Ueberleben als Verpflichtung - den Nazi-Moerdern entkommen
den Kampfgebieten informiert sein. Aus Guben kämen wir, erklärten wir der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt, die Flüchtlinge betreute. Man empfahl uns, ins Osthavelland weiterzureisen. Es sei das Aufnahmegebiet für Flüchtlinge aus Guben. Meine Mutter bestand darauf, in Berlin bleiben zu wollen. Die Beamtin versuchte, sie zu überzeugen. „Wenn nun hier in Berlin etwas geschieht?“ Meine Mutter fragte erstaunt: „Ja, aber was soll denn hier geschehen?“ Die Beamtin antwortete mit leiser Stimme: „Berlin könnte belagert werden.“ Meine Mutter verstand es, Verständnislosigkeit zu simulieren. „Das kann doch nicht sein“ , sagte sie im Brustton der Überzeugung „Das würde doch unser Führer nie zulassen!“ Die Beamtin errötete betroffen. Was sie gesagt hatte, konnte als Defätismus ausgelegt werden. Darauf stand die Todesstrafe. Ganz schnell unterschrieb sie unseren Antrag, in Berlin unterzukommen. Und wir? Wir lachten tagelang. Es verging uns erst, als wir die volle Wahrheit über die von den Nazis verübten Verbrechen erfuhren und wußten, daß wir keine Familie mehr hatten.
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