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Überflieger - Warum manche Menschen erfolgreich sind und andere nicht

Titel: Überflieger - Warum manche Menschen erfolgreich sind und andere nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malcolm Gladwell
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wie möglich denken. Es gibt keine richtigen und falschen Antworten, es geht vielmehr darum, möglichst viele und originelle
     Lösungsmöglichkeiten zu finden. Dieser Test misst nicht Ihre analytische Intelligenz, sondern etwas völlig anderes, das eher
     mit Ihrer Kreativität zu tun hat. Ein Divergenztest ist eine mindestens ebenso große Herausforderung wie ein Konvergenztest,
     und wenn Sie mir das nicht glauben mögen, legen Sie doch einfach das Buch beiseite und beantworten Sie spaßeshalber die Frage
     von eben.
    Liam Hudson führte diesen Test an englischen Eliteschulen durch. Hier sind die Antworten, die ein Junge namens Poole gab:
    (Ziegelstein) Verwenden beim Schaufenstereinbruch. Haus zusammenhalten. Verwenden beim russischen Roulette, wenn du gleichzeitig
     was für deine Fitness tun willst (zehn Schritte, umdrehen, werfen, Ausweichen nicht erlaubt). Bettdecke mit einem Stein in
     jeder Ecke des Betts fixieren. Leere Colaflaschen zerdeppern.
    (Decke) Auf dem Bett. Als Versteck für verbotenen Sex im Wald. Zelt. Zum Rauchsignale machen. Als Segel für Boot, Karren oder
     Schlitten. Ersatz für Handtuch. Als Ziel bei Schießübungen für Kurzsichtige. Zum Auffangen von Leuten, die aus brennenden
     Hochhäusern springen.
    Anhand dieser Antworten bekommt man einen guten Eindruck davon, wie Pooles Gehirn funktioniert. Er hat einen Sinn für Humor,
     und er ist ein wenig subversiv und libidinös veranlagt. Seine Assoziationen springen von Gewalt über Sex zu Menschen, die
     aus brennenden Hochhäusern springen und schließlich zu der praktischen Frage, wie man verhindern kann, dass eine Decke vom
     Bett rutscht. Man bekommt den Eindruck, wenn er noch zehn |80| Minuten mehr Zeit gehabt hätte, dann wären ihm auch noch 20 weitere Verwendungsmöglichkeiten eingefallen. 11
    Zum Vergleich die Antworten eines anderen Schülers aus Hudsons Untersuchung. Sein Name ist Florence, und Hudson versichert
     uns, der Junge sei ein Wunderkind und gehöre zu den Schülern mit dem höchsten Intelligenzquotienten an seiner Schule.
    (Ziegelstein). Dinge bauen, werfen
    (Decke). warm halten, Feuer ersticken, an Bäume binden und drin schlafen (als Hängematte), improvisierte Trage
    Wo ist die Fantasie von Florence geblieben? Er hat die üblichen praktischen Verwendungsmöglichkeiten für Ziegelsteine und
     Decken genannt und dann einfach aufgehört. Die Tatsache, dass Florence einen höheren Intelligenzquotienten hat als Poole,
     verrät uns rein gar nichts, da beide Jungen oberhalb der entscheidenden Schwelle liegen. Viel wichtiger ist, dass Poole ansatzlos
     zwischen Gewalt, Sex und brennenden Hochhäusern hin- und herspringen kann, während Florence dazu nicht in der Lage ist. Was
     meinen Sie, wer von beiden bringt wohl eher die Voraussetzungen mit, die Art brillante und kreative Forschungsarbeit zu leisten,
     mit der man einen Nobelpreis gewinnt?
    Das ist der zweite Grund, warum Nobelpreisträger nicht nur von Harvard kommen, sondern auch von Holy Cross: Harvard wählt
     seine Studenten nicht danach aus, wie gut sie in dem Ziegelstein-Test abschneiden, obwohl man anhand dieses Tests vermutlich
     besser vorhersehen könnte, wer einen Nobelpreis bekommt. Und aus diesem Grund entwickelten sich die Angehörigen der Minderheiten |81| nach ihrem Abschluss an der University of Michigan genau wie ihre weißen Kommilitonen. Ein erfolgreicher Anwalt braucht mehr
     als einen hohen Intelligenzquotienten. Ein weiterer entscheidender Erfolgsfaktor ist die Kreativität, wie sie Poole unter
     Beweis stellte. Dass die Angehörigen der Minderheiten in den Konvergenztests weniger Punkte erzielten, sagt noch lange nichts
     darüber aus, wie viel sie von diesen weiteren wichtigen Eigenschaften mitbringen.
    6.
    Und genau hier lag Termans großer Irrtum. Er war geradezu geblendet von der Tatsache, dass seine Termiten die intelligentesten
     der Intelligenten waren – 1 Prozent der 1 Prozent Besten – und übersah dabei völlig, wie irrelevant diese scheinbar so außergewöhnliche
     Tatsache ist.
    Als die Termiten erwachsen wurden, trat Termans Irrtum deutlich zutage. Einige seiner Wunderkinder veröffentlichten Bücher
     und wissenschaftliche Arbeiten, andere wurden erfolgreiche Unternehmer. Unter den Termiten waren ein paar Politiker, zwei
     Oberrichter, ein Ortsrichter, zwei Abgeordnete des kalifornischen Parlaments und ein Staatssekretär. Doch wenige seiner Genies
     wurden über die Grenzen des Bundesstaates hinaus bekannt. Die meisten

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