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Über mir der Himmel - Nelson, J: Über mir der Himmel

Über mir der Himmel - Nelson, J: Über mir der Himmel

Titel: Über mir der Himmel - Nelson, J: Über mir der Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jandy Nelson
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Grama.
    »Und diese Rosen! So was habe ich ja noch nie im Leben gesehen. Wo hast du sie gepflückt? Im Garten Eden?« Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Ich erinnere mich, dass Joe dasselbe gesagt hat am ersten Tag.
    »So ähnlich«, sage ich. »Meine Großmutter hat ein Händchen für Blumen. Die sind für Joe. Ist er zu Hause?« Plötzlich bin ich nervös. Echt nervös. Mein Bauch beherbergt ein Bienensymposium.
    »Und dieser Duft. Mein Gott, was für ein Duft!«, ruft sie. Ich glaube, die Blumen haben sie hypnotisiert. Wow. Vielleicht wirken sie ja doch. »Dieser Glückspilz Joe, ein tolles Geschenk, aber es tut mir leid, Liebes, er ist nicht zu Hause. Er hat aber gesagt, er kommt bald zurück. Ich kann sie ins Wasser stellen und in sein Zimmer tragen, wenn du möchtest.«
    Ich bin zu enttäuscht zum Antworten. Ich nicke nur und gebe ihr die Blumen. Garantiert ist er bei Rachel und füttert ihre Familie mit Schokocroissants. Mir kommt ein furchtbarer Gedanke – was ist, wenn diese Rosen tatsächlich die Liebe erwecken und Joe mit Rachel nach Hause kommt und
die beiden von ihnen verzaubert werden? Was für eine katastrophale Vorstellung, aber jetzt kann ich die Rosen nicht mehr zurücknehmen. Ehrlich gesagt, ich glaub, man müsste schon ein Maschinengewehr zum Einsatz bringen, damit Mrs Fontaine sie wieder rausrückt. Mit jeder Sekunde, die vergeht, beugt sie sich tiefer über den Strauß.
    »Danke«, sage ich. »Dass Sie ihm die Rosen geben.« Ob sie sich von diesen Blumen trennen können wird?
    »War nett, dich kennenzulernen, Lennie. Darauf hatte ich mich schon gefreut. Ich glaube ganz bestimmt, dass Joe diese Blumen wirklich zu schätzen wissen wird.«
    »Lennie«, sagt jemand in entnervtem Ton hinter mir. Das Symposium in meinem Bauch hat soeben auch die Tore für Wespen und Hornissen geöffnet. Jetzt geht’s los. Ich drehe mich um und sehe Joe den Weg hochkommen. In seinem Gang ist keine Elastizität. Die Schwerkraft hat eine Hand auf seiner Schulter, so wie nie zuvor.
    »O, Schatz!«, ruft Mrs Fontaine aus. »Sieh nur, was Lennie dir gebracht hat. Hast du je solche Rosen gesehen! Ich ganz bestimmt nicht. Meine Güte.« Mrs Fontaine spricht jetzt direkt mit den Rosen und saugt ihren Duft in tiefen Zügen ein. »Nun, ich bring sie mal rein und suche einen schönen Platz für sie. Amüsiert euch nur, Kinder ….«
    Ihr Kopf verschwindet total im Rosenstrauß, als die Tür hinter ihr zugeht. Ich will mich auf sie stürzen, die Blumen packen und kreischen: Ich brauche diese Rosen nötiger als Sie! , aber ich habe ein dringlicheres Problem: Joes schweigendes Wüten neben mir.
    Sobald die Tür ins Schloss gefallen ist, sagt er: »Du
kapierst es immer noch nicht, was?« Sein Ton ist so drohend, nicht ganz so wie der eines Haies – wenn der sprechen könnte -, aber nah dran. Er zeigt auf die Tür, hinter der Dutzende aphrodisiakischer Rosen die Luft mit Verheißung erfüllen.
    »Das soll wohl ein Witz sein. Glaubst du, das geht so einfach?« Sein Gesicht läuft rot an, die Augen treten hervor und sein Blick ist irre. »Ich will keine winzigen Kleider oder bescheuerte scheiß Zauberblumen!« Er fuchtelt herum wie eine Marionette. »Ich bin bereits in dich verliebt, Lennie, kapierst du das nicht? Aber ich kann nicht mit dir zusammen sein. Jedes Mal wenn ich die Augen zumache, sehe ich dich mit ihm .«
    Ich stehe da wie vom Donner gerührt – klar, hier sind eben ein paar entmutigende Dinge gesagt worden, aber die scheinen alle unter den Tisch gefallen zu sein. Mir bleiben sechs wunderbare Wörter: Ich bin bereits in dich verliebt . Gegenwart, nicht Vergangenheit. Rachel Brazile soll sich gehackt legen. Ein Himmel voller Hoffnung knallt mir an den Kopf.
    »Lass mich erklären«, sage ich, fest entschlossen, dieses Mal meinen Text nicht zu vergessen, fest entschlossen, ihm die Augen zu öffnen.
    Er gibt ein Geräusch von sich, eine Mischung aus Stöhnen und Knurren, so etwa: ahhhharrrgh , dann sagt er: »Da gibt’s nichts zu erklären. Ich hab euch gesehen . Du hast mich von vorne bis hinten belogen.«
    »Toby und ich waren -«
    Er fällt mir ins Wort. »Lass das, ich will nichts davon hören. Ich hab dir erzählt, was mir in Frankreich passiert ist,
und trotzdem hast du das gemacht. Ich kann dir nicht vergeben. So bin ich nun mal. Du musst mich in Ruhe lassen. Tut mir leid.«
    Meine Knie werden weich, als mir langsam aufgeht, dass sein Schmerz und seine Wut längst über seine Liebe triumphieren.
    Mit einer

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