Ueberfall auf Skytown
sie die EXCALIBUR nur um wenige Meilen verfehlen würden; angesichts der gewaltigen Entfernung, die sie zurückgelegt hatten, eine wahre Meisterleistung. Vielleicht aber trotzdem nicht meisterlich genug. Entfernungen waren vor allem im Weltraum etwas höchst Relatives. Knapp vorbei nach kosmischen Maßstäben konnte immer noch unendlich weit nach menschlichen sein. Aber sie konnten es nicht riskieren, die Triebwerke noch einmal einzuschalten. Als sie näher kamen, zerfiel der Umriß des im Bau befindlichen Sternenschiffes in ein großes und mehrere kleine Objekte. Charity stellte überrascht fest, was für enorme Fortschritte der Bau der EXCALIBUR gemacht hatte, seit sie das letzte Mal hier gewesen war. Bei ihrem letzten Besuch vor knapp vier Monaten war das Schiff kaum mehr als ein achthundert Meter langes Stahlskelett gewesen, das wie eine bizarre Fortsetzung des Raumdocks eine halbe Meile tief in die Leere des Alls hineinragte. Jetzt waren gut zwei Drittel der Rumpfpanzerung angebracht, und die EXCALIBUR erinnerte mehr denn je an einen riesigen, teilweise skelettierten Wal. Hinter den meisten Bullaugen herrschte noch immer das Vakuum des Weltalls, und das hintere Drittel, das später die gewaltigen Triebwerke und Generatoren aufnehmen würde, bestand im Moment aus nicht viel mehr als einem stählernen Skelett, zwischen dem ein halbes Dutzend Decks heranwuchsen. Über und neben der EXCALIBUR schwebte ein halbes Dutzend weiterer, viel kleinerer Umrisse. Charity identifizierte drei von ihnen als die gleiche Art rochenförmiger Schiffe, die Skytown angegriffen hatten. Bei den anderen handelte es sich um die ebenfalls schon vertrauten, walzenförmiger Transporter. Charity hielt vergebens nach irgendwelchen Beschädigungen an der EXCALIBUR Ausschau. Das Schiff war offensichtlich nicht beschossen worden. Wozu auch? Die Waffensysteme der EXCALIBUR waren noch nicht einsatzfähig. Hartmann verschwand für einen Moment in der Passagierkabine und kam mit drei flachen, mit Trageriemen versehenen Tornistern zurück, die sie sich gegenseitig anlegten. Keiner von ihnen wußte, ob die Leistung der Geräte ausreichen würde, ihre Geschwindigkeit ausreichend zu reduzieren. Die Vorstellung, mit mehr als tausend Stundenkilometern gegen den Rumpf der EXCALIBUR zu rasen und nichts als einen häßlichen Fleck darauf zu hinterlassen, gefiel Charity nicht sonderlich. »Wir werden leuchten wie die Weihnachtsbäume, wenn wir die Dinger einschalten«, sagte Skudder mißmutig. »Glaubt einer von euch wirklich, daß sie uns nicht bemerken?« »Nur, wenn sie zufällig in unsere Richtung sehen«, antwortete Hartmann. »Außerdem habe ich noch eine kleine Überraschung für unsere Freunde vorbereitet.« Er deutete zur Schleuse. »Setzt die Helme auf. Gleich wird es ein bißchen zugig.« Charity hatte keine Ahnung, was Hartmann vorhaben mochte, aber sie vertraute auf seine Erfahrung. Skudder und sie stülpten ihre Helme über. Hartmann hantierte noch einige Augenblicke lang am Kommandopult, dann drehte er sich ebenfalls herum und schloß seinen Anzug. Kaum hatte er es getan, hörte Charity, wie die Sauerstoffpumpen ansprangen. Sie konnten die Schleusentüren nicht öffnen, solange im Inneren des Schiffes noch Überdruck herrschte, ohne sofort ins All hinauskatapultiert zu werden. Nach etwas mehr als einer Minute herrschte im Inneren des Shuttle dasselbe Vakuum wie im umgebenden Weltraum. Die Schleusentüren glitten lautlos auf, und Hartmann trat ohne zu zögern an ihnen vorbei, hielt sich für einen Moment am Türrahmen fest, um in die richtige Position zu gelangen, und stieß sich dann mit aller Kraft ab. Skudder folgte ihm, und Charity bildete den Abschluß. Es war nicht das erste Mal, daß Charity sich im freien Raum aufhielt. Trotzdem drohte sie für einen Moment in Panik zu geraten. Die ungeheure Weite des Weltalls schien sie verschlingen zu wollen. Sie hatte das Gefühl, im Bruchteil einer Sekunde zu einem Nichts reduziert zu werden, das sich im nächsten Augenblick einfach auflösen mußte. Und sie erschrak überdies bis ins Mark, als sie sah, wie nahe sie der EXCALIBUR mittlerweile gekommen waren, und wie rasend schnell sie sich weiter näherten. Aus den Augenwinkeln sah Charity, wie Hartmann heftig in ihre Richtung zu gestikulieren begann, und schaltete rasch ihren Tornister ein. Das Gerät erwachte mit heftigen Vibrationen zum Leben und begann, Charitys Geschwindigkeit aufzuzehren. Da Hartmann und Skudder im gleichen
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