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Über jeden Verdacht erhaben

Über jeden Verdacht erhaben

Titel: Über jeden Verdacht erhaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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militärischtechnischer, möglicherweise auch ökonomischer Ausrichtung«, erwiderte Carl schnell.
    »Auf diesem Gebiet scheint im Augenblick business as usual zu herrschen. Das ist die Beurteilung meines Vorgängers, und bislang habe ich noch nichts gefunden, was darauf hindeutet, daß diese Analyse falsch sein könnte. Danach kommt nichts, dann noch mal nichts, und dann erst kommen die Skinheads.«
    »Sind die nicht eine Aufgabe für die normale Polizei?« warf die Justizministerin abrupt ein. Carl hatte das Gefühl, daß sie ihm irgendwie ans Leder und auf die Finger klopfen wollte.
    »Das kommt darauf an«, begann er langsam und konzentriert.
    »Sofern sie im Zusammenhang mit ihren nächtlichen Saufereien auf den Straßen Stockholms Verbrechen begehen, sind sie natürlich eine unmittelbare Aufgabe für die normale Polizei. Wenn sie sich aber bewaffnen und Aktionen gegen Einwanderer planen, möchte ich schon behaupten, daß sie damit für uns bei der Säpo zu einer strategischen Frage werden.«
    »Haben Sie Ihr Vorgehen angesichts dieses Problems irgendwie geändert?« fragte einer der Abteilungsleiter.
    »Ja, in gewisser Weise«, sagte Carl vorsichtig. Er wollte nicht offen sagen, was er von dem hielt, was er bei seinem Amtsantritt vorgefunden hatte. »Wir haben die äußere Fahndung verringert und unsere Einsätze bei der inneren Fahndung verstärkt.«
    »Verzeihung, aber was bedeutet das ganz konkret?« fragte die Justizministerin schnell und deutlich ironisch. Zumindest glaubte Carl, Ironie herauszuhören.
    »Das bedeutet, daß wir uns nicht mehr so oft an sie anschleichen, sondern mehr Gewicht darauf legen, uns ihre sämtlichen Schriften zu besorgen, zu lesen, was sie planen und womit sie herumstolzieren. Das alles speichern wir in einem jetzt schnell wachsenden Arbeitsregister, in dem auch alle Aktivisten verzeichnet sind«, entgegnete Carl fast aggressiv.
    Zu seinem Erstaunen war die Zusammenkunft damit beendet. Bei seiner Vorbereitung hatte er sich auf rund hundert Fragen ungefähre Antworten ausgedacht, doch mehr als das, was er bis jetzt gehört hatte, würde offenbar nicht kommen.
    »Wir danken sehr für den vorbildlichen Vortrag«, sagte die Justizministerin, nickte Carl zu und ging dann durch die Hintertür, also durch das Sekretärinnenzimmer, hinaus.
    Carl verneigte sich zu den anderen und ging durch die Seitentür zum Wartezimmer und den Fahrstühlen. Ein Beamter hielt ihm fast demonstrativ die Tür auf. Er hatte das Gefühl, als verließe er den Raum wie ein Hund mit eingeklemmtem Schwanz. Das war ein Eindruck, der noch dadurch verstärkt wurde, daß der Beamte sofort und laut die Tür hinter ihm schloß.
    Auf dem Weg zum Korridor des Ministerpräsidenten verfluchte er sich selbst. Er konnte nicht verstehen, was er falsch gemacht hatte oder was es war, was die Justizministerin ihren Widerwillen gegen ihn so deutlich hatte zeigen lassen. Er konnte allerdings immer noch Lars Kjellsson und die anderen fragen, die er gleich treffen würde, denn dies war der große Vortragstag des Monats.
    Sein Eindruck war jedoch vollkommen falsch, was er jedoch nie erfuhr. Ganz im Gegensatz zu dem, was er sich vorstellte, waren die Menschen, die vor ihm steif und düster gewirkt hatten, jetzt in einer sehr lebhaften, fast munteren Diskussion begriffen.
    »Also, es geht um diese Kanaken«, begann Gösta Almblad, der etwas saloppe Chef der Reichskripo.
    Die Kommissare Rune Jansson und Willy Svensén, beide von der Einheit, die nach alter Tradition »Reichsmordkommission« genannt wurde, blickten ihren Chef perplex und verständnislos an. Der Ausdruck schockierte sie, und außerdem begriffen sie auch in der Sache nicht, worum es ging. Sie hatten noch nicht einmal Zeit gehabt, sich zu setzen.
    »Also, wie folgt. Setzt euch doch, übrigens«, fuhr ihr Chef fort. »Die Reichskripo, das heißt wir, das heißt ihr beide, soll eine koordinierte Operation in Gang setzen. Es geht um bestimmte unaufgeklärte Verbrechen, genauer um Morde an Einwanderern. Wir haben zwei Fälle in Umeå, einen Palästinenser und einen Kurden, einen Iraner in Linköping und einen verdächtigen Fall außerhalb von Västerås.«
    »Das sind doch große Polizeidistrikte. Die haben selbst genügend Kräfte«, wandte Rune Jansson vorsichtig ein.
    »Wir warten meist, bis sie uns von selbst um Hilfe bitten«, verdeutliche Willy Svensén ebenso vorsichtig.
    Ihr Chef war natürlich kein Polizist. Ein Polizist kann bei der schwedischen Polizei nicht so hoch

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