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Überfällig

Überfällig

Titel: Überfällig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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in ir­gend­ei­ne Him­mels­rich­tung – »dann wer­den Sie mir dank­bar sein. Ich ha­be das zwei Jah­re un­ter erns­ten Be­din­gun­gen mit­ma­chen müs­sen. Des­halb bin ich hier auch Aus­bil­der ge­wor­den. Wenn ich Ihr Trai­ning ge­habt hät­te, wä­re mir al­les viel leich­ter ge­fal­len. So bin ich dem Sen­sen­mann nur ge­ra­de eben noch von der Schau­fel ge­sprun­gen. Viel Glück, Sir. Sie wer­den wahr­schein­lich har­te Mond­ta­ge und noch här­te­re Mond­näch­te vor sich ha­ben.«
    Dies­mal ver­stand er mein Lä­cheln nicht. Er konn­te nicht wis­sen, daß ich erst kurz vor Lehr­gangs­be­ginn von Li­ma zu­rück­ge­kom­men war. Wir hat­ten noch mehr er­lebt, viel mehr! Es war nicht nur um un­ser Le­ben ge­gan­gen, son­dern um das der gan­zen Mond­ko­lo­nie. Das durf­te er aber nie­mals er­fah­ren, auch wenn er noch so zu­ver­läs­sig war.?
    Es ge­sch­ah nur in ganz be­son­de­ren Fäl­len, daß ein GWA-Agent über den Ein­satz ei­nes an­de­ren Spe­zia­lis­ten in­for­miert wur­de. Mei­ne bei­den Schu­lungs­ka­me­ra­den stan­den stumm vor ih­ren Zel­ten. Sie wink­ten mir kurz zu. Ih­re Ge­sich­ter wa­ren un­be­wegt. Sie schie­nen zu ah­nen, was die plötz­li­che Ab­be­ru­fung zu be­deu­ten hat­te.
    Ich ging die we­ni­gen Schrit­te zum fla­chen Kom­man­dan­tur­ge­bäu­de hin­über. Vor dem äu­ße­ren Ab­wehr­ring der Hit­ze­wer­fer-Sper­re stan­den zwei schwer­be­waff­ne­te Pos­ten in den dunklen Uni­for­men der mi­li­tä­ri­schen GWA.
    Ob­wohl mich die Män­ner sehr gut kann­ten, kon­trol­lier­ten sie mei­ne GWA-Kenn­mar­ke. Wenn doch nur die­se ewi­gen Si­cher­heits­maß­nah­men ein­mal et­was ge­lo­ckert wor­den wä­ren! Wie oft hat­ten wir schon dar­über ge­flucht, bis wir in ei­ner brenz­li­gen Si­tua­ti­on ein­ge­se­hen hat­ten, wie wich­tig die über­spitzt er­schei­nen­den Vor­schrif­ten wa­ren.
    Das strah­lungs­si­che­re Etui aus Po­tro­nin-Plast klapp­te wie­der zu. In ihm ver­schwand die ra­dio­ak­ti­ve Er­ken­nungs­mar­ke, die ei­nem GWA-Schat­ten al­le To­re öff­ne­te. Neu­er­dings hat­ten so­gar die bis­her miß­traui­schen Rus­sen ein Ab­kom­men mit un­se­rem Al­ten ge­trof­fen. Seit dem letz­ten Un­ter­neh­men hat­ten sie ein­ge­se­hen, daß ei­ne en­ge Zu­sam­men­ar­beit zwi­schen Staats­si­cher­heits­dienst und GWA un­er­läß­lich war. Im Os­ten droh­te ei­ne Macht, die noch im Jah­re 1960 als ver­nach­läs­sig­bar an­ge­se­hen wor­den war. Das hat­te sich in­zwi­schen gründ­lich ge­än­dert. Der ›Großasia­ti­sche-Staa­ten­bund‹ war nicht mehr zu über­se­hen.
    Gleich drauf stand ich in der küh­len Vor­hal­le des lang­ge­streck­ten Ge­bäu­des. Von au­ßen sah es ganz un­be­deu­tend aus, doch hier schlug das Herz der Aus­bil­dungs­stät­te.
    Oberst el Ha­mid wan­der­te in sei­nem be­schei­de­nen Ar­beits­zim­mer auf und ab. Der hoch­ge­wach­se­ne Mann mit der dunklen Haut­far­be hat­te in den na­hen Ber­gen des Ho­hen At­las das Licht der Welt er­blickt.
    Ich mel­de­te mich mit der vor­ge­schrie­be­nen For­mel, doch er wink­te so­fort ab. Sein Ge­sicht wirk­te ver­schlos­sen; die Stim­me klang knur­rig. Wä­re er klein und un­ter­setzt ge­we­sen, hät­te man ihn fast mit dem all­mäch­ti­gen Chef der GWA ver­wech­seln kön­nen.
    »Hat sich was mit ›Schü­ler HC-9‹«, brumm­te er. »Vor­bei, mein Lie­ber. Von jetzt an sind Sie wie­der Ma­jor HC-9. Neh­men Sie Platz, bit­te.«
    Das letz­te Wort hat­te er et­was zö­gernd aus­ge­spro­chen. Er war nicht dar­an ge­wöhnt, sein Be­feh­le in ei­ne höf­li­che Form zu klei­den.
    Ich setz­te mich auf den un­be­que­men und recht alt­mo­di­schen Stuhl aus Bast­ge­flecht. Nur die­ses Mö­bel­stück er­in­ner­te dar­an, daß wir uns in ei­ner Oa­se be­fan­den.
    In­ter­es­siert be­ob­ach­te­te ich sei­ne ru­he­lo­sen Hän­de. Die schlan­ken Fin­ger trom­mel­ten auf der Kunst­stoff­plat­te her­um. Oberst el Ha­mid war zwei­fel­los ein in­ter­essan­ter Mann, auch wenn er für den ak­ti­ven Ein­satz nicht mehr in Fra­ge kom­men konn­te. Bei ei­nem ge­wag­ten Un­ter­neh­men in Vor­der­asi­en hat­te er bei­de Bei­ne

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