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Überleben auf Partys: Expeditionen ins Feierland (German Edition)

Überleben auf Partys: Expeditionen ins Feierland (German Edition)

Titel: Überleben auf Partys: Expeditionen ins Feierland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann , Sylvia Witt
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das kitschig wäre. Oder neonpink, wie die Haare der Tänzerin dort drüben zum Beispiel, die angenehm aus der Rolle fällt. Sie sieht unendlich vergnügt aus, wie sie, ihr Glas in der Hand, die Hüfte schwingt. Die könnte Babbel anspr…
    »Komm, lass endlich weiter!!!«, fetzt Trouble in Babbels Flirtvorhaben. Er tickert bereits auf der Stelle auf und ab. Von diesem Klub hat er also genug. Und wenn Trouble genug hat, muss man augenblicklich den Ortswechsel vollziehen. Sonst lädt er in Minutenschnelle Frust auf wie ein Tiger, dem man das Gehege nicht öffnet.
    »Wir müssen noch Knuddel befreien!«, ruft Trouble und zeigt auf der anderen Seite in die tanzende Menge. Höflich, aber entschlossen erwehrt sich ihr kuscheliger Kumpel dort gerade den Avancen eines Mannes, der seine Berührungsfreundlichkeit missverstanden hat und ihn gerne zu einer intensiveren körperlichen Unterredung auf die Toilette mitnehmen würde.
    »Mach du das!«, brüllt Babbel in der Überzeugung, dass Trouble so etwas selbst schafft und in der Hoffnung, die neonpinke Tänzerin vielleicht doch noch schnell ansprechen zu können. Doch als er den Kopf wieder dreht, ist sie bereits nicht mehr zu sehen.
    Im nächsten Laden ballert der Rave. Trouble ist glücklich. Die Kordeln tanzen. Die Arme fliegen hoch. Die Beats, ein paar Stunden zuvor noch hypnotisierend und wollig, peitschen hier wie Presslufthämmer. Dazu Sirenen. Alle sind gut drauf. Knuddel umarmt Menschen, die seine Knuddelei richtig verstehen. Er legt seinen Arm um schwitzige Körper. Bettet seinen Kopf an kompatible Halsausschnitte. Spezi hüpft ebenfalls wie ein Duracell-Häschen, brüllt den Umstehenden dabei aber voller Enthusiasmus ins Ohr, warum sie eigentlich gerade so abgehen: »Das ist ›Headache‹ von Benjamin Damage! Der Track hat eine 64stel-Hi-Hat! Da pocht die Schläfe, was!!!???«
    Babbel spricht auf dem Dancefloor einen nach dem anderen an. Antworten sie ihm mit mehr als zwei Sätzen, färben sie sich gelb und eine kleine Erfolgswolke erscheint über ihren Köpfen. Ploing! Figur erobert, Landkarte der Partynacht ein wenig mehr erhellt. Leider ist keine neue neonpinke Lady in Sicht. Die Ohren der Tänzer zucken an den Köpfen und fragen sich, wann sie ihren Trägern erlaubt haben, hierherzugehen, wo der Bratze-Sound sich fast selbst vor Tempo und Lautstärke ein Bein stellt. Im House-Klub hat’s ihnen besser gefallen. Die Kamera fährt über die Menge und zeigt Schwarmtanz, Schwarmrhythmus, Schwarmdurchmischung. Alle Sinne sind Sirenen. Die Kamera zeigt: Gelbfärbungen im Schwarm und aufsteigende Babbel-Highscore-Punkte für angesprochene Raver. Wer bitte braucht Facebook, wenn er tausend Freunde in einer Nacht adden kann? Die Kamera zeigt: Einen Kreis freien Raums, der sich langsam um Trouble bildet, da er die Arme nicht mehr nach oben, sondern zur Seite fliegen lässt. Er will Beschwerden herbeirempeln, will, dass jemand ihm einen Grund zum Streit gibt. Weil ihm bereits wieder langweilig wird, 64stel-Hi-Hat hin oder her. Er befindet sich im schnellen Vorlauf, immer ein paar Schritte weiter. Seine Schläfen pochen in 128steln. Zu viel weißes Pulver.
    Babbels Blick rastet auf einer Tänzerin ein, die ihm gefällt. Sie ist blauhaarig und trägt ein schmales, glitzerndes Latextop. Die Hände in der Luft, macht ihre Hüfte darunter Bewegungen, die Babbels ohnehin schon beschleunigten Puls in Wallung bringen.
    »Komm, lass endlich weiter!«, rüttelt Trouble an Babbels Schulter und reißt ihn herum. Seine flackernden Augen verheißen nichts Gutes. Seufzend lässt Babbel zum Wohle aller Beteiligten auch die Blauhaarige ziehen.
    Merke ➙ Koks ist Dranbleiben. Ecstasy ist Nachgeben. Koks ist Manie. Ecstasy ist Manier. Koks ist konzentriertes ADHS. Ecstasy ist konzentrierte Leutseligkeit.
    Die kurzen Momente, in denen die vier draußen sind, um die Lokalität zu wechseln, wirken auf alle wie ein seltsamer, windschiefer Traum. Nicht die dunklen Höhlen, die Lichterfluten, die pumpenden Herzschrittbeschleuniger sind surreal, sondern das: freier Himmel über belaubten Straßen. Plakatwände. Stille, definiert durch einzelne Geräusche, die sie als solche erst hörbar machen. Ein ganzer Tag ist schon vergangen. Sie wechseln am Abend von einem After-Hour-Klub in den nächsten großen Schuppen und müssen dafür ans Licht. Wie Tiere, die ihren Bau verlassen haben, um überirdisch von Loch zu Loch zu krabbeln.
    »Es ist möglich«, sagt Babbel, der grundsätzlich gerne

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