Überfall nach Ladenschluß
pfirsichfarbener
Genugtuung.
„Gut so!
Hat’s nicht anders verdient, der Kerl. Mir kommen die Lasagne (Nudelgericht) hoch, wenn ich nur an ihn denke.“
Trotzdem
wollte sie alles wissen. Ihre Neugier wurde befriedigt. Dann war Locke an der
Reihe.
„Wir haben
eine Frage, Kathie, was die Mafia betrifft. Carezzo holt das Schutzgeld ab.
Aber wer hat deinen Chef eingeschüchtert? Wir können uns nicht vorstellen, daß
das telefonisch geschieht. Da war doch bestimmt jemand hier?“
Kathie
zögerte, gab sich dann einen Ruck und dämpfte die Stimme zum Hauch.
„Nicht nur
einmal. Sie kommen gelegentlich zum Essen. So weit geht die Unverfrorenheit!
Aiano selbst muß sie bedienen. Sein Gesicht müßtet ihr sehen. Sie lassen sich’s
schmecken. Aber sie bezahlen natürlich nicht. Es sind drei.“
„Drei“,
nickte Locke. „Typen, die man nicht vergißt, wie? Einer ist groß und sieht gut
aus, der andere wie der Sensenmann persönlich und der dritte, als hätte er
Vater und Mutter
umgebracht, um dann vor Gericht mildernde Umstände zu fordern — als elternlose
Waise. Stimmt’s?“
„Ihr kennt
sie?“
„Nur vom
Sehen. Was weißt du von ihnen?“
„Sonst
nichts. Sie kommen immer in einem amerikanischen Wagen.“
„Wissen
wir. Das war’s, Kathie.“
Draußen bei
den Rollern sagte Tom: „Über die Kfz-Zulassungsstelle kriegen wir raus, wie sie
heißen und wo sie wohnen. Gunter könnte das machen. Aber das geht erst morgen.
Jetzt fahren wir zu uns. Ich bin gespannt auf Mutters Überraschung.“
Nicki tobte
im Garten und geriet völlig aus dem Häuschen, als die beiden ankamen. Lachend
mußte Locke zulassen, daß er ihr über die Nase leckte.
Noch
während sie ihn bändigte, rollte Gunters Saab um die Ecke. Rehm parkte in der
Einfahrt und schnitt den beiden eine Grimasse, was wohl heißen sollte: Na, ihr?
Trifft man euch überall?
„Der Herr
Redakteur schwänzt seine Arbeit“, sagte Locke. „Oder ist die Montagsausgabe
schon fertig?“
Gunter nahm
sein Töchterchen in den Arm. „Wenn du mich so fragst, hast du doch eine
Neuigkeit in petto (im Hintergrund), bei der dein alter Vater mit den
Ohren schlackert.“
„Lag dir
der Polizeibericht vor?“
„Um den
kümmert sich Müller. Aber erst um halb acht. Was habt ihr angestellt?“
„Tom hat
den Roten gefangen. Unseren Roten, der nicht Hartmann heißt, sondern Schöps.“
„Gratuliere!“
Gunter klapste Tom auf die Schulter.
Die
Einzelheiten sparten sie sich auf, bis sie im Haus waren, damit auch Helga
alles erfuhr, ohne daß man zweimal erzählen mußte.
Sie war
stolz und erschrocken zugleich, nahm ihren Sohn bei den Ohren und betrachtete
ihn mit verzweifelter Miene. Er nahm es hin, daß sie ihn auf die Stirn küßte.
Für ihn hatte es nicht den Reiz wie für Gunter, der jetzt nachträglich einen
Kuß erhielt — denn die Begrüßung war vernachlässigt worden zugunsten der
Neuigkeit.
„Aber es
ist nur der eine Rote“, sagte Locke. „Der Trittbrettfahrer mit dem kleineren
Sündenregister. Der andere erfreut sich der Freiheit. Ach, Papi, könntest du
morgen mal feststellen, wem ein bestimmtes Auto gehört?“
„Hat es
euch die Vorfahrt geschnitten?“ erkundigte er sich mißtrauisch.
Locke und
Tom tauschten Blicke.
„Möglicherweise“,
sagte Tom, „handelt es sich um den Dienstwagen der Mafia.“
Gunter nahm
seine Shagpfeife aus dem Lederbeutel und hätte sie beinahe über dem Teppich
ausgeklopft. Gerade noch, daß er das Entsetzen in Helgas Blauaugen bemerkte.
„Also seid
ihr ihnen doch auf der Spur? Das Grau meiner Haare wird sich bald in Schneeweiß
verwandeln. Helga, Liebling, ich liebe dein Blond so. Bitte, bleib dabei. Tu
so, als gäbe es die beiden nicht. Damit deine Nerven durchhalten. Eins sage ich
euch, ihr Sargnägel: Mich könnt ihr ja seelisch mißhandeln. Aber wenn ihr euch
an meiner künftigen Frau vergreift, weise ich euch ein in ein Heim für
schwererziehbaren Nachwuchs.“
Alle
lachten. Tom sagte: „Ich wette, Locke, die nehmen uns nicht. Für schwere Fälle
wie uns gibt’s nur einen einzigen Platz: zu Hause.“
Gunter
begann seine Pfeife zu stopfen. Er rauchte sehr wenig — eigentlich nur in
Helgas Gegenwart, denn sie mochte den Duft von schwarzen Kentucky-Spitzen und
anderem ,Kraut’.
„Dienstwagen
der Mafia“, sagte er. „Soso. Das interessiert mich. Seit vorhin habe ich
nämlich ein enges Verhältnis zu den Brüdern. Einer, den sie offenbar gekränkt
haben, rief mich an. Es klang glaubhaft, was er
Weitere Kostenlose Bücher