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Überfällig

Überfällig

Titel: Überfällig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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Hin­ter dem rie­sen­haf­ten Mund mit den vo­lu­mi­nö­sen Lip­pen ent­blö­ßten sich die ziel schar­fen Kno­chen­rei­hen. Zäh­ne hat­te er kei­ne. Der mäch­ti­ge Kopf saß über­gangs­los auf den ti­ta­ni­schen Schul­tern. Die mus­ku­lö­sen Ar­me en­de­ten in schau­fe­l­ähn­li­chen Hän­den. Man­zo hat­te sich nicht ver­än­dert.
    Er trug einen Raum­an­zug, den man spe­zi­ell für ihn an­ge­fer­tigt hat­te. Da­durch wirk­te er noch ge­wal­ti­ger. Es konn­te ei­nem Angst wer­den, wenn er nur zu ei­nem tap­sig wir­ken­den Schritt an­setz­te.
    Ich lös­te lang­sam die Ma­gnet­ver­schlüs­se mei­nes Hel­mes und ließ ihn in den Schar­nie­ren nach hin­ten klap­pen. Es schmerz­te in den Oh­ren, was mir be­wies, daß die Druck­ver­hält­nis­se nicht ge­nau über­ein­stimm­ten. Mei­nen ers­ten Atem­zug mach­te ich aus­ge­spro­chen vor­sich­tig. Ge­gen mei­nen Wil­len fiel mir die jun­ge Frau ein, die wohl nicht mehr ge­heilt wer­den konn­te. Auch sie hat­te an­schei­nend von die­ser Luft ge­at­met.
    »Et­was we­ni­ger Sau­er­stoff, über­haupt dünn«, er­klär­te Han­ni­bal. »Aber durch­aus atem­bar. Es ist mir ein Rät­sel, wie­so die Luft noch so rein und frisch sein kann. Die­se 187.000 Jah­re ge­hen mir nicht aus dem Kopf.«
    »Es gibt vie­le Din­ge, die wir nie­mals ver­ste­hen wer­den«, warf der Mu­tant dröh­nend ein. Sei­ne weit vor­ste­hen­den Au­gen un­ter der vor­ge­wölb­ten Stirn zeig­ten einen Schim­mer, der mir nicht ge­fal­len woll­te. Die­ses Le­be­we­sen mit dem schar­fen Pa­rap­si-Ver­stand schi­en et­was zu füh­len, was wir nicht wahr­neh­men konn­ten.
    »Was ist?« frag­te ich.
    Der Klei­ne hielt die Luft an. Plötz­lich ver­stand ich auch, warum er sich in ei­ner der­art ner­vö­sen Ver­fas­sung be­fand. Das war noch vor­sich­tig aus­ge­drückt.
    Do­mi­nie­rend für die De­pres­sio­nen war na­tür­lich die Um­ge­bung. Sie war un­sag­bar fremd, ge­heim­nis­voll und von un­be­kann­ten Ge­fah­ren er­füllt. Aus­schlag­ge­bend war aber wohl Man­zo ge­we­sen. Er war kein nor­ma­ler Mensch, und so er­ging er sich in An­deu­tun­gen und Re­de­wen­dun­gen, die ihm ge­ra­de we­gen sei­nes Mu­tan­ten­tums ab­ge­nom­men und ge­glaubt wur­den. Wenn er selt­sa­me An­deu­tun­gen über Din­ge gab, die er mit sei­nen über­ent­wi­ckel­ten Sin­nen schwach ver­nahm, oh­ne sie je­doch ein­wand­frei er­klä­ren zu kön­nen, so wirk­te das wie ei­ne see­li­sche Du­sche. Hät­te es ein nor­ma­ler Mensch ge­sagt, wä­re man sehr viel leich­ter dar­über hin­weg­ge­gan­gen.
    Ich stand nun ei­ni­ge Au­gen­bli­cke vor ihm, und schon über­kam mich ein un­be­stimm­ba­res Ge­fühl in­ne­rer Pa­nik, ich ver­stand den Klei­nen voll und ganz.
    »Hier ist viel«, ent­geg­ne­te er lang­sam, mit nach in­nen ge­kehr­ten Bli­cken. »Sehr viel, Ma­jor, Der Klei­ne fragt auch im­mer, aber ich kann es ihm nicht ge­nau sa­gen. Ich füh­le et­was. Et­was kommt auf uns zu. Es wird mit je­der Stun­de stär­ker. Ich hö­re …«
    »Was hörst du?« frag­te ich ihn lä­chelnd, je­doch for­dernd. »Mach mir die Leu­te nicht ver­rückt, Man­zo. Wir sind nicht hier, um selt­sa­men Ge­füh­len nach­zu­ge­hen. Du soll­test wis­sen, daß bei der GWA nur rea­le Tat­sa­chen gel­ten.«
    Er sah mich stumm an. Sein Blick schi­en sich zu ver­schlei­ern.
    »Ja, ich weiß, Sir. Ent­schul­di­gen Sie. Ich kann aber nichts da­für, daß ich es hö­re. Viel­leicht ist es Ul­tra­schall oder an­de­re Schwin­gun­gen, die Sie nicht auf­neh­men kön­nen. Ich ha­be auch kei­ne ge­naue Er­klä­rung da­für.«
    »Trotz­dem klingt das schon viel ver­nünf­ti­ger«, mein­te Han­ni­bal et­was ge­reizt.
    »Bist du fä­hig, die viel­leicht un­ter­be­wuß­ten Im­pul­se von den­ken­den Le­be­we­sen zu emp­fan­gen?« frag­te ich zö­gernd. »Die un­ter­be­wuß­ten, wohl­be­merkt. Mir wur­de ge­sagt, daß man sie nicht so leicht un­ter Kon­trol­le brin­gen und ab­schir­men kann, wie es ei­nem gu­ten Te­le­pa­then mit dem be­wuß­ten In­halt des Geis­tes mög­lich ist.«
    Un­ser mons­trö­ser Freund mit den aus­drucks­vol­len Au­gen, die zwei­fel­los die Spie­gel sei­ner See­le

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