Uebergebt sie den Flammen
»Gib Acht. Ich liege hier«, warnte Johann leise.
»Es ist nur dunkel. Der Herr wird uns in der Finsternis leuchten.«
»Adolph!«
Sie tasteten zueinander, fanden sich schnell, sie konnten sich nicht umarmen, lagen so dicht, dass sie den Atem spürten.
»Du? Warum?«
Rastlos war Adolph durch Köln geeilt. »Einige Brüder habe ich verständigt, bat sie, die Nachricht weiterzugeben.« Dann hatte er sich auf den Weg gemacht, bis zum Abend wollte er im »Bäumchen« bleiben, um später die Dunkelheit auszunutzen. »Wir haben ein Treffen verabredet, im Haus des Fabritius.« Seine Stimme war bedrückt. »Dort warten sie jetzt vergeblich.« Noch bevor er die Herberge erreicht hatte, waren sie über ihn hergefallen. »Fast an der gleichen Stelle. Nur dieses Mal brauchten sie keinen Judas.«
»Warum?«, drängte Johann.
»Zunächst beschuldigten sie mich des Aufruhrs. Bei deiner Verhaftung habe ich zu laut protestiert. Die Stadt lässt nicht zu, dass man sie kritisiert. Doch dann, ach, Johann, die Herren müssen meine Verhaftung schon lange geplant haben. Sie warteten nur auf einen günstigen Moment. Nicht aus sich selbst hat der Greve seinen Schergen so genaue Anweisungen gegeben.« Adolph berichtete, wie er den Mantel ausziehen musste, mit sicherem Griff hatten sie die Sendschreiben gefunden. »Auch Briefe der Brüder an mich. Gott möge sie vor Unheil bewahren.«
Die Verlorenheit war gewichen, trotz des Kerkers, mit Adolph an seiner Seite fand Johann Trost. Bald hatten sie sich die Fesseln gelöst. Die Nacht hindurch planten sie, den Tag über lasen sie gemeinsam und stärkten sich an der unerschrockenen Hingabe ihres Herrn – und wieder nur wenig Schlaf. Der Sonntag weckte sie mit dem mächtigen Dreiklang der Domglocken. »Predige für mich«, bat Adolph.
»Sein Reich ist nahe. Er wird uns ans Licht heben, an seiner Seite werden wir regieren.« Völler Leidenschaft beschwor Johann all seine Hoffnung.
Durch den Spalt der Kerkermauer graute der neue Tag. Nach Stunden des Schweigens begann Adolph, dem Freund aus den Psalmen zu lesen. Polternde Schritte, der Riegel, die Zellentür wurde aufgerissen. Hastig verbarg Adolph das Buch in seinem Wams, beide schützten sich mit den Händen vor dem grellen Licht.
Sie wurden aus dem Kerker durch enge Gänge hinüber in den Saal des Frankenturms geführt. Zufriedene Gesichter, die städtischen Kleider prangten. »Beide sind dem Heiligen Gericht zu überstellen!«
Adolph schüttelte heftig den Kopf. »Ich bin kein Priester! Ich bin Schulmeister und unterstehe der Gerichtsbarkeit des Kaisers. Mich dürft ihr nicht an die Kirche ausliefern.«
So hatten sie es geplant, und Johann vertraute dem Freund. Zwei Gerichte waren besser. Vor den weltlichen Richtern wollte Adolph ihre gemeinsame Sache hinausschreien. Damit war Johann einverstanden, und doch fürchtete er sich jetzt, hoffte, dass sie Adolph mit auslieferten.
Die Herren hatten sich beraten. »Der Schulmeister ruft das Gericht des Kaisers an. so soll er sich auch vor der Welt verantworten. Doch er soll nicht hoffen, dass seine geforderten Richter mehr Nachsicht üben werden als das Gericht des Erzbischofs.«
Der Finger zeigte auf Johann. »Schafft ihn weg.«
Schon griffen Hände zu. Johann wandte den Kopf, Tränen verwischten den letzten Augenblick.
»Bleibe fest! Verleugne die Wahrheit nicht. Emmanuel, Johann. Bruder!«
Hinter dem rotgedeckten Tisch des Tribunals saß der Inquisitor, seine Engel ihm zur Seite. Konrad Köllin las flüchtig in den Papieren, die ihm nach und nach von einem Mönch vorgelegt wurden. Keiner der hohen Herren beachtete Johann. Verloren stand er vor seinen Richtern, erst hatte er aufrecht den Blick des Inquisitors gesucht, es gab keine Begegnung. Nur aus dem Chor der umstehenden Würdenträger und Pfaffen griffen zwei Augenpunkte nach Johann. Wie zum Gebet hielt der Mönch die Hände vor seiner Brust. Er trug die Kutte der Franziskaner, der Dorstener Observanten, das Gesicht war ein einziger Triumph. Mutlos hatte Johann den Kopf sinken lassen, seit einer Ewigkeit folgte er den Rissen im zertretenen Mosaik des Steinbodens.
»Johann Klopreis!«
Erschreckt fuhr er auf. Endlich, ich werde einen großen Prozess verlangen, dachte er noch.
»Angeklagt der Ketzerei. Den Irrtum widerrufen. Den Schwur gebrochen und weiter der Irrlehre nachgegangen.« Die Miene des Inquisitors veränderte sich nicht, blieb unbeteiligt. »Das Gericht hat in Abwesenheit entschieden.«
»Ich«, sagte Johann
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