Überfällig
die nackten Steinwände eines Mondkraters zu erklimmen, denn direkt dahinter liegt das Lager mit Wasser, Proviant und kühlen Räumen. Direkt dahinter. Auf denn, ihr Helden. Lächerliche hundert Pfund. Etwas mehr natürlich, aber was macht das aus? Singen wir das schöne Lied vom kühlen und nassen Wasser.«
Alles, aber auch alles war darauf abgestimmt, uns noch im letzten Augenblick um unser Durchhaltevermögen zu bringen. Heute hatten wir fünfundzwanzig Meilen in der schweren Ausrüstung zurückzulegen. Ein Schwächling hätte bereits nach zehn Minuten aufgegeben. Wir bestanden nur noch aus Sehnen und Muskeln. Das letzte Gramm Fett war schon nach einer Woche verschwunden.
»Wasser, Wasser«, stöhnte mein Vordermann.
Nach einer halben Stunde wurde eine Ruhepause eingelegt. Wir sanken auf die Steine, als hätte man uns die Beine unter dem Körper weggezogen. Unter dem Oberhang gab es wenigstens etwas Schatten, doch Skupin betonte sofort:
»Nur zehn Minuten! Sie müssen schnellstens weiter. Vergessen Sie nicht, daß Sie sich laut Programm auf dem Mond befinden. Ihr Sauerstoffvorrat geht zur Neige, infolgedessen müssen Sie das rettende Lager schnellstens erreichen.«
Die Tortur war noch nicht zu Ende. Nach weiteren vier Stunden erreichten wir zu Tode erschöpft den Wadi, wo die Maschinen warteten. Der letzte Marsch war überstanden.
Als ich in einen Flugschrauber taumelte, fragte Oberst el Hamid, Kommandant des härtesten Trainingscamps der GWA, gelassen:
»Was sind Sie, HC-9? Ein aktiver Agent oder ein normaler Mensch?«
Mit zitternden Händen ließ ich meinen Helm in den Scharnieren auf den Rücken klappen. Herrliche, angenehme Luft umstrich mein Gesicht. Plötzlich hörte der Schweißausbruch auf, der von der Enge des Druckhelms erzeugt worden war.
Die Haut begann sich zu spannen. Es war, als hätte sie in den wenigen Augenblicken den letzten Wassertropfen verloren, meine Zunge war wie ein Bleiklumpen. Jetzt begann der total ermattete Körper das Gewicht der Ausrüstung wieder zu spüren. Wäre sie nicht so sorgfältig über den ganzen Körper verteilt gewesen, hätten wir diesen Gewaltmarsch nicht überstehen können.
»Sie sind doch nicht etwa ermattet, Major?« klang die Stimme wieder auf. »Den Marsch haben Sie hinter sich. Angenommen, Sie wären nun in der Mondstation, dann müßten Sie natürlich noch die stilliegenden Maschinen zum Anlaufen bringen. Das Kraftwerk besitzt als Energiequelle einen Mikromeiler. Sorgen Sie dafür.«
Der Flugschrauber mit den zur Zeit ausgefahrenen Kreissägen-Rotoren war genau einer Mondstation nachgebildet. Man mußte wissen, wo man die einzelnen Aggregate zu finden hatte. Es wäre völlig sinnlos gewesen, im letzten Augenblick noch aufzugeben.
Ich wankte nach hinten und fuhr den Meiler hoch, nachdem ich die Notstrombank auf Energie kontrolliert hatte. Sie war zur Versorgung des kleinen elektronischen Schaltautomaten erforderlich.
Der Reaktor lief an. Der Umformer stellte den Arbeitsstrom bereit. Erst jetzt konnte ich die Klimaanlage und den Regenerator einschalten.
Auf den Knien rutschend, erreichte ich doch noch die Wasserzisterne. Eine Fernsehkamera mit Weitwinkelobjektiv nahm haargenau meine Schluckbewegungen auf. In der nächsten Maschine, von der aus die Beobachtung vorgenommen wurde, mußten meine zerplatzten Lippen stark vergrößert auf dem Bildschirm erscheinen und den Medizinern verraten, ob ich mit der erforderlichen Vorsicht die ersten Wassertropfen zu mir nahm.
Nach dieser Erfrischung schleppte ich mich auf das einfache Klappbett. Den Raumanzug behielt ich an, da es nicht zur Vorschrift ›Notfall‹
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