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Überfall nach Ladenschluß

Überfall nach Ladenschluß

Titel: Überfall nach Ladenschluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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mit
Spitzhacke und Schaufelbagger antreten läßt.“
    „Was für
Käufer sind das?“
    „Konzerne,
die Ketten aufbauen: Läden, Supermärkte, Hotels, Tankstellen, Garagen. Von
einer Schuld dieser Konzerne kann man nicht reden. Sie sehen nur irgendwo eine
Lücke in ihrem Netz: eine weiße Stelle auf der Generalstabskarte. Sie suchen
und finden ein Grundstück, das ihnen paßt. Aber irgendein — meist schon recht
wertloser — Wohnsilo steht drauf. Sie wenden sich an den Besitzer und machen
ihr Angebot. Der ginge gern darauf ein, weiß aber nicht, wie er die Mieter
rauskriegen soll. Sie rausekeln? Das zieht nicht immer. Außerdem dauert es
lange. Renoviert (erneuert) wurde ja schon seit langem nicht mehr. Aber
das hat keinen geschreckt. Erst wenn alles in Schutt und Asche fällt, ist er
sie garantiert los, die Mieter.“
    Locke
überlegte. „Dann wäre es doch das beste Geschäft für die Mafia, wenn sie solche
Gebäude billig aufkauft, hoch versichert und abbrennt, sobald Interessenten
dafür da sind“.
    „Allerdings.
Auf die Weise würde jede Mark in ihre Vereinskasse fließen.“
    Es
klingelte. Tom ließ Dr. Weber ein, den Anwalt, einen seriösen (vertrauenswürdigen) Endfünfziger mit grauen Schläfen.
    Nicki
benutzte die Gelegenheit, um durch die Haustür zu entwischen. Tom lief ihm
nach. Auch Locke, die das beobachtet hatte, seilte sich ins Freie ab.
    Der
Vierbeiner hatte auf dem gegenüberliegenden Gehweg eine Katze entdeckt und
wollte durch die Einfahrt sausen — gerade, daß ihn Tom noch am Halsband
erwischte.
    In diesem
Moment rollte der Wagen heran.
    Locke hatte
das Gefühl, sich in eine Salzsäule zu verwandeln — was einiges heißen will, bei
einem so süßen Geschöpf. Ihre Glutaugen wurden groß. Sie glaubte zu träumen.
    Tom ging es
ähnlich. Er schielte fast.
    Der Wagen
hielt an der Pforte. Es war ein mächtiger Schlitten, ein US-Fabrikat, hellbeige
und chromreich — kurzum: ein Straßenkreuzer, versehen mit einem
Kfz-Kennzeichen, das die beiden auswendig kannten.
    Der Fahrer
— und einzige Insasse — stieg aus. Er war groß, dunkel, südländisch. Auf
talmihafte Weise sah er gut aus — mit seinem strichdünnen Schnurrbart. Er
bewegte sich wie ein römischer Filmstar, der von einer Party kommt und zur
nächsten eilt. Unter dem Arm trug er eine Kollegmappe.
    Nach einem
Blick auf Helgas Praxis-Schild fragte er — überflüssigerweise: „Bin ich hier
richtig bei Frau Dr. Conradi?“

    „Ja“,
krächzte Tom. „Goldrichtig.“
    Der
Mafia-Typ, dem sie gestern abend vor der Taifun-Bar begegnet waren, sagte:
„Tag! Kennen wir uns?“
    „Weiß
nicht. Ich bin Tom... eh... Engelbert Conradi.“
    „Freut
mich.“ Spöttisch deutete er eine Verbeugung an, auch in Lockes Richtung.
„Marcello Cordone. Makler. Eure  Frau Mutter erwartet mich wohl schon. Ich
komme wegen des Landhauses.“
    Das ist ja
ein Hammer! dachte Locke — und lockerte ihre Haltung, indem sie eine Hüfte nach
links schob und auf der andern Seite die Hand in die Taille stemmte. Der ist
der Makler! Ein Glück, daß Helga ihren Anwalt gerufen hat.

12. Der verlorene
Brief
     
    Zigarettenrauch
durchzog sein Apartment. Die Schere klirrte, als er sie auf den Tisch legte.
Klebstoff haftete an allen Fingern. Die Pinzette sah aus, als hätte er damit in
einem Leimtopf gerührt. Aber der Brief war fertig.
    Leonessa
säuberte sich die Hände, zog dann dünne Handschuhe an und schob die
zusammengeklebte Mitteilung in den Umschlag. Er klebte ihn zu. Auch die
Anschrift bestand aus Druckbuchstaben, die er ausgeschnitten hatte. Auf den
Absender hatte er begreiflicherweise verzichtet.
    An —
Polizei-Präsidium... So hatte er den Brief adressiert.
    Minutenlang
suchte er nach Briefmarken. Er fand keine, hatte nämlich keine, entdeckte aber
Gegenstände, die er längst als verloren abgeschrieben hatte: eine
Krawattennadel, zwei seltene Münzen im Lederetui, den Zahnstocher aus Gold —
der so gut zu seinen gelben Zähnen paßte — und einen Zeitungsartikel über
Gebäudeversicherungen, den er aufgehoben hatte, um sich beruflich fortzubilden,
sozusagen.
    Briefmarken!
    Er zog sein
Jackett an, schob den Brief in die Außentasche, steckte ein, was er brauchte,
und verließ die Wohnung.
    Da er nun
unterwegs war, wollte er auch gleich einige italienische Zeitungen besorgen.
    Er fuhr zum
Bahnhof. Das Getümmel in der Halle ging ihm auf die Nerven. Am Kiosk für
,Ausland-Presse’ erstand er die Zeitungen. Eilig marschierte er zurück, wobei
er die

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