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Über Stock und Runenstein

Über Stock und Runenstein

Titel: Über Stock und Runenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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gelben Lichtsee, der aus einer
batterieangetriebenen Stablampe floß, die der Präsident in seiner unendlichen
Weisheit hatte mitbringen lassen. Darüber und dahinter erhob sich eine drohende
Gestalt, die aus einem Alptraum hätte stammen können.
    Thorkjeld Svenson trug eine graue
Arbeitshose und ein dunkelgraues Flanellhemd, an dem die Ärmel fast bis zu den
Ellbogen hochgekrempelt waren. Die graue Kleidung verschmolz mit der
Dunkelheit, die ihn umgab, und verwandelte seinen Körper in eine formlose
Masse. Seine riesigen Hände und Unterarme, das edle, aber wilde Haupt
erschienen unendlich groß und unglaublich bedrohlich, als ob ein Geist, der in
dem Stein gebannt gewesen war, sich befreit hätte und als lebende Drohung vor
einem stand. Die Tatsache, daß sich Svenson nachlässig auf seine eigene
Streitaxt stützte, die genau nach seinen Angaben und Maßen doppelschneidig geschmiedet
worden war und einen Griff besaß, der fünf Fuß lang war, diente nicht gerade
dazu, diesen Eindruck aufzuheben. Jeder, der blind oder wahnsinnig genug war,
die Hand nach den Runen auszustrecken, entlockte ihm ein bedrohliches »Arrgh«,
das sogar den Allermutigsten umgehend in zitternde Götterspeise verwandelte.
    »Mein Gott, Professor Svenson«, entfuhr
es Shandy, »Sie haben mich fast zu Tode erschreckt.«
    »Gut.« Svenson veränderte ein wenig
seine Stellung und ließ die scharfen Ränder der Axt kurz im Strahl der Laterne
aufleuchten. »Was ist los?«
    »Aufruhr, Plünderung und allgemeines
Chaos, aber ich glaube, wir werden schon damit fertig. Die Studenten leisten
hervorragende Arbeit.«
    »Das will ich verdammt nochmal hoffen.«
    »Mir macht allerdings das fehlende Licht
Sorgen. Können wir die Suchscheinwerfer vom College herholen lassen?«
    »Warum nicht, zum Teufel? Rufen Sie
Buildings und Grounds an. Nein, lieber doch nicht. Sind doch bloß Ochsenärsche,
bauen nur Mist um diese Zeit. Besser die Sicherheitsabteilung. Die
Lomax-Jungens. Sagen Sie Ihnen, sie sollen sich beeilen. Arrgh!« fügte er
hinzu, als ein kurzsichtiger Verrückter sich zu nahe an den Runenstein
heranwagte.
    »Wie lange beabsichtigen Sie
hierzubleiben, Präsident?« fragte Shandy.
    »So lange Orm mich braucht«, erwiderte
der berühmte Mann demütig.
    »In diesem Fall: ›Requiescat in
pace. ‹ Haben Sie keinen Ärger mit den Mücken?«
    »Trauen sich an mich nicht heran.«
    Shandy hätte es wissen müssen. Er
schlug in das sirrende Heer von Quälgeistern, das ihn gnadenlos umschwirrte und
seinem weniger imposanten Körper das Blut abzuzapfen versuchte, und machte sich
auf den Rückweg. Natürlich vergaß er nicht, eine angemessen ernste Miene
aufzusetzen, was im Grunde auch seiner momentanen inneren Verfassung entsprach.
    Auf der Straße sah es wieder etwas
besser aus. Zumindest hatte der Stau sich etwas aufgelöst, und die Autoschlange
kroch im Schneckentempo weiter, während die Rasenden Rüpel hin und her sausten
und die Fahrer zum Weiterfahren animierten. Niemand wagte es, ihnen zu widersprechen.
Ihre Streitrosse waren alles andere als dünnbeinige Spielzeugpferde, sondern
mächtige Belgier, Clydesdales und Suffolk Punches, die durchaus in der Lage
waren, ein Auto abzuschleppen oder es mit einigen wohlgezielten Huftritten zu
demolieren. Bisher waren derart drastische Maßnahmen nicht nötig gewesen und
würden es auch wahrscheinlich nicht werden. Genau wie bei Thorkjeld Svenson
genügte der bloße Anblick, um die Menge einzuschüchtern.
    Aber auch die Reiter waren nicht etwa
mickrige kleine Jockeys mit Knabenkörpern und dem heimlichen Wunsch, wie Dick
Francis zu schreiben, sondern stämmige Farmer, die mit selbstgemachtem
Apfelwein und hausgemachten Doughnuts aufgewachsen waren und deren Rhetorik
derart ungehobelt war, daß sie ihre Haltung gegenüber den gottverdammten
Dummköpfen, die dämlich genug waren, ihre vermaledeiten Kadaver an diesen Ort
zu schleppen, an dem sie nichts verloren hatten, lautstark und unverblümt zum
Ausdruck brachte. Kurz gesagt, wenn ein Rüpel einen aufforderte zu verschwinden,
dann tat man es unverzüglich und ohne lange zu überlegen.
    Es gab noch immer Schaulustige, die auf
den Hof drängten, um den inzwischen makellos reinen Kreiselstreuer zu
begutachten, dem Spurge Lumpkin sein grausames Ende verdankte, doch sie kamen
nicht sehr weit, und allmählich verbreitete sich die Nachricht, daß es
eigentlich nicht sehr viel zu sehen gab. Shandy sah, daß Roy inzwischen dem
jungen Ralphie den Traktor überlassen

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