Überfall nach Ladenschluß
Tischplatten ab. Etwa 20 kleine Tische verloren
sich in der Tiefe des Raumes. Der Hintergrund war dunkel. Nur über der Bar
funzelte Licht.
„Darf ich
Sie zu meinem Spezial-Cocktail einladen?“ fragte Grottole. „Der fegt los wie
ein Taifun und wird Ihnen schmecken.“
„Sehr...
gern...“, Carezzo lallte bereits, und das war nicht gespielt.
Na, also!
dachte er, während er das süße Gesöff trank.
Kurz darauf
wurde ihm schwarz vor Augen.
Er sackte
zu Boden.
Sie waren
eingespielt aufeinander. Sigi Burkart flitzte zur Tür, schloß ab und kam
händereibend zurück.
„Der bringt
was!“ freute sich Grottole. Jetzt grinste er nicht mehr.
„Hast du
keine Gewissensbisse, einen Landsmann auszunehmen?“ witzelte Sigi, der Blonde.
„Wie kommst
du auf die Idee? Ich will dir was sagen, Sigi. Italiener sind auch nicht besser
als Deutsche, jedenfalls nicht viel.“
Zusammen
schleiften sie Carezzo ins Hinterzimmer.
Als Sigi
nach der Aktentasche griff, wurde an den Eingang gehämmert. Dreimal bebte die
Tür. Pause. Zwei Schläge folgten. Wieder Pause. Drei Schläge beendeten das
Signal.
„Der Chef“,
sagte Grottole. „Der kommt, weil er wissen will, was vorhin mit der Kripo war.“
„Kannst
nichts sagen. Er war lange nicht hier.“
Sigi lief
nach vorn und ließ drei Männer ein: Marcello Cordone, den Chef der hiesigen
Mafia; Vittoria Leonessa, der gefürchtet wurde wie sonst keiner, und Enrico
Palena, Cordones Leibwächter.
Cordone sah
aus wie ein römischer Filmstar: groß, dunkel. Aber die Kälte in seinen Augen
konnte einen Kühlschrank ersetzen. Palena war dürr wie ein abgenagter Knochen
und hatte das gemeinste Gesicht in der Stadt. Vor Leonessa hätte sich Irmgard
Möhring gefürchtet, darin war Carezzo nicht fehlgegangen. Wer diesem Typ nachts
auf dem Friedhof begegnete, mußte glauben, er sei aus dem Grab gestiegen.
Freilich — skelettartig war nur sein Schädel, die Figur eher stabil, bei mittlerer
Größe.
„Was ist
hier los?“ fuhr Cordone den Kellner an. „Wieso habt ihr geschlossen? Ihr sollt
Geld machen, verdammt!“
„Das machen
wir ja.“ Sigi lächelte. „Eben haben wir einen flachgelegt. Mit Ernestos
Taifun-Spezial. Gerade wollten wir nachsehen, wieviel der Typ in der Tasche
hat.“
Sie gingen
ins Hinterzimmer.
Cordone
starrte den Bewußtlosen an.
Palena
gestattete sich ein schiefes Grinsen.
Leonessa
beleckte lange, gelbe Zähne.
„Seid ihr
wahnsinnig!“ brüllte Cordone. „Das ist einer meiner Leute. Mein Kassierer.
Der... Zum Teufel mit ihm! Er hat die Tasche bei sich. Und läßt sich so
reinlegen.“
Leonessas
Stimme war heiser. „Vielleicht braucht er einen Denkzettel, Chef.“
Palena
nickte. Er stieß Carezzo mit der Fußspitze an, die ziemlich tief in dessen Rippenspeck
tauchte. Palena mochte den Kassierer nicht.
„Keine
schlechte Idee!“ lobte Cordone. „Einen Denkzettel! Ja! Nehmt das Geld raus!“
Grottole,
der Rattentyp, räumte die Aktentasche leer.
„Hm. Viel
ist das nicht, Chef. Etwa 6 000 Mark. Irre ich mich, oder müßte der nicht
gestern und heute ‘ne Menge Geld eingesammelt haben?“
Cordones
Schönling-Gesicht wurde starr. „Seine Brieftasche!“ Er schnippte mit den
Fingern.
Sigi gab
sie ihm. Cordone blätterte in Carezzos schmalem Notizbuch. Es enthielt Zahlen,
die nur er verstand.
„Es müßten
über 120 000 Mark sein, diese Woche. Durchsucht ihn!“
Grottole
und Sigi machten das. Sie fanden den Schließfachschlüssel.
Cordone
betrachtete ihn lange. Dann ließ er ihn in Palenas Hand fallen.
„Sieh dich
um, Enrico! Fang beim Hauptbahnhof an. Dort in der Nähe wohnt er. Und wie ich
ihn kenne...“
Palena
nickte und zog ab. Leonessa zeigte wieder seine langen, gelben Zähne.
Den beiden
Taifun-Bar-Typen kroch es kalt über den Rücken. Sie kapierten, daß sich
schwarze Wolken über dem Bewußtlosen zusammenzogen.
Cordone
deutete auf ihn. „Er darf vorläufig nicht aufwachen. Flößt ihm was ein.“
Sigi
besorgte das mit einer Spritze. Auch auf solche Gelegenheiten war er
vorbereitet.
„Wie ich
feststelle“, sagte Cordone, „schadet es nichts, wenn sich in unserem Verein
nicht alle kennen. Auf diese Weise kommen Dinge ans Licht, die sonst begraben
blieben. Ihr kanntet Carezzo nicht. Er hat von euch keine Ahnung, weiß
zumindest nicht, daß mir die Taifun-Bar gehört und ihr für mich arbeitet. Aber
er scheint zu wissen, wie ihr mit K.O.-Tropfen umgeht. Seid in Zukunft noch
vorsichtiger. Sonst haben wir die Bullen auf dem
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