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Ueberdosis

Ueberdosis

Titel: Ueberdosis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziegler
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Kekskrümeln übersät. Auf einigen blaugestrichenen Ziegelsteinen stand eine uralte, zerkratzte Stereoanlage. Ein Tisch, wie der Boden zu einer Mülldeponie umfunktioniert. Hinter dem Tisch eine abgewetzte Couch.
    Auf der Couch lag Barny.
    Er lag da und rührte sich nicht.
    Er war tot.
    Markesch schloß die Augen. Vielleicht war es nur ein böser Traum. Vielleicht würde Barny grinsen und aufstehen, wenn er wieder die Augen öffnete, und ihm die Hand schütteln und sagen: »He, Alter, haste die Knete, haste den Tausender, Alter?«
    Aber natürlich war es kein Traum.
    Barny war tot, und sein Gesicht war verzerrt und leichenblaß, und in seiner Armbeuge steckte noch immer die Spritze. Wie bei Michael Maaßen. Eine Überdosis. So etwas kam vor. So etwas kam oft vor. Jeder Fixer mußte damit rechnen. Schicksal. Das klassische Ende einer Drogenkarriere. Und wenn schon. Ein Junkie weniger. Wer interessierte sich schon für einen toten Junkie?
    Markesch preßte die Lippen zusammen.
    Er trat an die Couch und beugte sich über Barny.
    Erst jetzt bemerkte er die Schwellung an der Schläfe. Wie von einem Schlag mit einem harten Gegenstand.
    Einem Schlagring.
    Sein Herz hämmerte.
    Diese Bastarde! Diese verfluchten Hurensöhne! Sie hatten bemerkt, daß Barny Fragen stellte, und sie hatten dafür gesorgt, daß er nichts ausplaudern konnte: ihn mit dem Schlagring betäubt und ihm dann eine Überdosis Heroin gespritzt. Diese Hurensöhne!
    Markesch berührte Barnys Wange. Sie war noch warm. Er konnte noch nicht lange tot sein.
    Verdammt, wenn ihn die beiden BKA-Männer nicht aufgehalten hätten, wäre er vielleicht rechtzeitig gekommen, um Barny das Leben zu retten!
    Es ist meine Schuld, dachte Markesch mit einem Anflug von Verzweiflung. Ich hätte ihn warnen müssen. Ich hätte ihn nicht in die Sache verwickeln dürfen. Aber er wußte, worauf er sich einließ. Er wußte, wie gefährlich die Spanier sind, daß er vorsichtig sein mußte. Doch er war nicht vorsichtig genug. Er hat die Namen der Dealer herausgefunden, und jetzt ist er tot.
    Markesch atmete tief durch.
    »Ich werde die Kerle finden, Barny«, flüsterte er. »Ich verspreche dir, daß ich sie finden und zur Strecke bringen werde. Es tut mir leid, Barny. Ich …«
    Er schluckte und wandte sich ab.
    Keine Sentimentalitäten, Markesch, dachte er. Keine überflüssige Dramatik. Das Leben ist schon dramatisch genug. Du mußt von hier verschwinden. Du kannst es dir nicht leisten, in der Wohnung eines Junkies gefunden zu werden, der soeben auf den ewigen Trip gegangen ist.
    Er dachte an Müller und Schmitz.
    Besonders an Schmitz.
    Dieser Schweinehund würde sofort die günstige Gelegenheit nutzen und ihn aus dem Verkehr ziehen. Vor allem, wenn er herausfand, daß Barny sein Informant gewesen war. Und er würde es herausfinden. Durch Enke. Enke wußte, daß ihn Barny gelegentlich mit Tips versorgt hatte. Vielleicht würden es Müller und Schmitz so drehen, daß man ihm am Ende die Schuld an Barnys Tod gab. Zumindest solange, bis das BKA die Operation gegen die spanische Heroin-Gang abgeschlossen hatte. Und das konnte dauern. Wochen, Monate.
    Markesch schlich durch den Korridor und blieb an der Wohnungstür stehen. Er horchte. Im Treppenhaus war alles still. Er dachte an die abgewrackte Nachbarin im ersten Stock. Wenn Barnys Leiche gefunden wurde, würde die Polizei sie zweifellos verhören. Ob sie erwähnen würde, daß er am Vormittag vergeblich versucht hatte, Barny zu erreichen? Wahrscheinlich nicht. Sie war eine Fixerin, eine Nutte. Solche Leute stellten sich taub und stumm, sobald sie die Polizei auch nur aus der Ferne sahen.
    Hoffentlich.
    Er steckte die Magnum in die Jackentasche, öffnete leise die Tür und schlüpfte ins Treppenhaus.
    Noch immer war alles dunkel und still. Auch auf der Straße rührte sich nichts. Nur der Regen rauschte.
    Die Treppe hinunter.
    Schnell.
    Die Stufen knarrten unter seinem Gewicht. Am nächsten Treppenabsatz verharrte er, starrte die Tür mit dem Für Polizisten verboten-Plakat an. Das quäkende Radio spielte jetzt Musik.
    Weiter.
    Unten im Hausflur atmete er zischend aus. Der Gestank nach Unrat war stärker geworden, die Luft war feucht und schwer, und durch den Spalt der nur angelehnten Haustür spritzten Regentropfen und zeichneten dunkle Flecke auf die staubigen Fliesen.
    Markesch öffnete die Tür.
    Ein Motor röhrte auf, Scheinwerfer stachen durch die Nacht und blendeten ihn mit grellem Licht. Reifen quietschten. Ein schwerer, dunkler

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