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Überleben auf Partys: Expeditionen ins Feierland (German Edition)

Überleben auf Partys: Expeditionen ins Feierland (German Edition)

Titel: Überleben auf Partys: Expeditionen ins Feierland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann , Sylvia Witt
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philosophiert, sich aber auch von Blau und Neonpink ablenken will, »dass das hier alles nur eine Illusion ist.« Er haut gegen eine Plakatwand. Sie wirbt für eine Creme, die morgens wach macht. Die vier brauchen nicht wach zu werden, denn sie schlafen gar nicht erst ein. Babbel zeigt in den Himmel. »Kann ich diese Decke anfassen, na?«
    Keiner antwortet. Spezi denkt darüber nach, dass der Drexciya-Tour-DJ Stingray seine EP »Psyops For Dummies« ausschließlich als USB-Stick veröffentlicht hat. Knuddel fehlt hier draußen ein Berührungsobjekt, und Trouble hält heimlich Ausschau nach Gründen für Randale.
    »Es ist möglich, dass wir seit Jahren in den Höhlen leben. Dass es nur noch Clubs gibt, und alles hier oben uns bloß eingetrichtert wird.«
    Babbel lacht.
    »Oder wir stecken in diesen Kokons, wie bei Matrix . Der Beat, den wir in all den Tracks hören, ist unser Herzschlag, und die Maschinen saugen von uns umso mehr Energie, je schneller wir in diesem Traum tanzen. Und immer, wenn wir hier was nehmen, wird uns in Wirklichkeit irgendein Konservierungsmittel gespritzt. Damit wir länger haltbar bleiben.«
    Trouble schaut schießschartenartig die Straße hinab. Seine Nase hat eine Witterung aufgenommen.
    »Haltbar«, murmelt er, »wie Wurst …«
    An einer Straßenecke bietet eine Würstchenbude frische Krakauer feil. Der Stand ist umringt von Menschen, die am Wochenende ständig Hunger kriegen, weil sie Bier trinken oder kiffen. Die Pillenphilosophen und Pulverkordeltänzer allerdings haben den Hunger längst vergessen.
    »Das ist ekelhaft!«, blafft Trouble in die Runde der Wurstesser und des Verkäufers hinter dem ölbesprenkelten Glas. »Dieses Fett, dieses Fleisch … wie das schon riecht.«
    »Ist ja gut«, sagt Babbel und zieht ihn an den Kordeln, doch Trouble gibt keine Ruhe. Er zittert, aber nicht vor Kälte. Es ist der Energieüberschuss. Würde man ihn zeichnen, stünden bereits seit letzter Nacht links und rechts seines Körpers ein paar dreifache Klammern in der Luft.
    »Nur schwache Menschen essen«, provoziert er die Mützenträger an den Stehtischen und den korpulenten Wurstwirt mit der Schürze, eine Gestalt, viel mehr wie aus einem Videospiel gefallen als jeder der Raver und Clubtänzer, denen sie in ihrem Bau begegnen.
    »Leg dich mal ’ne Runde hin, Alter!«, kontert einer der Angegriffenen, sich lässig den fettigen Stab mit Senf an der Spitze zwischen die Zähne schiebend.
    »Nur schwache Menschen schlafen!«, bellt Trouble und seine Augen scannen in Sekunden die Begleitung des Senfknackers. Vier riesige Kerle, Vollbärte, Oberarme wie Ulmen. Also greift er sie nicht an, sondern beginnt, ihnen auf groteske Weise zu demonstrieren, wie agil ein Mensch ohne Schlaf sein kann. Er tanzt ihnen zu einem Rave in seinem Kopf eine Weile lang etwas vor, dann schlägt er plötzlich Flickflacks vor der Würstchenbude. Die Augen des Wirtes verfolgen mit Erstaunen das Auf und Ab der Beine und des Kopfes vor seiner Theke. Das wirbelnde und herunterrutschende T-Shirt Troubles offenbart gut definierte Bauchmuskeln in einem ansonsten vollständig fettfreien, geradezu hageren Körper. Neben dem Wurstwirt auf der Theke steht ein dickbauchiges Schwein aus Kunststoff mit Schürze und Kochlöffel, das sich gezwungen kannibalisch die Lippen leckt. Trouble mag verrückt sein, aber selbst in seinem Wahn macht er im Vergleich mit der Würstchenwelt eine weit bessere Figur.
    Nach einigen Flickflacks hört Trouble mit der artistischen Vorführung abrupt auf. Nicht, weil er nicht mehr könnte – kein Schweißtropfen bedeckt seine Stirn –, sondern weil er schon wieder das Interesse verloren hat. Erstaunt blickt er auf die Bude und den Asphalt, der eben noch seine Bühne war, und sagt, als wundere er sich, was sie so lange hier treiben: »Komm, lass endlich weiter!«
    Merke ➙ Der Clubmarathon ist Leistungssport ohne Dopingkontrolle. Und alle fühlen sich wie auf einer Mission.
    Da geht er, gekrümmt und voller Schmach. Langsam setzt er einen Fuß vor den anderen und vermeidet es, irgendjemandem in der langen Schlange vor dem angesagtesten Club der Stadt ins Gesicht zu sehen, an der vorbei er nun den Rückweg antreten muss. Das apokalyptische Umfeld rund um das ehemalige Industriegebäude passt gut zu seiner Stimmung. Stunden hat er in der kalten Nacht gestanden und auf Einlass gehofft. Schlimm genug, in der Schlange stehend beobachten zu müssen, wie manche Menschen am Schlangenvolk vorbei direkt zum Türsteher

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