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Überfällig

Überfällig

Titel: Überfällig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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drück­ten.
    Es dau­er­te nur we­ni­ge Au­gen­bli­cke, doch die muß­ten sein. Laut Plan soll­te das Trieb­werk zehn Me­ter über dem Bo­den zum end­gül­ti­gen Brenn­schluß kom­men und das Schiff die rest­li­che Stre­cke frei fal­len. Un­ter Be­rück­sich­ti­gung der ge­rin­gen Mond­schwe­re, der Ge­samt­mas­se der Ra­ke­te und un­se­rer noch nicht auf­ge­zehr­ten Rest­fahrt muß­ten wir mit et­wa ein­hun­dertzwan­zig Ki­lo­me­ter pro Stun­de mit dem Heck vor­an und in ei­nem Win­kel von 41,5 Grad auf­schla­gen. Das aus­ge­such­te Ge­län­de war dort ab­fal­lend, was den Auf­schlag durch die so­fort be­gin­nen­de Gleit­be­we­gung er­heb­lich dämp­fen muß­te.
    Muß­te! Soll­te! Das be­rühm­te Wenn!
    Es wur­de to­ten­still. Un­ter mir röhr­te der aus­lau­fen­de Strom­mei­ler. Dann war es so­weit.
    Ei­ne Ti­ta­nen­faust riß mich nach un­ten. Kom­pri­mier­te Luft wim­mer­te in mei­nem Druck­la­ger, das ich mit dem viel­mals ge­stei­ger­ten Nor­mal-Kör­per­ge­wicht bis zur äu­ßers­ten Be­las­tungs­gren­ze durch­drück­te.
    Drau­ßen war ein ein­zi­ges Kra­chen und Bers­ten. Ma­te­ri­al zer­fetz­te un­ter krei­schen­den Miß­tö­nen. Das klei­ne Schiff wur­de mit bru­ta­ler Ge­walt auf den Bo­den ge­schleu­dert.
    Das Heck stauch­te ein, riß un­ter der nach­schie­ben­den Auf­schlags­wucht des ge­sam­ten Flug­kör­pers durch den stie­ben­den Grund, und dann schlug das schräglie­gen­de Schiff mit der Breit­sei­te auf.
    Dies­mal woll­te es mich mit den Fü­ßen nach vorn vom La­ger rei­ßen. Die Gur­te wa­ren doch nicht fest ge­nug an­ge­zo­gen. Sie ga­ben et­was nach, und ich rutsch­te bis zum Halb­ku­gel­helm an die Brust­hal­te­rung.
    Teuf­lisch schlin­gernd, un­ter ei­nem wah­ren Höl­le­ge­tö­se, so schlit­ter­ten wir wei­ter­hin über den stei­ni­gen Bo­den des Mon­des hin. Ich wur­de her­um­ge­wir­belt und fast aus den Gur­ten ge­ris­sen. Das Kon­tur­la­ger hat­te im­mer wie­der har­te Stö­ße zu ab­sor­bie­ren. Es ging nur durch den schrä­gen Auf­prall­win­kel ei­ni­ger­ma­ßen gut. Wä­ren wir mit ein­hun­dertzwan­zig Sa­chen pro stun­de ge­nau senk­recht auf­ge­schla­gen, hät­ten ins auch die Luft­pols­ter nicht mehr viel ge­hol­fen.
    Ein letz­tes Auf­bäu­men, ein letz­tes Dröh­nen – dann herrsch­te plötz­lich ei­ne bei­na­he ehr­furcht­ein­flö­ßen­de Stil­le, die aber schon we­ni­ge Au­gen­bli­cke spä­ter von knis­tern­den und peit­schen­den Lau­ten un­ter­bro­chen wur­de.
    Das völ­lig zer­trüm­mer­te Trieb­werk er­wach­te zu ei­nem ei­ge­nen Le­ben, und wenn der Strom­re­ak­tor un­dicht ge­wor­den war, dann ha­gel­te es jetzt schon har­te Strah­lungs­im­pul­se.
    Im Helm ver­nahm ich ein schwe­res Stöh­nen, ich konn­te nicht fest­stel­len, wes­sen Lau­te von ei­nem Mi­kro­phon auf­ge­nom­men und vom un­be­schä­digt ge­blie­be­nen Klein­sen­der ab­ge­strahlt wur­den.
    Mei­ne brei­te Sichtschei­be war blut­ver­schmiert. An­schei­nend hat­te ich mir die Na­se hef­tig an­ge­schla­gen, ob­wohl mir das jetzt, so kurz nach dem Un­heil; schon wie­der völ­lig rät­sel­haft vor­kam. Kei­ne nor­ma­le Hals­wir­bel­säu­le konn­te sich so weit ver­bie­gen, daß die Na­se die Helm­schei­be be­rühr­te.
    Un­se­re Ka­bi­ne hat­te die Form ei­nes ver­bo­ge­nen Bla­se­bal­ges, an­ge­nom­men. Al­les war de­mo­liert. Wie es wei­ter un­ten und hin­ten aus­se­hen moch­te, konn­te ich mir leb­haft ver­stel­len.
    Das Ma­te­ri­al hat­te die Haupt­wucht ab­ge­fan­gen. Wir konn­ten uns glück­lich schät­zen, daß wir un­ter uns ein sta­bi­les Trieb­werk mit al­len mög­li­chen Ne­be­n­ag­gre­ga­ten ge­habt hat­ten.
    TS-19 lag plötz­lich dicht ne­ben mir. Sein Kon­tur­la­ger war mit­samt der ein­ge­drück­ten Wand in mei­ne Rich­tung ge­scho­ben wor­den.
    »Raus, nichts wie raus«, hör­te ich sei­ne hei­se­re Stim­me.
    Kaum war er ei­ni­ger­ma­ßen zu sich ge­kom­men, da dach­te er auch schon wie­der an die Auf­ga­be. Es war leicht mög­lich, daß die Pi­lo­ten sei­ne Wor­te ver­stan­den. Dies­be­züg­li­che Aus­sa­gen von ih­rer Sei­te konn­ten bei ei­nem

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