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Überfall nach Ladenschluß

Überfall nach Ladenschluß

Titel: Überfall nach Ladenschluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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sich, daß er nicht beobachtet wurde. Er
öffnete die Aktentasche, nahm 122 000 Mark heraus und schichtete die Geldbündel
in einen Karton, den er dann verschnürte. 6 000 Mark blieben in der Aktentasche.
    Er ließ sie
im Kofferraum. Mit dem Karton ging er ins Bahnhofsgebäude — und dort zu den
Schließfächern. Erachtete auf bekannte Gesichter. Aber eine Begegnung war
unwahrscheinlich, die Stadt für solche Zufälle einfach zu groß.
    Schließfach
409 nahm den Geldkarton auf. Er fütterte das Zählschloß mit Münzen. In der
Toilette klebte er sich den Schlüssel mit einem Heftpflaster an die linke Wade.
    Jetzt kam
es auf andere Gauner an. Er kannte sie nicht, hatte nur von ihnen gehört —
unter der Hand, in Ganovenkreisen. Er wußte, daß Ernesto Grottole in der
Taifun-Bar hinter der Theke den Mixbecher schwang. Ein gewisser Sigi Burkart
kellnerte. Offenbar waren das ausgebuffte Typen.
    Klappt es
nicht, dachte er, kann ich immer noch den Rückzug antreten. Aber warum sollten
sie ausgerechnet mich verschonen? Die dicke Brieftasche — bei mir riecht man
die förmlich!
    Er ging zum
Wagen zurück. Samtiger Nachthimmel spannte sich über die Stadt. Ungezählte
Sterne blinkten. Aber dafür hatte Carezzo keinen Blick.
    Er fuhr zur
Friedrichs-Straße, wo um diese Zeit tote Hose war. Unschöne Bauten reihten sich
aneinander in Richtung Industrie-Viertel. Ein naher Fabrikschlot stieß weiße
Wolken aus. Schräg hinter dem Schornstein, aber Kilometer entfernt, setzte ein
Jumbo-Jet zum Landen an.
    Carezzo
parkte an einer kahlen Fabrikmauer. Niemand war in der Nähe, die Gasse still.
Er zog seine Krawatte zurecht, nahm die Aktentasche und ging zur
Friedrichs-Straße zurück.
    Es gab
mehrere Kneipen in diesem Viertel. Stammgäste waren selten. Und wer nicht
wiederkam, den konnte man ausnehmen.
    Zwei
jedenfalls sagten sich das: Ernesto Grottole und Sigi Burkart. Ihr Trick war
einfach, wie Carezzo gehört hatte: Sie servierten Betäubungstropfen.
Selbstverständlich nicht pur (rein), sondern als unerwünschte Zugabe im
Cocktail (Mixgetränk). Der Bewußtlose wurde dann ausgeraubt und wachte irgendwo
am Straßenrand auf.
    Hoffentlich
kann man sich darauf verlassen! dachte Carezzo.
    Die Taifun-Bar
sah von außen nach nichts aus, jedenfalls nicht so wild wie ein Taifun: ein
unscheinbares Nachtlokal im fünften oder sechsten Gebäude der östlichen
Häuserzeile. Ringsum waren die meisten Fenster dunkel.
    Als Carezzo
eintrat, saß nur ein grellgeschminktes Mädchen an der Theke. Sie wedelte gleich
mit den angeklebten Wimpern und versuchte, ihn anzumachen. Aber er mimte den
müden Handelsvertreter, der nichts von Damengesellschaft wissen will, sondern
ausschließlich nach Schnaps lechzt.
    „Dann eben
nicht“, maulte sie. „Von einem wie dir lasse ich mich ohnehin nicht einladen.“
    Carezzo
grinste, stellte sich in die Kurve der Bar und seine Aktentasche zwischen die
Füße.
    „Bestell
dir einen Drink“, meinte er.
    Die Schöne
trank zwei, dann wurde sie von Sigi Burkart an die frische Luft gesetzt.
    Er war ein
athletischer Bursche mit blond gefärbtem Haar, Ernesto, der Barkeeper, eine
flinke Ratte mit schiefen Zähnen und ständigem Grinsen.
    „Solche
Miezen sehen wir. nicht gerne“, meinte Sigi, als er zurückkam. Er streifte eine
Hand an der andern ab.
    „Nicht mal
an einem toten Tag wie heute“, grinste Ernesto Grottole. „Heute, mein Herr“, er
sah Carezzo an, „ist nämlich wirklich nichts los. Ich sage das nur, damit Sie
nicht denken, hier läuft eine Party. Sonst haben wir den Laden voll. Aber
manchmal bleiben eben alle netten Leute zu Hause. Außen Ihnen, natürlich.“
    „Bin froh,
wenn’s mal ruhig zugeht“, sagte Carezzo und bestellte noch einen Whisky.
    Ohne Hast
begann er, sich zu betrinken. Das gehörte dazu.
    Natürlich
hatten die beiden seine 2000-Mark-Uhr bemerkt. Und die goldenen
Manschettenknöpfe. Und die Aktentasche, die er mit beiden Beinen bewachte.
    Zwei, drei
Gäste kamen noch, einzeln, blieben aber nicht lange. Ein Bier, zisch und raus!
Hier hatte man nichts verloren.
    Carezzo
erhöhte seine Zeche. Er vertrug eine Menge — vor allem dann, wenn er vorher gut
gegessen hatte. Die gute Irmgard mit ihrer Betulichkeit. Ein richtiges
deutsches Hausmütterchen. Aber solange sich nichts Besseres bot...
    Er würfelte
mit Grottole, dem Rattentyp. Grottole sagte, er komme aus der Gegend von Pisa.
Carezzo erzählte Unverfängliches von sich. Sigi hatte nichts zu tun, las
Zeitung und wischte dann die

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