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Über Stock und Runenstein

Über Stock und Runenstein

Titel: Über Stock und Runenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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andere Frau, und ihr
langes goldenes Haar leuchtete wie eine strahlende Aureole. Ihrem Roß folgte
eine andere Reiterin, die winzig klein auf einem ebenfalls pechschwarzen
Riesentier thronte, auch ihr Haar war blond, jedoch kürzer und lockig. Der Ritt
der Walküren!
    Aber nein, bei allen nordischen
Göttern, es war Sieglinde Svenson auf Odin, dem größten und schnellsten der
gewaltigen Balaclava Blacks. Und ihre Begleiterin, die auf Odins Gefährtin
Freya zu ihnen herübertrabte, war niemand anders als —
    »Helen! Gütiger Gott, willst du dich
umbringen?« brüllte ihr entsetzter Ehemann.
    »Sei nicht albern, Peter. Hüh, Freya.
Sie ist sanft wie ein Lamm. Selbst ein Baby könnte sie reiten. Sieglinde und
ich konnten nämlich kein Auto bekommen, weil Thorkjeld ihres hat und du
unseres, und wir haben nicht gewagt, Doktor Porble zu fragen, und wir mußten
dir einfach alles sofort erzählen.«
    »Für Thorkjeld wird es wahrlich ein
harter Schlag sein«, seufzte Mrs. Svenson und brachte Odin zum Stehen wie ein
Kind sein hölzernes Steckenpferd. »Bleib stehen, mein edles Roß! Peter, Sie
müssen es ihm sagen. Ich bringe es nicht übers Herz.«
    »Was soll ich ihm sagen? Donnerkeil,
was ist denn jetzt schon wieder passiert? Ist jemand gestorben?«
    »Viel schlimmer, es hat ihn nie
gegeben.«
    »Wen? Sie wollen doch damit nicht
sagen, daß Birgit schon eine Fehlgeburt hatte?«
    »Sei nicht so kindisch, Peter«, wies
Helen ihn zurecht. »Sie ist doch gerade erst in den Flitterwochen. Natürlich
sprechen wir von Orm. Es ist alles Schwindel.«
    »Was?«
    »Orm war nichts anderes als einer
dieser Scherze von Belial Buggins, das ist alles. Nachdem du mir die Sache mit
dem Feuerwasser erklärt hast, habe ich nachgedacht, was ein Mensch mit einem
derart merkwürdigen Sinn für Humor und einer Schwäche für die Kalevala sonst noch im Schilde führen könnte, und bin zur Bibliothek gegangen und habe
weiter in seinen Tagebüchern nachgeforscht. Er hat alles aufgeschrieben. Sieh
es dir selbst an, ich habe das Buch direkt mitgebracht, für den Fall, daß
Thorkjeld uns nicht glaubt.«
    Sie zog ein kleines, gebundenes Buch
aus der Tasche und hielt es ihm unter die Nase. »Hier steht alles drin. Belial
hatte sich auch ein bißchen Altnordisch beigebracht und kräftig Runenschrift
gebüffelt. Er dachte, es wäre zum Totlachen, wenn er ein paar Zeichen in den
Stein ritzen würde und Archäologen von Harvard herkämen und ein Riesentheater
veranstalten würden und wenn er dann den ganzen Schwindel auffliegen lassen
würde. Das war damals zur Zeit des Cardiff-Riesen und so, weißt du. Die Leute
hatten damals viel übrig für intellektuelle Scherze.«
    »Meine Liebe, würdest du bitte
aufhören, mich mit deiner Belesenheit zu beeindrucken, und lieber von diesem
Elefanten herabsteigen?«
    »Aus einer Mücke soll man nicht gleich
einen Elefanten machen, das hat man mir bereits in der zweiten Schulklasse
beigebracht«, erwiderte Helen leichthin. »Jedenfalls wollte Belial die Sache
ganz groß aufziehen. Es gelang ihm, ein paar echte Wikingerschätze von einem
alten Sammler zu erstehen, den er irgendwo getroffen hatte. Das eine Stück war
natürlich das Stück des Wikingerhelms, das Cronkite Swope gefunden hat. Das
andere war eine Münze. Anscheinend stammten beide aus einer späten Periode und
waren in schlechtem Zustand, also machte es dem Sammler nicht viel aus, sich
davon zu trennen. Jedenfalls wollte Belial beides unter dem Stein vergraben.
Nachdem sie die beiden angeblichen Schätze gefunden hatten, sollten die
Archäologen ein bißchen weiterbuddeln, bis sie schließlich auf eine Saga — oder
war es eine Edda — gestoßen wären, die angeblich von Orm selbst verfaßt worden
war. Sie handelte von seinen Reisen in ein bisher unbekanntes Land, aber sie
war gespickt mit saftigen Klatschgeschichten aus der Gegend, und Belial hatte
geplant, sie in eine Lydia-E.-Pinkham-Flasche zu vergraben. Kurz darauf bricht
das Tagebuch ab, also weiß ich nicht, wie es weitergehen sollte.«
    »Höchstwahrscheinlich ist der Mistkerl
von jemandem erschossen worden«, sagte ihr Ehemann erbittert. »Dieser Belial
muß eine Gefahr für die Öffentlichkeit dargestellt haben. Wissen Sie etwas über
Belial Buggins, Horsefall?«
    »Hat ‘n besten Rachenputzer in ganz
Balaclava County gemacht, mehr weiß ich auch nich’. Mein Opa hat damals immer
von dem Zeugs geredet, wenn Oma grad raus war. Tante Hilda kann sich bestimmt
noch an’n paar seiner Verwandten

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