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Über mir der Himmel - Nelson, J: Über mir der Himmel

Über mir der Himmel - Nelson, J: Über mir der Himmel

Titel: Über mir der Himmel - Nelson, J: Über mir der Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jandy Nelson
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Dragqueen. Bitte, sag, dass du mit ihr reden wirst , funke ich Joe telepathisch zu.
    »Nie im Leben«, sagt er.

    »Joe, das ist erbärmlich … komm schon.«
    Joes Stimme klingt gepresst, angespannt. »Ich bin ja so erbärmlich. Sie hat mich die ganze Zeit belogen … genau wie Geneviève, genau wie Dad das mit Mom macht übrigens …
    Oje. Oje. Oje. Junge, hab ich das versaut.
    »Egal, keine Ahnung und so – manchmal ist der ganze Scheiß eben echt kompliziert, Mann.« Halleluja, DougFred .
    »Für mich nicht.«
    »Hol jetzt dein Horn, wir müssen üben.«
    Immer noch unter dem Baum versteckt höre ich Joe, Marcus und DougFred beim Üben zu: Das läuft so: drei Töne, dann klingelt ein Handy: Marcus: Hi Amy , dann fünf Minuten später noch ein Klingeln: Marcus: Salut Sophie , dann DougFred: Hey, Chloe , dann eine Viertelstunde später: Hi Nicole . Diese Typen sind Clovers Katzenminze. Ich erinnere mich, dass das Telefon an dem Abend, an dem ich hier war, auch andauernd geklingelt hatte. Schließlich sagt Joe: Macht die Handys aus, sonst können wir nicht einen einzigen Song durchspielen – aber diesen Satz hat er gerade beendet, da klingelt sein Handy und seine Brüder lachen. Ich höre, wie er sagt: Hallo, Rachel . Und das ist mein Ende. Hallo, Rachel – in einem Ton, der darauf schließen lässt, dass er sich freut, von ihr zu hören, als hätte er den Anruf erwartet, geradezu darauf gewartet.
    Ich denke an die heilige Wilgefortis, die als Schönheit schlafen ging und mit Vollbart erwachte, und wünsche, Rachel möge dasselbe Schicksal ereilen. Heute Nacht.
    Dann höre ich: Du hast absolut recht. Diese Kehlsänger von Tuva sind toll.

    Ruft den Krankenwagen.
    Okay, beruhige dich, Lennie. Hör auf rumzutigern. Denk nicht daran, wie er Rachel Brazile mit seinen Wimpern anplinkert! Sie angrinst, sie küsst, ihr das Gefühl gibt, ein Teil des Himmels zu sein … Was hab ich getan ? Ich lege mich wieder unter den Schirm von sonnendurchleuchteten Blättern. Ein Telefongespräch hat mich umgehauen. Wie muss es da für ihn gewesen sein, als er gesehen hat, wie ich Toby tatsächlich geküsst habe?
    Ich bin zum Kotzen, anders kann man es nicht sagen.
    Und anders kann man das hier auch nicht sagen: Ich bin so verdammt verliebt – in meinem Inneren schmettert eine irre Oper.
    Aber zurück zu ZICKZILLA!
    Sei vernünftig, sage ich mir, geh systematisch vor, denk an all die vielen harmlosen, unromantischen Gründe, aus denen sie ihn anrufen könnte. Mir fällt aber kein einziger ein, obwohl mich schon das Grübeln so anstrengt, dass ich nicht mal höre, wie der Truck vorfährt, nur das Türenknallen. Ich stehe auf und spähe durch den dichten Blättervorhang. Als ich Toby zur Haustür gehen sehe, falle ich beinahe in Ohnmacht. Was zum Geier soll das denn? Ehe er klingelt, zögert er, atmet tief durch. Dann drückt er den Knopf, wartet, drückt ihn noch einmal. Er tritt einen Schritt zurück, guckt zum Wohnzimmer rüber, wo die Musik jetzt ohrenbetäubend ist, dann klopft er kräftig. Die Musik verstummt und ich höre Schritte, dann beobachte ich, wie die Tür aufgeht, und höre Toby sagen: »Ist Joe da?«
    Schluck.

    Als Nächstes höre ich Joe, der immer noch im Wohnzimmer ist: »Was hat der für ein Problem? Gestern wollte ich nicht mit ihm reden und heute will ich immer noch nicht mit ihm reden.«
    Marcus ist wieder im Wohnzimmer. »Rede einfach mit dem Typen.«
    »Nein.«
    Aber Joe muss zur Tür gegangen sein, denn es wird leise gesprochen und ich sehe, wie Tobys Mund sich bewegt, obwohl er so leise spricht, dass ich seine Worte nicht verstehen kann.
    Was als Nächstes passiert, habe ich nicht geplant. Es passiert einfach. In meinem Kopf läuft dieses blöde Es-istmeine-Geschichte-ich-bin-ein-Rennpferd-Mantra in einer Schleife ab und deshalb beschließe ich: Egal was passiert, gut oder schlecht, ich will mich nicht in einem Baum verstecken, wenn es losgeht. Ich nehme also all meinen Mut zusammen und teile den Blättervorhang.
    Das Erste, was ich bemerke, ist der Himmel, der so voller Blau und strahlend weißer Wolken ist, dass es einen in Ekstase versetzt, Augen zu haben. Unter diesem Himmel kann nichts schiefgehen, denke ich, als ich über den Rasen gehe und versuche, nicht auf den hohen Schuhen zu wackeln. Die Panthereltern Fontaine sind weit und breit nicht in Sicht, wahrscheinlich zischen sie sich in der Scheune an. Toby hat meine Schritte wohl gehört, er dreht sich um.
    »Lennie?«
    Dann geht die Tür auf und

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