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Über mir der Himmel - Nelson, J: Über mir der Himmel

Über mir der Himmel - Nelson, J: Über mir der Himmel

Titel: Über mir der Himmel - Nelson, J: Über mir der Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jandy Nelson
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schüttelt er den Kopf, wie im Selbstgespräch, und er wendet den Blick von mir ab und schaut Rachel an, die jetzt wieder in den Fokus rückt. Scharf gestellt. Sehr gewollt legt er ihr den Arm um und gemeinsam überqueren sie die Straße und stellen sich vor dem Kino an. Ein durchdringender Schmerz packt mich. Er schaut sich nicht um, aber Rachel.

    Sie salutiert mit einem triumphierenden Lächeln auf dem Gesicht, dann verhöhnt sie mich mit dem Zurückwerfen ihres blonden Haares, legt ihm den Arm um die Hüfte und dreht sich weg.
    Mein Herz wird in eine dunkle Ecke meines Körpers gekickt. Okay, ich hab’s kapiert , will ich in den Himmel brüllen. So fühlt sich das also an . Lektion gelernt. Quittung erhalten. Ich beobachte, wie die beiden Arm in Arm ins Kino gehen, und wünschte, ich hätte einen Radiergummi, mit dem ich sie aus diesem Bild wischen könnte. Oder einen Staubsauger. Ein Staubsauger wäre noch besser, einfach aufsaugen und weg ist sie. Raus aus seinen Armen. Raus aus meinem Stuhl. Ein für alle Mal.
    »Kommschon, Len, wir hauen ab«, sagt eine vertraute Stimme. Ich nehme an, es gibt Sarah noch, und sie redet mit mir, also muss es mich auch noch, geben. Ich schaue runter, sehe meine Beine, merke, dass ich noch stehe. Ich setze einen Fuß vor den anderen, bis ich Ennui erreicht habe.
    Kein Mond, keine Sterne, nur eine nicht strahlende, lichtlose graue Schüssel über unseren Köpfen auf unserer Heimfahrt.
    »Ich werde sie herausfordern, ich will erste Klarinette spielen«, sage ich.
    »Endlich.«
    »Nicht wegen heute -«
    »Ich weiß. Weil du ein Rennpferd bist, kein dödeliges Beistellpony.« In ihrer Stimme ist nicht eine Spur von Ironie.
    Ich kurbele das Seitenfenster runter und lasse die kalte Luft auf mich einschlagen wie blöde.

31. Kapitel
    SARAH UND ICH hängen uns weit aus meinem Fenster und reichen die Wodkaflasche hin und her.
    »Wir könnten sie doch um die Ecke bringen«, schlägt Sarah vor, all ihre Worte werden zu einem Genuschel.
    »Wie denn?«, frage ich und kippe mir einen riesigen Schluck Wodka hinter die Binde.
    »Gift. Ist immer die beste Lösung, schwer nachzuweisen.«
    »Dann vergiften wir ihn auch und all seine blöden hinreißenden Brüder.« Die Wörter bleiben in meiner Mundhöhle kleben.
    »Er hat nicht mal eine Woche gewartet, Sarah.«

    (Gefunden auf einem Stück Papier unter der großen Weide)

    »Das hat nichts weiter zu bedeuten. Er ist verletzt.«
    »Gott, was findet er nur an der?«
    Sarah schüttelt den Kopf. »Ich hab gesehen, wie er dich auf der Straße angeguckt hat, wie ein Irrer, echt aus dem Häuschen, noch dementer als dement, total toledanischer Tiger – durchgeknallt. Weißt du, was ich glaube? Ich glaub, er hat ihr nur wegen dir den Arm umgelegt.«
    »Und wenn er nur wegen mir Sex mit ihr hat?« Die Eifersucht hetzt durch mich hindurch wie eine wilde Meute. Doch das ist noch nicht das Schlimmste, auch die Reue nicht, das Schlimmste ist, dass ich immer an den Nachmittag auf dem Waldbett denken muss, wie verletzlich ich mich gefühlt habe, wie sehr ich es genossen habe, so offen zu sein, so sehr ich , mit ihm. Hatte ich mich je jemandem so nah gefühlt?
    »Krieg ich’ne Zigarette?«, frage ich und hab mir schon eine genommen, ehe sie antwortet.
    Sie legt die eine Hand schützend um das Ende ihrer Kippe, zündet sie mit der anderen an und gibt sie mir, dann nimmt sie mir meine ab und steckt sie für sich selbst an. Ich ziehe, huste, ist mir aber egal, zieh noch mal und schaffe es, nicht dran zu ersticken und eine graue Rauchfahne in die Nachtluft steigen zu lassen.
    »Bailey würde wissen, was zu tun ist«, sage ich.
    »Würde sie«, stimmt Sarah zu.
    Schweigend rauchen wir gemeinsam im Mondschein, dann begreife ich etwas, was ich niemals zu Sarah sagen könnte. Vielleicht hat es noch einen anderen Grund, einen tieferen, dafür gegeben, dass ich nicht in ihrer Nähe sein
wollte. Nämlich, dass sie nicht Bailey ist und dass das ein bisschen zu unerträglich für mich ist – aber ich muss damit fertigwerden. Ich konzentriere mich auf die Melodie des Flusses, die immer im gleichen Takt voraneilt, und lasse mich von ihr treiben.
    Nach ein paar Augenblicken sage ich: »Du kannst meinen Freifahrschein wieder einziehen.«
    Sie legt den Kopf schräg und lächelt mich auf eine Weise an, die mich durchströmt wie Wärme. »Abgemacht.«
    Sie drückt ihre Zigarette auf dem Fenstersims aus und hüpft wieder auf das Bett. Ich mache meine auch aus, bleibe aber draußen

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