationalismus, der das Katholische auf ungerechte Weise vereinnahmte. Heute gibt es auch Zeitschriften, die von Ultranationalisten herausgegeben werden und in denen man mich der Häresie beschuldigt, weil ich einen Dialog mit anderen Gruppierungen führe. Aber ich möchte die soziale Dimension, die die europäischen Juden mitbrachten, mit einer Anekdote unterstreichen: Eines Tages kam ein alter Mann zu mir. Er stellte sich vor und sagte, er käme, um im Namen der Rentner mit mir zu sprechen. Es war Don Julio Liberman, der ehemalige Vorsitzende des Nähergremiums aus der Zeit von Perón. Er war Kommunist, Argentinier, der Sohn polnischer Eltern. Als kleiner Junge war er nach Polen zurückgekehrt, kam jedoch hierher zurück, um den Militärdienst zu leisten, und blieb dann. Wir begannen zu reden, und er war mir sehr sympathisch, vor allem hatte er eine großartige Haltung; immer wieder trafen wir uns zum Gespräch. Einmal sagte er mir, er wolle ehrlich mit mir sein, er sei nicht gläubig. Er gehörte dieser Gruppe sozialistischer Juden an, die Sie erwähnt haben. Er war 92 Jahre alt. Und ein kämpferischer Jude, derart, dass er, als er sein Gremium aus Altersgründen verließ, weiter für die Rentner eintrat. Der soziale Kampf, den diese sozialistischen Juden mitbrachten, hat viel Gutes getan, er rüttelte das soziale Gewissen der Argentinier auf. Ich vermute, dass die meisten nicht gläubig waren, wie Don Julio es mir sagte.
    Skorka : Nein, das waren sie wohl nicht. Aber es ist extrem schwierig, genau zu unterscheiden, wo der Glaube aufhört und die Ideologie beginnt. Man könnte natürlich sagen, dass all diese Juden deshalb Sozialisten waren, weil sie aus einfachen Verhältnissen stammten, weil sie am eigenen Leib gespürt haben, was soziale Ungerechtigkeit ist und was es heißt, bedürftig zu sein. Andererseits gab es auch Menschen, die unter denselben Bedingungen aufwuchsen und keine Sozialisten wurden. Gleichzeitig frage ich mich, inwieweit bei denen, die mit Gott im Zwist lagen, nicht doch die sozialistischen Ideen der Bibel eine Rolle gespielt haben, die Aufrufe der Propheten wie Amos, Jeremia und Jesaja, im Namen Gottes für mehr soziale Gerechtigkeit zu sorgen. Und ich frage mich auch, ob sie tatsächlich mit Gott im Zwist lagen oder nicht vielmehr mit den religiösen Strukturen.
    Bergoglio : Ganz genau, im Fall der Sozialisten mit katholischen Wurzeln, die sich von der Religion abwandten und für die sozialen Rechte kämpften, gab es im Allgemeinen Konflikte mit der religiösen Struktur, mit Formen, den

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