Überflieger - Warum manche Menschen erfolgreich sind und andere nicht
verdanken. Der Erfolg ist das Produkt
der Umwelt, in der sie aufwuchsen.
Wir wollen übrigens auch Bill Joy nicht vergessen. Wäre er nur ein bisschen älter gewesen und hätte sich noch mit den Lochkarten
herumschlagen müssen, dann hätte er Naturwissenschaften studiert, meint er heute. Statt einer Computerlegende wäre Bill Joy
vielleicht Biologe geworden. Und wenn er nur ein paar Jahre später dran gewesen wäre, dann hätte sich das kleine Zeitfenster
bereits geschlossen, in dem er seine Internetsoftware schreiben konnte. Vielleicht wäre Bill Joy auch unter diesen Umständen
lieber Biologe geworden. Und wann kam er zur Welt?
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Bill Joy: 8. November 1954
Nach seinem Ausflug nach Berkeley wurde Joy einer der Mitbegründer von Sun Microsystems, einem der ältesten und wichtigsten
Softwareunternehmen in Silicon Valley. Und wenn Sie immer noch meinen, Ort und Zeit spielten keine Rolle, hier sind die Geburtstage
der drei übrigen Gründer von Sun Microsystems:
Scott McNealy: 13. November 1954
Vinod Khosla: 28. Januar 1955
Andy Bechtolsheim: 30. September 1955
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Der Soziologe C. Wright Mills machte eine weitere Besonderheit hinsichtlich der Kohorte der in den Dreißigerjahren des 19.
Jahrhunderts Geborenen aus. Bei einer Analyse der Herkunft der US-amerikanischen Wirtschaftselite von der Kolonialzeit bis
ins 20. Jahrhundert stellte er fest, dass die meisten Unternehmensführer aus privilegierten Familien stammten – bis auf die
Kohorte aus den Dreißigerjahren des 19. Jahrhunderts. Das verdeutlicht, welchen Vorteil es bedeutete, in diesem Jahrzehnt
geboren worden zu sein. Es war das einzige Jahrzehnt, in dem Menschen, die in bescheidenen Verhältnissen geboren wurden, eine
realistische Chance bekamen, wirklich reich zu werden. Mills schreibt: »Der beste Zeitpunkt in der Geschichte der Vereinigten
Staaten, zu dem ein armer Junge mit großem unternehmerischen Ehrgeiz geboren werden konnte, war um das Jahr 1835.«
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|63| Kapitel 3
Das Problem mit den Genies, Teil 1
»Wenn Sie vor einem Klassenzimmer voller kluger Kinder stehen, dann haben Sie wenig davon, wenn Sie den Intelligenzquotienten
eines Kindes kennen.«
1.
Im Frühjahr 2008 trat in der amerikanischen Quizsendung
1 vs
100
ein Gast namens Christopher Langan auf.
1 vs 100
ist eine von zahlreichen Nachahmersendungen, mit denen Fernsehsender auf den phänomenalen Erfolg der Quizshow
Wer wird Millionär?
aufspringen wollten. Woche für Woche tritt eine Gruppe von 100 Dauergästen, die als »der Mob« bezeichnet werden, gegen einen
geladenen Gast an. Dabei geht es um eine Million Dollar. Der Gast muss mehr Fragen richtig beantworten als seine 100 Gegenspieler.
Vermutlich gab es dafür keinen geeigneteren Kandidaten als Christopher Langan.
»Heute Abend steht der Mob vor seiner schwierigsten Aufgabe«, verkündete eine Stimme aus dem Off. »Wir präsentieren Ihnen
Chris Langan, der auch als der klügste Mann Amerikas bekannt ist.« Es wurde das Bild eines bulligen Fünfzigjährigen eingeblendet.
»Der Durchschnittsmensch hat einen Intelligenzquotienten von 100«, fuhr die Stimme fort. »Einstein hatte 150. Chris hat einen
Intelligenzquotienten von 195. Gerade beschäftigt er sich mit einer Theorie des Universums. Doch wird sein Wunderhirn ausreichen,
den Mob zu besiegen und eine Million Dollar mit nach Hause zu nehmen? Sehen Sie selbst in
Einer gegen Hundert
.«
Unter tosendem Applaus betrat Langan die Bühne.
»Meinen Sie, man braucht einen besonderen Intelligenzquotienten, |64| um hier zu gewinnen?«, fragte ihn der Moderator Bob Saget im Vorgespräch. Dabei sah er Langan prüfend von der Seite an, als
handele es sich um ein Versuchstier.
»Ich glaube, ein hoher Intelligenzquotient könnte sogar eher ein Hindernis sein«, erwiderte Langan mit einer tiefen, selbstsicheren
Stimme. »Menschen mit hohem Intelligenzquotienten neigen zur Spezialisierung und Vertiefung. Sie meiden Belang-losigkeiten.
Aber wenn ich mir diese Leute hier ansehe«, – er blickte ins Publikum und die Heiterkeit in seinen Augen verriet, wie lächerlich
er das Schauspiel fand – »dann denke ich, dass ich nicht allzu schlecht abschneiden werde.«
Im vergangenen Jahrzehnt hat Chris Langan eine außergewöhnliche Berühmtheit erlangt. Für die amerikanische Öffentlichkeit
ist er die Verkörperung des Genies, ein Überflieger. Er wird in Nachrichtensendungen eingeladen, in Zeitschriften porträtiert,
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