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Über jeden Verdacht erhaben

Über jeden Verdacht erhaben

Titel: Über jeden Verdacht erhaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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zwar sind sie nordafrikanischer Herkunft, und in Deutschland, dort überwiegend Türken. In Schweden können wir mit etwa zweihunderttausend Personen rechnen, was den Islam zur zweitgrößten Religion im Lande macht. Wir haben beispielsweise erheblich weniger Anhänger des mosaischen Glaubens und Katholiken.
    Unter den Moslems macht die iranische Gruppe mit gut dreißigtausend Personen die größte Einheit aus. Die überwältigende Mehrzahl dieser Iraner ist jedoch nach dem Sturz des Schah-Regimes nach Schweden gekommen. Sie waren also Flüchtlinge, die mit dem iranischen Gottesstaat nichts zu tun haben wollten. Sie sind folglich überzeugte Gegner der fundamentalistischen Ideen des jetzt herrschenden Regimes über die Sünde, Frauen, Gotteslästerung, Terror gegen den weißen Satan und ähnliches.
    Und etwa genauso verhält es sich mit jeder größeren Gruppe, die wir aufgrund mehr oder weniger guter Kriterien als ›moslemisch‹ definieren können.
    Es ist daher nur logisch, daß es in Schweden zu keiner meßbaren Terroristentätigkeit oder anderer politischer Gewalt mit ›moslemischem‹ Hintergrund gekommen ist. Aus dieser einfachen Tatsache müßten wir operative Schlußfolgerungen ziehen. Konkret bedeutet dies, daß wir bei der Säpo eine ganze Abteilung umorganisiert haben. Diese hat sich zuvor aus außerordentlich eigenartigen Gründen mit ›Terroristentätigkeit mit islamischem Hintergrund‹ beschäftigt. Das hat bei uns inzwischen zu einiger Personalverringerung, aber auch einem personellen Umbau geführt, da wir mehr Leute für realistische Aufgaben abgestellt haben. Einige Leute beschäftigten sich jetzt mit der Frage. Sie sind vor allem darauf eingestellt, in Zusammenarbeit mit französischen Kollegen bestimmte Algerier im Auge zu behalten. Es gibt da einige, die in Europa herumreisen und entweder der algerischen Militärdiktatur oder der fundamentalistischen Opposition zuarbeiten. Und die Fundamentalisten sind ja dafür bekannt, daß sie vor Terroranschlägen im eigenen Land nicht zurückschrecken. Hingegen fällt es mir schwer zu erkennen, was sie durch entsprechende Aktionen in Schweden erreichen könnten.
    Der Grund dafür, daß diese Ausrichtung der Sicherheitspolizei grundlegend überdacht werden mußte, der Anlaß dazu, daß wir uns überhaupt mit diesen etwas eigenartigen Aufgaben beschäftigt haben und das auch noch mit erheblichen Mitteln, war schlicht und einfach die Tatsache, daß amerikanische Kollegen sich in den Kopf gesetzt haben, daß der Islam der neue Hauptfeind der Welt ist. Selbst wenn diese Einstellung für einige republikanische Senatoren in den USA politisch korrekt aussehen mag, ist sie in Schweden operativ sinnlos.
    Dies sind in aller Kürze die Veränderungen der jüngsten Zeit beim schwedischen Sicherheitsdienst. Wenn es dazu Fragen gibt, werde ich sie natürlich beantworten, so gut ich kann.«
    Er hatte genau zwanzig Minuten gesprochen, die Zeit, die ihm der Staatssekretär am Telefon vorgeschlagen hatte. Er konnte nicht beurteilen, wie die Anwesenden seine Darlegungen aufgenommen hatten, ob sie ihnen gefallen oder nicht gefallen hatten. Sie hatten sich jedoch recht viele Notizen gemacht.
    »Wenn ich anfangen darf«, sagte einer der Abteilungsleiter und reckte einen Bleistift hoch. »Das wirft ja eine ganze Menge Fragen auf. Ich meine, das steht ja alles in krassem Widerspruch zu… dem, was wir uns vielleicht vorgestellt haben. Können Sie wirklich garantieren, daß der moslemische Terror für Schweden keinerlei Bedrohung darstellt?«
    »Natürlich nicht«, erwiderte Carl. »Ebensowenig wie wir garantieren können, daß es bei uns zu keinem jüdischen Terror kommt. Vereinzelte Verrückte gibt es in allen Lagern. Wir haben neulich eine Person in Malmö des Landes verwiesen, die französischen Angaben zufolge versucht hat, Terrorzellen in Europa zu organisieren. Es lassen sich auch Attentate gegen irgendeinen Verleger oder Übersetzer denken, der den Iran besonders gereizt hat. Na ja, Sie wissen schon, was ich damit meine. Aber auch das müssen wir gegebenenfalls als vereinzelte Initiative betrachten. Die Pointe der Analyse besteht darin, daß es keine kollektive moslemische Bedrohung unseres Staates gibt, weder von außen, etwa von Staaten wie Iran oder Algerien, noch von Gruppen wie dem Jihad. Aber auch auf hiesigem Boden sehe ich keine solche Bedrohung.«
    »Wie sieht die derzeitige Bedrohung aus?« fragte der Staatssekretär.
    »Russische Spione mit

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