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Über Stock und Runenstein

Über Stock und Runenstein

Titel: Über Stock und Runenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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gemacht hat.«
    Ohne auf Hennys förmliche Erlaubnis zu
warten, prüfte Cronkite nach, ob seine Kamera auch nicht vom Gepäckträger
gesprungen war, und jagte sein Motorrad über den Hügel, hinter dem die heißeste
Story aller Zeiten auf ihn wartete seit der Geschichte jener legendären Nacht,
in der dann alle Männergesangsquartette von ganz Balaclava County die Lumpkins
Avenue in Schaftstiefeln entlanggewatet waren und »Badetag, das ist ein schöner
Tag« gesungen hatten.
    Henny scherte sich nicht im geringsten
darum, ob Cronkite den Runenstein fotografierte oder nicht. Er war viel zu sehr
damit beschäftigt, sich über die gottverdammte Loretta Fescue und den ebenso
verfluchten Gunder Gaffson aufzuregen.
    »Hat Swope recht damit, daß Gaffson
Probleme mit der Bauaufsicht hat?« gelang es Shandy schließlich einzuwerfen,
als Henny gerade eine Verschnaufpause zwischen seinen Schimpftiraden einlegte.
    »Wenn er’s jetz’ noch nich’ hat, wird’s
verdammt bald passieren. Wie der seine Schuppen zusammenhaut, is’ ‘ne verdammte
Schande. Nix hält sie zusammen außer’n Tapeten, soweit ich gehört hab’. Ralphs
Sohn, der ‘n Bronson-Mädchen geheiratet hat, wollt’ sich schon ‘ne Wohnung da kaufen,
bis er von ‘nem Freund erfahren hat, der auch drauf reingefallen war, was für
‘ne Sauerei da läuft. Gaffson hält immer die Tasche auf, wenn’s ums Kassieren
geht, aber wehe, wenn’s mal Reklamationen gibt, wenn irgendwas nich’
funktioniert, dann brauch’ man ers’ gar nich’ zu fragen. Un’ die Preise sind so
verdammt gepfeffert, daß sich einem glatt die Haare kräuseln, wenn man noch
genug Haare dafür hat, heißt das.«
    Shandy, dessen Haar sich in der letzten
Zeit ein wenig mehr gelichtet hatte, als ihm lieb war, verzog schmerzlich das
Gesicht. Als Henny jedoch seinen abgetragenen Schlapphut abnahm und begann,
sich den kahlen Schädel mit seinem Halstuch zu polieren, begriff er, wie es
gemeint gewesen war, und verzieh dem alten Mann sofort wieder. Sie arbeiteten
noch ungefähr eine Stunde, dann kam Fergy mit Miss Hildas Lebensmitteln zurück.
Kurz darauf, allerdings keine Minute zu früh für Shandy und Arnes, erschien die
alte Dame vor dem Haus und schlug energisch auf die zusammengebundenen
Hufeisen, die bei den Horsefalls als Essensglocke dienten.
    »Nur was ganz Einfaches«, entschuldigte
sich Miss Horsefall in der üblichen Art einer Farmersfrau, als sie ihnen
Bratkartoffeln, Schinken, Spiegeleier, Krautsalat, Rhabarberkompott, Mixed
Pickles und verschiedene Pasteten servierte.
    »Verdammt besser als das, was ich mir
selbst vorsetzen könnte«, sagte Fergy und bediente sich so reichlich, daß keine
Köchin im Traum auf den Gedanken gekommen wäre, sich umsonst angestrengt zu
haben. »Reichst du mir eben mal die Pickles rüber, Henny? Und das Brot auch?
Und die Apfelbutter? Am besten schlag’ ich mir den Wanst mal ord’ntlich voll,
wenn ich schon mal die Möglichkeit dazu hab’.«
    »Has’ dafür bezahlt, dann kannste ‘s
auch genießen«, grunzte Henny.
    »Herrjeh, ich hab’ doch bloß ‘n Schinken
gekauft, das is’ doch das wenigste, was ‘n Nachbar für den anderen tun kann.
Das meiste davon werd’ ich sowieso wieder mitnehmen, wenn ich so weiteresse.
Diese Pickles sind einfach toll, Miss Hilda. Erinnern mich an die Pickles, die
meine Mutter vielleicht gemacht hätte, wenn sie Zeit dazu gehabt hätte. Ma hat
allerdings immer die Konservendosen selbst aufgemacht.«
    »Du sprichst ja sehr nett von deiner
Mutter«, schnaufte Miss Hilda und klatschte ihm eine neue Scheibe Schinken auf
den Teller. »Seit wann is’ sie denn jetz’ schon tot?«
    »Du liebe Zeit. Weiß ich gar nicht
mehr. Komisch, wie ich das vergessen konnte. Ich glaub’, es gibt Dinge, an die
man sich lieber nicht erinnert.«
    Shandy, der gerade mit den
Bratkartoffeln beschäftigt war, durchschaute sofort, was Fergy wirklich meinte.
Der Mann hatte offenbar nicht die leiseste Ahnung, ob seine Mutter noch lebte
oder nicht, und es war ihm offensichtlich auch völlig gleichgültig. Zweifellos
hatte er dafür auch gute Gründe. Wer sie auch sein mochte, sie hatte sich
todsicher nicht viel Mühe gegeben, ihrem Sprößling gute Tischmanieren
beizubringen. Shandy benutzte seine eigene Papierserviette, um mit gutem
Beispiel voranzugehen, als plötzlich einer der jungen Horsefalls in die Küche
stürmte.
    »Hi, Tante Hilda. Komm’ ich zu spät zum
Essen?«
    »Ralphie! Warum biste denn nich’ in der
Schule?«
    »Heute war

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