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Ueberdosis

Ueberdosis

Titel: Ueberdosis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziegler
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ragen wie steinerne Inseln in einer schwarzen See.
    Kurz vor dem Verteilerkreis Köln bog er nach Osten ab, passierte den stillen Südpark und hielt schließlich vor einem weißgetünchten, zweistöckigen Haus, das weitaus bescheidener wirkte, als er es sich vorgestellt hatte. Ein hoher, schmiedeeiserner Gitterzaun schirmte es von der Straße ab; dahinter, von Rasen umgeben, bildeten Ziersträucher eine zweite Barriere. Die schweren Regengüsse der letzten Tage hatten sie zerrupft und zerzaust, und ihr Anblick deprimierte Markesch.
    Er ging zum Tor und drückte auf den Klingelknopf.
    Im Lautsprecher knackte es. »Ja, bitte?«
    Anna Singers warme, anschmiegsame Stimme vertrieb seine Depressionen augenblicklich.
    »Markesch«, sagte er. »Frau Maaßen erwartet mich. Aber natürlich bin ich nur wegen Ihnen gekommen.«
    Sie lachte. Dann ein Summen, und das Tor schwang wie von Geisterhand bewegt auf. Als Markesch die Haustür erreichte, war sie schon geöffnet. Eine kleine, alte Frau mit schneeweißen Haaren und faltigem Gesicht stand im Rahmen. In ihrem blau-weiß-gemusterten Kostüm sah sie wie eine zerbrechliche Porzellanfigur aus, und ihre Augen waren von dem strahlenden, durchscheinenden Blau teuren venezianischen Glases.
    »Treten Sie ein«, sagte sie mit ihrer warmen, anschmiegsamen Stimme.
    Markesch starrte Anna Singer an.
    Er konnte es nicht glauben.
    Sie lächelte fein, fast wehmütig. Vor dreißig oder vierzig Jahren mußte sie eine Schönheit gewesen sein, doch die Zeit hatte ihr die Jugend gestohlen und sie verwelken lassen. Nur ihre Stimme hatte der Zeit widerstanden.
    Sie trat zur Seite und machte eine einladende Handbewegung. »Worauf warten Sie?«
    Markesch ging hinein. Er wußte nicht, was er sagen sollte.
    »Was ist mit Ihrem Gesicht passiert?« fragte Anna Singer.
    »Einige Leute sind daran interessiert, daß niemand die Wahrheit über Michaels Tod erfährt«, sagte er. »Sie wollten mir klarmachen, wie ungesund es für mich ist, weitere Nachforschungen anzustellen.«
    Sie nickte, als hätte sie nichts anderes erwartet. »Deshalb wohl auch die Anzeige.«
    »Was für eine Anzeige?«
    »Sie haben sie noch nicht gelesen?« Anna Singer ging mit kleinen, abgezirkelten Schritten zu einer niedrigen Teakholzvitrine, wo griffbereit eine Ausgabe des Kölner Stadt-Anzeigers lag, und brachte ihm die Zeitung. »Wir hielten es eigentlich für einen schlechten Scherz, aber unter diesen Umständen dürfte es sich um eine weitere Warnung handeln.«
    Er nahm die Zeitung und las mit ungläubig geweiteten Augen die Todesanzeige.
     
    Als die Kraft zu Ende ging,
    war’s kein Sterben,
    war’s Erlösung.
     
    MARKESCH
    *1. April 1888   †11. November 1987
     
    Wir werden ihn nie vergessen
    In stiller Trauer:
    C. Regenbogen
    Archimedes Uzo
    Sophie Jung
    und die Angestellten der
    Privatdetektei S. Cotch & Markesch
     
    »Großer Gott!« sagte Markesch.
    Anna Singer sah ihn mit ihren strahlend blauen Augen forschend an. »Der Urheber dieser Anzeige müßte doch zu ermitteln sein, oder?«
    Er nickte grimmig. »O ja. Und ob. Ich kenne ihn bereits – oder besser gesagt: sie. Eine Frau«, fügte er hinzu. »Sie liebt mich. Aber sie will es nicht wahrhaben. Weil sie dem Wahn verfallen ist, daß ich zu alt für sie bin.«
    Anna Singer hob die Brauen. »Tatsächlich? Nun, ich denke, ich sollte Sie jetzt zu der gnädigen Frau bringen.«
    Sie öffnete eine spiegelverglaste Tür und führte ihn in ein großes, in kühles Licht getauchtes Zimmer. Die Einrichtung war elegant und ganz in Weiß gehalten. An den Wänden hingen ein Dutzend Radierungen, so schlicht und nichtssagend, daß sie sündhaft teuer gewesen sein mußten. Auf einem Eckschrank standen zwei gerahmte Fotos; Michael Maaßen und ein älterer Mann mit harten Augen und hohlwangigem Gesicht, wahrscheinlich Michaels Vater, Ewald, der nach dem Krieg das Maaßen-Imperium aufgebaut hatte.
    Markesch ließ sich seufzend in einen weißen weichen Sessel sinken. Anna Singer verließ das Zimmer. Es war still im Haus. Still und kühl. Wie in einer Gruft.
    Dann näherten sich Schritte.
    Die Spiegelglastür öffnete sich wieder und Elvira Maaßen trat ein.
    Der Möblierung entsprechend, trug sie ein weißes Kostümkleid, helle, hauchdünne Strümpfe und weiße Schuhe.
    »Ich bin froh, daß Sie da sind«, sagte sie. Erst dann bemerkte sie sein zerschlagenes Gesicht. »Hatten Sie Schwierigkeiten?«
    »Nur eine kleine Auseinandersetzung«, winkte er ab. »Aber das gehört zu meinem

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