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Über jeden Verdacht erhaben

Über jeden Verdacht erhaben

Titel: Über jeden Verdacht erhaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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dem Tod seiner Mutter immer noch am Leben gewesen sei; er habe noch schwache Lebenszeichen von sich gegeben, als…
    Carl überführte Tessies und Ian Carlos’ Geldmittel in Tessies Stiftung in San Diego, mit der mexikanische Einwanderer unterstützt und gefördert werden sollten. Dann brachte er über eine Bank in Luxemburg mehr als die Hälfte seiner eigenen Guthaben in die Stiftung ein. Es war, als wollte er ebenfalls sein Haus bestellen und alle Dinge ordnen. Und in diesem Moment rief man ihn nach Rosenbad, wo er Lars Kjellsson treffen sollte.
    Der Vorschlag, neuer Säpo-Chef zu werden, war so erstaunlich, daß er einen üblen Scherz vermutet hätte, wenn seine persönliche Lage alle Scherze dieser Art nicht unmöglich gemacht hätte.
    Zunächst brachte er kein Wort hervor, da in seinem Kopf totaler Stillstand herrschte. Doch als ein etwas gequält dreinblickender Lars Kjellsson seinen Vorschlag dargelegt hatte, fand Carl ihn ansprechend, sowohl in dem Teil, den man ihm mit klaren Worten serviert hatte, als auch dem zweiten Teil, der ihm in rücksichtsvoll gedrechselten Wendungen geboten wurde.
    Die rein sachlichen Argumente waren einfach. Bisher war es unmöglich gewesen, die Säpo zu kontrollieren, weil die dortigen Kommissare in einer eigenen Kultur lebten und es ihnen schwerfiel, Beamte zu respektieren, die etwa Generalreichsanwälte gewesen waren und ihre Beamtenlaufbahn als Säpo-Chef beendeten. Mit anderen Personen, die den Anspruch erhoben, hartgesottene Bullen zu sein, die mit dem Fahrrad zur Arbeit fuhren und dabei Lederkleidung trugen, war es ebenfalls nicht gegangen, denn diese Männer waren eben niemals hartgesottene Bullen gewesen, sondern hatten sich ausschließlich ihrer Chefkarriere gewidmet. Folglich hatten sie von ihrem neuen Job keine Ahnung; das war das besondere schwedische Chef-Modell, das Lars Kjellsson »das Phänomen« nannte.
    Folglich war es Ingvar Persson (Carl Bildt zu seiner Zeit vermutlich auch nicht) nie gelungen, eine Kontrolle über die Arbeit der Säpo oder auch nur gediegene Kenntnisse über sie zu gewinnen, da die Chefs von ihren Untergebenen eher hinters Licht geführt als mit korrekten Unterlagen für Vorträge in der Kanzlei des Ministerpräsidenten versehen wurden.
    So sah das in sachlicher Hinsicht logische Argument aus. Lars Kjellsson und der Ministerpräsident waren zu dem Ergebnis gekommen, daß die Neigung der Kommissare, den Chef hinters Licht zu führen, ein abruptes Ende finden konnte, wenn ein gewisser Hamilton Chef wurde.
    Der Teil des Vorschlags, der in eher gewundenen Formulierungen vorgetragen wurde, betraf Carls persönliches Leben und die Frage, ob man es nicht doch trotz allem als recht sinnvolle Aufgabe sehen könne, sich dem Kampf gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität zu widmen, weil… nun ja, wenn man daran denke, daß Carl möglicherweise ein starkes persönliches Engagement empfinden könne, wenn man ihn mit dieser Aufgabe betraue, oder wie man das ausdrücken könne. Und so weiter.
    Carl hatte nur kurz genickt und gesagt, er werde sich das Angebot vierundzwanzig Stunden überlegen. Dann war er sofort nach Hause gefahren und hatte den Alten angerufen.
    Wäre die Situation anders gewesen, hätte der Alte gelacht. So empfand es Carl jedenfalls, als er den Vorschlag der neuen Regierung kurz erläutert hatte. Doch dann ließ sich der Alte viel Zeit und überlegte laut in den Gegensatzpaaren, die für seine Art zu denken typisch waren. Im Affenhaus auf Kungsholmen zu landen, das müsse ein guter Offizier natürlich als so etwas wie den ersten Schritt in den Trichter von Dantes Inferno betrachten. Andererseits sei die Säpo jedoch sachlich gesehen eine außerordentlich wichtige Institution in der Gesellschaft, überdies eine Einrichtung, die, genau wie Kjellsson gesagt habe, schon lange führungslos dahintreibe. Wenn man das Affenhaus in einen normalen Sicherheitsdienst normalen westlichen Standards verwandeln könne, dürfe man diesen Einsatz für die Gesellschaft nicht unterschätzen.
    Einerseits würde Carl eine direkte operative Verantwortung für die Bekämpfung des Terrorismus und die organisierte Kriminalität aus dem Ausland erhalten, andererseits war sein persönlicher Haß, den er einfach empfinden mußte und über den schon so viel gesprochen worden war, ebensosehr ein Vorteil wie ein Nachteil. Und daß dieser Job großen Fleiß erforderte, lag auf der Hand.
    In welchem anderen Job würde Carl rein persönlich in den nächsten Jahren

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