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Über mir der Himmel - Nelson, J: Über mir der Himmel

Über mir der Himmel - Nelson, J: Über mir der Himmel

Titel: Über mir der Himmel - Nelson, J: Über mir der Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jandy Nelson
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Luft reckt und Frettchengesichter für es macht, beobachte, wie sie und Toby jeder eine Hand ihres Kindes nehmen und mit ihm zum Fluss gehen. Oder mit ihr. Gott. In Tobys Augen kann ich all das sehen, was er allein mit sich herumgetragen hat, und zum ersten Mal seit Baileys Tod tut mir ein anderer mehr leid als ich mir selbst. Ich nehme ihn in die Arme und wiege ihn. Und dann, als unsere Blicke sich treffen und wir wieder in diesem Haus des hilflosen Kummers sind, einem Ort, an dem Bailey nie sein kann und an dem Joe Fontaine nicht existiert, einem Ort, an dem nur Toby und ich zurückgelassen worden sind, küsse ich ihn. Ich küsse ihn, um ihn zu trösten, um ihm zu sagen, wie leid es mir tut, um ihm zu zeigen, dass ich hier bin und lebendig und dass er das auch ist. Ich küsse ihn, weil mir alles über den Kopf gewachsen ist und weil ich keinen Boden mehr unter den Füßen habe – und das schon seit Monaten. Ich küsse ihn und küsse immer weiter und halte und streichele ihn aus egal welchem beschissenen Grund, ich tu es einfach.
    In dem Moment, in dem Toby in meinen Armen erstarrt, weiß ich Bescheid.
    Ich weiß es, aber ich weiß nicht, wer es ist.
    Zuerst denke ich, es ist Grama, sie muss es sein. Aber sie ist es nicht.
    Und Big auch nicht.
    Ich drehe mich um und da steht er, ein paar Meter weiter, reglos, ein Standbild.
    Unsere Blicke halten sich fest, dann stolpert er zurück.
Ich springe aus Tobys Umarmung und renne auf Joe zu, aber er wendet sich ab und fängt an zu rennen.
    »Warte, bitte«, schreie ich. »Bitte.«
    Mit dem Rücken zu mir erstarrt er, eine Silhouette vor einem Himmel, der jetzt auflodert wie ein Buschfeuer, das ungebremst auf den Horizont zurast. Ich hab ein Gefühl, als würde ich die Treppen runterfallen, aufschlagen und mich drehen, ohne eine Möglichkeit zu stoppen. Und doch zwinge ich mich weiter und gehe zu ihm. Ich nehme seine Hand und will ihn umdrehen, aber er reißt sie mir weg, als ob meine Berührung ihn anwidern würde. Dann dreht er sich um, langsam, wie unter Wasser. Ich warte, wahnsinnig vor Angst ihn anzusehen, zu sehen, was ich getan habe. Als er mir endlich gegenübersteht, sind seine Augen leblos, sein Gesicht versteinert. Es ist, als hätte sein wunderbarer Geist seinen Körper verlassen.
    Die Wörter fliegen mir aus dem Mund. »Es ist nicht wie bei uns, ich fühle nicht … das ist was anderes, meine Schwester …« Meine Schwester war schwanger , will ich gerade erklären, aber wie kann das eine Erklärung für irgendwas sein? Ich wünsche mir verzweifelt, dass er es kapiert, aber ich kapiere es nicht.
    »Es ist nicht das, was du denkst«, sage ich, vorhersehbar, erbärmlich.
    Im selben Moment werde ich Zeuge der Explosion aus Wut und Verletztheit in seinem Gesicht.
    »Doch, das ist es. Es ist genau das , was ich denke, genau das, was ich gedacht hatte .« Er spuckt die Worte vor mir aus. »Wie konntest du nur … Ich dachte, du -«

    »Das tu ich, wirklich.« Jetzt weine ich rückhaltlos, die Tränen strömen mir übers Gesicht. »Du verstehst das nicht.«
    In seinem Gesicht tobt die Enttäuschung. »Du hast recht. Das tu ich nicht. Hier.«
    Er holt ein Blatt Papier aus der Tasche. »Das wollte ich dir bringen.« Er knüllt das Papier zusammen und bewirft mich damit, dann dreht er sich um und rennt, so schnell wie er kann, in die sich senkende Nacht.
    Ich hebe das zerknüllte Papier auf und streiche es glatt. Oben auf der Seite steht: Teil 2: Duett für bereits erwähnte Klarinettistin und Gitaristen . Sorgfältig falte ich es zusammen und stecke es in meine Tasche, dann setze ich mich aufs Gras, ein Sack voller Knochen. Genau auf diesem Fleck haben Joe und ich uns gestern Abend im Regen geküsst, fällt mir auf. Der Himmel hat ausgewütet, ein paar zerstreute goldene Streifen werden noch von der Dunkelheit verschlungen. Ich versuche, die Melodie, die er für mich komponiert hat, im Kopf zu hören, aber das geht nicht. Alles, was ich höre ist sein: Wie konntest du nur?
    Wie konnte ich nur?
    Soll doch jemand den ganzen Himmel einrollen und ihn für alle Zeiten wegpacken.
    Bald darauf liegt eine Hand auf meiner Schulter. Toby. Ich lege meine Hand auf seine. Er geht neben mir auf ein Knie runter.
    »Tut mir leid«, sagt er leise und einen Moment später: »Ich geh jetzt, Len.« Zurück bleibt nur die Kälte auf meiner Schulter, wo seine Hand gewesen ist. Ich höre seinen Truck
anspringen und lausche dem Brummen des Motors, als er Joe die Straße hinunter folgt.
    Nur

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