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Uebergebt sie den Flammen

Uebergebt sie den Flammen

Titel: Uebergebt sie den Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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auf Melaten brennen, dauert es noch. Heut gibt’s ein gutes Geschäft.«
    »Schweig! Halt deinen Mund!« Wendel schrie.
    Zwei Finger schnellten auf ihren Bauch zu. »Verrecken soll es!«
    Obwohl er sie nicht berührt hatte, fühlte sie einen Stich, krümmte sich. Greet holte aus und trat den Kerl weg, er stolperte, raffte sich auf, sein Kichern glaubte Wendel noch zu hören, als er längst in der Menge untergetaucht war.
    An der Hachtpforte tobte das Gewühl. Gaffer, die hier seit dem frühen Morgen gewartet hatten, verteidigten wütend ihren guten Platz. Befehle, Pfiffe, gewaltsam gingen die Gerichtsboten vor, bis das Volk nach rechts und links auswich. Einen Augenblick lang sahen Wendel und Greet die Gefangenen. »Adolph!« Greet riss die Arme hoch, schrie noch einmal, das Rufen erreichte ihn nicht.
    Ein Tischler hatte sich bis zu dem Schulmeister vorgewagt, seine Kappe trug er vor der Brust. In dem hageren Gesicht wuchs Freude, er sprach, Antwort, eindringlich trug Adolph dem Tischler etwas auf. Schon schwappte die Menge zusammen und zerstörte das Bild. Plötzlich hob sich seine Stimme über den Lärm. »O Köln, Köln, wie verfolgst du das Wort Gottes!« Stille, nichts wollten die Gaffer verpassen. »Noch ist ein Nebel in der Luft, doch der wird einmal reißen!«
    Die Bürger stießen sich an. »Nebel? Es regnet nicht einmal«, verwundert andere, »so redet keiner, der Angst vor dem Tod hat«, gleich fauchte ein Pfaffe dazwischen: »Besessen ist der Kerl. Lasst euch nicht täuschen.«
    Greet rieb ihre Schläfen. »Den Mann kenn ich, Kindchen. Der vorhin mit Adolph gesprochen hat, der ist aus Wesel. Den Tischler hab ich bei einer Versammlung gesehen, das ist ein Bruder.« Sie lachte grimmig, schob Wendel in eine Mauernische. »Bleib, hier. Ich hol uns den Kerl.« Schon schritt sie in die Leute, ruderte mit den Armen, brach sich einen Weg.
    Hab doch Erbarmen, Herr, flehte Wendel, errette Adolph, du darfst ihn nicht so sterben lassen.
    Greet kehrte zurück, hatte den zögernden Mann untergehakt, er musste neben ihr hergehen. »Er ist aus Wesel, Kleines!«, rief sie. »Mich kennt er nicht.« Erst an der Nische gab sie ihn frei, zitternd trat Wendel vor, ihr Bein schmerzte nicht. Nichts war wichtiger: »Sag es genau, bitte, alles, was Adolph gesprochen hat.«
    Misstrauisch blickte der Tischler die beiden Frauen an. »So rede doch«, Greets Stimme hatte alle Härte verloren.
    »Ich muss wieder ans Tor, gleich kommen sie zurück. Ich will ihn begleiten.«
    »Ich auch«, schluchzte Wendel, »aber ich kann doch nicht. Wie soll ich denn rennen? Damit!« Sie hielt den Leib.
    »Bitte, nur die Worte.«
    Eine gute Nacht sollte der Tischler den Brüdern in Wesel wünschen, sie sollten fest im Glauben bleiben, wer um seinetwillen verfolgt wird, darf Tod, Teufel und Hölle nicht fürchten. Christus ist vorangegangen. »Adolph will ihm heute nachfolgen.« Mühsam schluckte der Mann, zerknautschte seine Kappe in den Händen.
    Wendel ließ dem Gedanken noch keinen Raum. »Und von Büderich hat er nichts gesagt?«, fragte sie.
    Der Tischler hob die Schulter und blickte sie an, dann zu Greet. »Ihr kennt den Adolph?«
    Beide nickten stumm, um sie gab es keine Menschen mehr, der Lärm, Köln, nichts, beide lernten den Verlust.
    »Allen Schwestern in Büderich, auch den Brüdern soll ich den Gruß bestellen«, stockend suchte er nach Worten, »Adolph folgt Ihm und geht uns allen voran, das hat er gesagt.«
    Die Faust schlug er immer wieder in seine Kappe, wandte sich ab und lief zur Macht zurück.
    »Danke«, flüsterte Wendel ihm nach.
    »Er lügt für uns, und es war mir gut.« Mit dem Handrücken fuhr Greet über ihre Stirn. »Dieser Kerl!«
    Helles Geläute, »Hört ihr’s?« – »Jetzt geht’s ans Sterben.« – »Nur Feuer kann die Brut auslöschen.« – »Keine Ketzer im heiligen Köln!«, grell schlug die Glocke.
    Wendel lehnte sich an die Freundin. »Glaubst du wirklich, was der Tischler gesagt hat? Dass Adolph es will?«
    »Oft hat er in Büderich daran gedacht, ich hab nur da gesessen«, Greet presste die Lider zusammen, »ich konnte ihn nicht ansehen, wenn er vom guten Tod sprach: Für das wahre Wort bin ich bereit und werde jede Verfolgung leiden! Nicht ansehen konnte ich ihn.«
    »Und Glück? Ach, Greet, was ist denn die Wahrheit wert, für die sie sterben wollen? Immer wurde er weggejagt, wann hat er gelacht? Richtig froh hab ich ihn nur gesehen, wenn er das Wort auslegen konnte, ja, wir sollen fröhlich sein im

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